Rohstoffe – 08.08.22
Die wichtigsten Fakten:
Chris Ratcliffe / Bloomberg / Getty Images
Weder der Krieg in Europa noch die Inflation oder die wachsenden Rezessionsrisiken in den USA konnten zunächst den Abwärtstrend stoppen: Der Goldpreis ist im Juli vorübergehend auf ein 16-Monats-Tief von 1.681 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gefallen. Die Gründe für die jüngste Entwicklung sind vielfältig: Infolge der starken Aufwertung des US-Dollars in den vergangenen Wochen wurde das Edelmetall für Schmucknachfrager und Anleger in Währungsräumen außerhalb der USA kostspieliger. Die Erhöhung der Importzölle auf Gold in Indien von 7,5 Prozent auf 12,5 ProzentAnfang Juli dürfte dort die Nachfrage weiter verringern.
Die Entwicklung an den Kapitalmärkten belastet die Notierungen ebenfalls: Das Interesse an börsengehandelten, mit Gold hinterlegten Produkten lässt weiterhin zu wünschen übrig. Insbesondere in den USA haben Anleger seit Ende Juni innerhalb von vier Wochen Zertifikate im Gegenwert von mehr als 100 Tonnen Gold abgezogen. Die Anbieter verzeichneten an 17 aufeinanderfolgenden Tagen Abflüsse. Zuvor hatten sich schon die globalen Bestände im Juni netto um 28 Tonnen und im Mai um 53 Tonnen verringert. Auch an den Terminbörsen suchten einige Anleger das Weite: Die Netto-Kaufpositionen spekulativ orientierter Investoren sanken in den vergangenen beiden Wochen um rund 5 Millionen Unzen und fielen somit auf das niedrigste Niveau seit etwa drei Jahren.
Nach Einschätzung der Deutschen Bank betrachteten viele Anleger offenbar wegen des gestiegenen Kapitalmarktzinsniveaus Staatsanleihen als Alternative zu Gold. Außerdem neigen viele Großinvestoren in Zeiten hoher Volatilität dazu, Positionen auch in Gold zunächst glattzustellen und Liquidität aufzubauen. Mittelfristig könnten diese Investoren aber wieder an den Goldmarkt zurückkehren und die Preise stützen. Immerhin wurde Ende Juli der Preisverfall gestoppt. Zuletzt stabilisierte sich die Goldnotierung wieder deutlich und notierte nahe der Marke von 1.770 US-Dollar. Nach schwachen Konjunkturdaten preisen die Marktakteure nun weniger robuste Leitzinsschritte der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ein. Seit Jahresbeginn büßten Anleger mit ihren Goldinvestments in US-Dollar ein aber immer noch rund 3 Prozent.
Quelle: Bloomberg L.P., Stand: 03.08.2022 – Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.
Stark unter Druck steht auch der „kleine Bruder“ des Goldes: Mit gut 18 US-Dollar je Feinunze notierte Silber zuletzt auf einem 2-Jahrestief. Das Minus seit Jahresbeginn beträgt 19 Prozent in US-Dollar und 10 Prozent in Euro. Silber leidet ebenso wie Industriemetalle unter den Rezessionsängsten der Anleger, die deshalb insbesondere in den USA ihre Bestände abbauen. Mit der Aufhebung der Pandemiebeschränkungen in China und infolge einer vermutlich wachsenden Nachfrage nach Silber im Bereich Erneuerbare Energien könnte hier mittelfristig Aufwärtspotenzial bestehen.
Unterdessen haben im Juli Turbulenzen am Immobilienmarkt in China zu einem Kursrutsch bei Eisenerz geführt: Erstmals seit acht Monaten sanken die Preise vorübergehend unter die Marke von 100 US-Dollar je Tonne. Eisenerz ist ein Grundstoff in der Stahlerzeugung, die in China zuletzt auf ein 4-Monats-Tief gesunken war. Der Preiseinbruch erfolgte, nachdem sich Käufer von Immobilien in zahlreichen chinesischen Städten kollektiv geweigert hatten, Kredite zu bedienen, solange der Bau ihrer Wohnungen nicht fortgesetzt wird, der auch wegen Pandemiebeschränkungen stockte. Hilfsmaßnahmen der chinesischen Regierung für den Immobilienmarkt dürften aber die Nachfrage und damit auch die Preise für Eisenerz in den kommenden Wochen stützen.
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Redaktionsschluss: 03.08.2022, 18.00 Uhr