Mit Blick auf die Herausforderungen der Inflation dürfte den Unternehmen vor allem eine anhaltend starke Nachfrage zugutekommen, die es ihnen ermöglichen sollte, höhere Produktionskosten über Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Während in den USA die Gewinnmargen zumindest stabil bleiben dürften, könnten sie in Europa aufgrund der hohen Preissetzungsmacht der Unternehmen sogar steigen. Ohnehin weisen Aktien bei erhöhten Inflationsraten oft eine vergleichsweise gute durchschnittliche Wertentwicklung auf und bieten dadurch für Anleger sogar einen gewissen Inflationsschutz. Denn mit den Preisen steigen auch die Umsätze und Gewinne von Unternehmen mit hoher Preismacht. Zu beachten ist dabei, dass sich steigende Preise und Kosten ganz unterschiedlich auf verschiedene Aktienmarktsektoren auswirken können. Hohe Rohstoffpreise beispielsweise kommen der Öl- und Gasindustrie zugute, belasten aber den Industriesektor als Ganzes. Gestiegene Frachtkosten wiederum stützen die Schifffahrt und die Logistikbranche, sind jedoch ein Kostentreiber für Unternehmen, die von globalen Lieferketten abhängig sind.
Über alle Sektoren und Regionen hinweg erwartet die Deutsche Bank im Jahr 2022 ein Gewinnwachstum im höheren einstelligen Prozentbereich. Bewertungsausweitungen sind zwar nicht zu erwarten. Aufgrund der anhaltend negativen Realrenditen könnten sie sich in den USA und Europa jedoch auf aktuellen Niveaus einpendeln.
Auf Sektorebene sollten zum Jahresbeginn 2022 zunächst konjunktursensible Unternehmen im Fokus stehen. Vom Nachholbedarf der Konsumenten könnten zum Beispiel Unternehmen aus der Unterhaltungselektronik oder dem Tourismus profitieren. Finanztiteln würden graduell steigende Kapitalmarktzinsen im längeren Laufzeitbereich zugutekommen. Die Autoproduktion in Europa und in den USA wiederum sollte sich wegen eines sich stabilisierenden Angebots an Halbleitern aus Asien in absehbarer Zeit ebenfalls erholen. Insgesamt könnte die weltweite Automobilproduktion 2022 um 12 Prozent kräftig zulegen. In der zweiten Jahreshälfte könnten die Zykliker dann in der Anlegergunst von defensiven Titeln und Techaktien abgelöst werden. Aufgrund der regional ungleichmäßigen Zinsdynamik und je nach Entwicklung der Inflationsraten, der Konjunktur sowie dem weiteren Verlauf der Pandemie scheinen dabei wiederholt sektorale und geografische Rotationen der Anlagefavoriten möglich.