Anleihen – 09.05.2022
Die wichtigsten Fakten:
Quelle: Philip / Adobe Stock
Die Trendwende an den internationalen Anleihemärkten setzt sich mit Nachdruck fort. Seit rund zwei Monaten klettern die Renditen in einem hohen Tempo. Noch Anfang März rentierten deutsche Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit vorübergehend wieder im negativen Terrain. In der Zwischenzeit ist die laufende Verzinsung zeitweise um rund 100 Basispunkte gestiegen. 10-jährige Bundesanleihen rentierten Anfang Mai über der Marke von 1 Prozent . Auch italienische und spanische Papiere gleicher Laufzeit markierten mit einer Rendite von über 3 Prozent beziehungsweise deutlich über 2 Prozent ein mehrjähriges Hoch.
Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 05.05.2022. Wertentwicklungen der Vergangenheit, Simulationen und Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.
Ohnehin legten die Renditen in den Euro-Peripheriestaaten in den vergangenen Wochen stärker zu als die von Bundesanleihen – und bieten inzwischen einen interessanten Aufschlag. Hinter dieser Entwicklung steckt die Sorge, dass nach dem Rückgang der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ausfallrisiken wieder stärker in den Vordergrund treten könnten. Ganz vom Markt zurückziehen dürften sich die Währungshüter aber noch nicht. Nach einem möglichen Ende des Asset Purchase Programme (APP) im Sommer könnte die EZB ein neues Programm beschließen, um bei Bedarf weiterhin Bonds zu erwerben und unerwünschte Renditeunterschiede zwischen Staatsanleihen zu begrenzen.
Da in den kommenden Monaten die Notenbankunterstützung weiter zurückgefahren wird und das Netto-Angebot von Staatsanleihen in der Eurozone aufgrund von Neuemissionen zunehmen dürfte, rechnet die Deutsche Bank mit weiter steigenden Risikoaufschlägen gegenüber Bundesanleihen – bei italienischen Papieren waren es zuletzt mehr als 2 Prozentpunkte, bei spanischen gut 1 Prozent-Punkt. Obwohl auf kurze Sicht ein Zahlungsausfall als unwahrscheinlich gilt, hat die Staatsverschuldung in Italien mit rund 155 Prozent und in Spanien mit rund 122 Prozent der Wirtschaftsleistung bereits ein hohes Niveau erreicht.
Der kräftige Renditeanstieg seit März hat sich auch in den USA fortgesetzt. Innerhalb von zwei Monaten erhöhte sich die laufende Verzinsung 10-jähriger US-Staatsanleihen kräftig und ist von knapp 1,70 Prozent nun auf über 3 Prozent gesprungen (05.05.). Ein Faktor war dabei im April das abflauende Interesse bei den jüngsten Auktionen von US-Staatsanleihen. Angesichts der Stärke des US-Dollars sank vor allem die Nachfrage ausländischer Anleger. Die aktuellen Konjunktur- und Zinsrisiken verunsichern die Märkte und erklären die hohe Volatilität der vergangenen Wochen. Nachdem die Kerninflationsrate in den USA im März mit 6,5 Prozent niedriger als erwartet ausgefallen war, gab die 10-jährige Treasury-Rendite zunächst wieder leicht nach. Wie erwartet hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins Anfang Mai um 50 Basispunkte angehoben. Die Aussage von Fed-Chef Jerome Powell, auch die kommenden Zinsschritte würden nicht größer ausfallen, löste ebenfalls vorübergehend einen Rückgang der Renditen aus.
Da der Inflationsdruck vorerst anhalten dürfte, könnten sich die US-Renditen länger auf hohem Niveau bewegen. Nachdem die Zinsstrukturkurve vorübergehend invers verlief – die Renditen kurzlaufender Anleihen also über der von langlaufenden lagen – wird nun mit einer weiteren Versteilerung gerechnet. Gut möglich, dass der Inflationsdruck in den USA und Europa mittelfristig nachgibt und die Realrenditen in den positiven Bereich rücken. Bis sich die Inflation aber wieder nahe der 2 Prozent-Zielmarke bewegt, dürfte es noch eine Weile dauern. Deswegen und aufgrund der hohen Volatilität erscheinen aus Sicht der Deutschen Bank Rentenanlagen derzeit weiterhin uninteressant.
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Redaktionsschluss: 05.05.2022, 18 Uhr