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Aktien – 06.05.21
Aktienanleger erlebten in den vergangenen Monaten ein Wechselbad der Gefühle: Nach dem coronabedingten Kurssturz im März 2020 ging es an den Börsen im Rekordtempo wieder aufwärts – im MSCI World war es das schnellste Comeback nach einem Crash seit mehr als 50 Jahren. Derzeit erreichen viele Indizes fast täglich neue Allzeithochs. Auch Technologiewerte, die zwischenzeitlich unter Druck geraten waren, haben anscheinend ihre Schwächephase überwunden. Manch einem Anleger treibt diese Entwicklung jedoch Sorgenfalten auf die Stirn: Sind die Kurse vielleicht schon zu hoch gelaufen – droht in naher Zukunft ein drastischer Kurseinbruch?
Die Deutsche Bank sieht diese Gefahr derzeit nicht. Vielmehr erscheinen die aktuellen Kurse an den Aktienmärkten insgesamt fundamental gut unterstützt: Die Wirtschaft war vor dem Beginn der Krise intakt, eine schnelle Erholung ist daher nicht überraschend – insbesondere in Anbetracht der außergewöhnlich expansiven Geld- und Fiskalpolitik.
Entsprechend positiv sind die Zahlen der laufenden Berichtssaison zum ersten Quartal 2021: Sowohl in den USA als auch in Europa übertrafen viele Unternehmen die bereits ohnehin hohen Erwartungen deutlich. Dabei waren es vor allem die konjunktursensiblen Sektoren, die positiv überraschen konnten. Im Stoxx Europe 600 lagen zur Halbzeit der Berichtssaison die Gewinne der Grundstofftitel mit 49 Prozent am deutlichsten über den Prognosen der Analystengemeinde, im US-Leitindex S&P 500 war es mit 118 Prozent der zyklische Konsum. Auch die Gewinne von Finanz- und Energietiteln konnten die Erwartungen zum Teil klar überbieten.
In diesem Tempo wird es an den Börsen selbstverständlich nicht ewig weitergehen können. Zumal das Weltwirtschaftswachstum aufgrund der niedrigen Vergleichszahlen aus dem Vorjahr seinen Höhepunkt erreicht haben und in den kommenden Monaten auf hohem Niveau sukzessive abnehmen dürfte. Bei den Unternehmensgewinnen sind die Vergleichszahlen aus dem Jahr 2020 im zweiten Quartal am niedrigsten. Danach sollte das Wachstum auch hier etwas geringer ausfallen. Diese Entwicklungen könnten die positive Dynamik an den Aktienmärkten in nächster Zeit insgesamt etwas dämpfen. Zumal Anleger aktuell besonders sensibel auf Unternehmenszahlen reagieren: In den vergangenen Monaten führten enttäuschende Zahlen oftmals zu deutlichen Kursabschlägen. Auch Hinweise auf steigende Kapitalmarktzinsen können immer wieder für Verunsicherung unter Aktienanlegern sorgen, wie Anfang Mai die Aussage der US-Finanzministerin Janet Yellen, dass ein Zinsanstieg durchaus positive abkühlende Effekte auf eine möglicherweise überhitzende US-Konjunktur hätte.
In Zeiten abnehmender Wachstumsraten fallen zyklische Werte in ihrer Gewinn- und Kursentwicklung normalerweise hinter den Gesamtmarkt zurück. Dass es dieses Mal anders kommen könnte, hat gleich mehrere Gründe:
Zwar könnte es in den nächsten Monaten zu Kursabschlägen kommen, jedoch dürfte das aktuelle Umfeld die Gewinn- und Kursentwicklung zyklischer Sektoren auf absehbare Zeit insgesamt stützen. Dazu zählen vor allem noch vergleichsweise günstig bewertete Bereiche wie Stahl- und Bergbau sowie Automobil. Darüber hinaus erscheinen Banken-, Versicherungs- und Energietitel interessant, die von weiter steigenden Kapitalmarktzinsen in besonders hohem Maße profitieren dürften. Für Neuinvestitionen bereits zu teuer bewertet sein könnten dagegen Aktien aus den zyklischen Bereichen Industrie, Chemie, Online-Handel und Hardware.
Auf regionaler Ebene dürften die guten Aussichten für viele Zykliker vor allem die Aktienmärkte in Europa und Japan in den Anlegerfokus rücken. Diese sind in der Breite stärker zyklisch ausgerichtet als andere Märkte und dürften daher in den kommenden Monaten entsprechend interessanteres Kurspotenzial bieten.
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Redaktionsschluss: 05.05.2021, 12:00 Uhr