China – von unruhigen Zeiten und interessanten Aussichten

Quelle: Travel man / Adobe Stock

Aktien, Volkswirtschaft/Geldpolitik – 24.11.2021

China – von unruhigen Zeiten und interessanten Aussichten

Die wichtigsten Fakten:

  • Kurzfristiger Gegenwind für Chinas Wirtschaft und Aktienmarkt
  • Konjunkturelle Erholung im Laufe des kommenden Jahres erwartet
  • Langfristig orientierte Anleger könnten China wieder stärker in den Fokus nehmen

In den vergangenen Monaten kamen aus China für Anleger eher beunruhigende Nachrichten. Vor allem bestehende Zahlungsschwierigkeiten eines der größten Immobilienentwickler des Landes sowie die staatlichen Eingriffe in bestimmte Wirtschaftssektoren wie beispielsweise den Nachhilfesektor und regulatorischer Druck auf die heimischen Techgiganten sorgten für Verunsicherung. Fallende Kurse an den Börsen im Reich der Mitte waren die Folge. Im Schatten der Weltklimakonferenz in Glasgow, globaler Lieferengpässe sowie hoher Inflationsraten und deren Auswirkungen auf die Geldpolitik der Notenbanken sind die chinesischen Herausforderungen zuletzt in der öffentlichen Diskussion jedoch etwas in den Hintergrund getreten. Das könnte sich nun bald wieder ändern – zumal Politik und Wirtschaft in China mit Blick auf die langfristige Entwicklung der asiatischen Wirtschaftsmacht zunehmend auch wieder positivere Signale senden.

Herausforderungen bleiben bestehen

Bis dato ging 2021 mit vielen Herausforderungen für die chinesische Wirtschaft einher. Die stärkere Regulierung vor allem des bedeutenden heimischen Techsektors sowie wiederkehrende COVID-19-Ausbrüche, Stromknappheit und die Turbulenzen am Immobilienmarkt belasteten die konjunkturelle Entwicklung im Reich der Mitte deutlich.

Insbesondere die Lage im Immobiliensektor dürfte angespannt bleiben und die Marktschwankungen an den chinesischen Kapitalmärkten befeuern. Denn die Entschuldung des Sektors wird einige Zeit benötigen – zumal politische Spannungen im Verhältnis zu den USA und Taiwan, ein stärkerer US-Dollar sowie erhöhte Inflationsraten und Anleiherenditen zusätzlich Druck auf die Unternehmensnotierungen ausüben könnten.

Es gibt auch gute Nachrichten

Hoffnung auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die chinesischen Kapitalmärkte kommen unter anderem aus der Politik. Staatschef Xi Jinping hat angekündigt, im Oktober 2022 für eine erneute Amtszeit an der Spitze der Kommunistischen Partei zu kandidieren. Pekings Interesse an einer konjunkturellen Erholung im Laufe des kommenden Jahres könnte dadurch weiter zunehmen, schließlich dürfte Xi seine Wiederwahl in einem für ihn günstigen Licht zelebrieren wollen. Entsprechende Stimulierungsmaßnahmen sind wahrscheinlich und zum Teil sogar bereits zu beobachten. Beispielsweise wurden die strengen Restriktionen zur Vergabe von Immobilienkrediten wieder etwas gelockert. Zudem hat die chinesische Notenbank ein umgerechnet 157 Milliarden US-Dollar schweres Kreditprogramm zur Finanzierung grüner Technologien aufgelegt, das Anfang 2022 starten und zum Beispiel den Ausbau von regenerativen Energien und CO2-Speichertechniken fördern soll.

Mit dem Ende des Winters dürften dann auch Stromknappheiten und Angebotsdefizite abklingen sowie die Binnennachfrage anziehen, da Verbraucher und Unternehmen sich spätestens bis dahin auf mögliche neue coronabedingte Restriktionen eingestellt haben sollten.

China – von unruhigen Zeiten und interessanten Aussichten

Erste Anzeichen einer wieder etwas dynamischeren Konjunkturentwicklung sind bereits zu beobachten: Im Oktober stieg die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent an und die Einzelhandelsumsätze setzten ihren positiven Trend mit einem saisonbereinigten Plus von 2,2 Prozent gegenüber dem Vormonat fort.

„Warum für langfristig orientierte Anleger der chinesische Aktienmarkt interessante Perspektiven bieten könnte."

Aktienmarkt als Profiteur der Umverteilungspolitik?

Als zusätzlicher Schub für den chinesischen Aktienmarkt könnte sich langfristig die geplante Umverteilungspolitik der Regierung erweisen. Xi Jinpings Vision eines „gemeinsamen Wohlstands“ beinhaltet unter anderem die Besteuerung von Vermögen und hier insbesondere von Anlageimmobilien. Aktuell stehen rund 20 Prozent des gesamten chinesischen Immobilienbestands leer. Im Zuge einer neuen Immobiliensteuer dürfte der Erwerb einer Zweit- oder Drittwohnung für viele Investoren jedoch unattraktiver werden, wodurch sie sich nach anderen Anlagemöglichkeiten umschauen müssten. Gleiches gilt für Großinvestoren, etwa Investmentfonds.

Betrachtet man die Tatsache, dass im chinesischen Immobilienmarkt nach Einschätzung von Analysten rund siebenmal mehr Kapital gebunden ist als im Aktienmarkt, könnte bereits eine geringfügige Reallokation des Kapitals aus dem Immobilienmarkt die Marktkapitalisierung und die Kurse von chinesischen Aktien nach oben treiben.

China langfristig im Blick behalten

Insgesamt dürfte der chinesische Aktienmarkt für entsprechend risikobereite Anleger auf mittlere und lange Sicht interessante Perspektiven bieten. Nach einem möglicherweise noch etwas holperigen Start in das Jahr 2022 könnten die Kurse im Zuge eines sich verbessernden Umfelds bereits im weiteren Jahresverlauf anziehen, die eingangs genannten Risiken und damit einhergehenden möglichen Rücksetzer sollten jedoch insbesondere auf kurze Sicht nicht außer Acht gelassen werden.

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Redaktionsschluss: 23.11.2021, 13:00 Uhr