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Aktien – 08.07.21

DAX-Reform: Warum sich für Anleger nur wenig ändert

Die wichtigsten Fakten:

  • DAX wird im September von 30 auf 40 Unternehmen erweitert
  • Übergewichtung zyklischer Sektoren könnte weiter zunehmen
  • Keine bis geringe Auswirkungen auf den deutschen Aktienmarkt

Vor gut 33 Jahren fiel der Startschuss für den DAX. Seitdem bildet der deutsche Leitindex die Wertentwicklung der 30 wertvollsten börsennotierten deutschen Unternehmen ab. Seit seiner Einführung zum 1. Juli 1988 mit 1.163 Punkten hat sich das wichtigste deutsche Börsenbarometer – trotz zwischenzeitlicher Rückschläge – deutlich mehr als verzehnfacht, auf zuletzt rund 15.640 Punkte (Stand: 07.07.2021). Wer zum Start des DAX in den Index investiert hatte und dabeigeblieben war, konnte bis Ende 2020 eine jährliche Rendite von knapp 7,6 Prozent erzielen. Wobei Wertentwicklungen aus der Vergangenheit natürlich keine Aussagen über zukünftige Wertentwicklungen zulassen.

Nun durchläuft der DAX eine der tiefgreifendsten Reformen seiner Geschichte. Dazu gehört insbesondere die Erweiterung auf 40 Konzerne ab dem 20. September 2021. Der Index soll dadurch die größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland noch umfassender abbilden. Zudem wurden Änderungen im Indexregelwerk beschlossen, um die Qualität der DAX-Indizes zu erhöhen und diese an internationale Standards anzugleichen.

Die wichtigsten Änderungen der DAX-Reform im Überblick

  • Bereits seit Dezember 2020 müssen alle künftigen DAX-Kandidaten vor der Aufnahme in den Index ein positives EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) in den zwei letzten Finanzberichten aufweisen.
  • Seit März 2021 müssen alle Unternehmen testierte Geschäftsberichte und vierteljährlich Quartalsmitteilungen veröffentlichen.
  • Ab sofort gibt es bei den DAX-Indizes zweimal im Jahr eine planmäßige Hauptüberprüfung (März und September) statt wie bislang nur im September.
  • Ab September 2021 werden die Indexmitglieder nur noch nach Marktkapitalisierung bestimmt. Der Börsenumsatz wird bei der Rangliste nicht mehr berücksichtigt; stattdessen müssen Indexmitglieder ein Mindesthandelsvolumen aufweisen. Zudem wird der DAX um 10 Werte auf insgesamt 40 Werte erweitert. Im Gegenzug verkleinert sich der Mittelwertindex MDAX auf 50 statt bisher 60 Werte.

„DAX-Erweiterung im September – was das für Anleger bedeuten könnte."

Charakter des DAX bleibt unverändert

Die aktuellen 30 DAX-Konzerne stehen mit rund 1,4 Billionen Euro für etwa 65 Prozent der Marktkapitalisierung des deutschen Aktienmarkts. Mit der Aufstockung könnte der Börsenwert der dann 40 DAX-Mitglieder auf rund 1,7 Billionen Euro beziehungsweise knapp 80 Prozent der Marktkapitalisierung des deutschen Aktienmarkts ansteigen. Damit wird der Leitindex insgesamt diversifizierter, robuster und etwas jünger – die Zahl der Unternehmen, die jünger als 50 Jahre sind, dürfte sich in etwa verdoppeln, liegt aber weiterhin im einstelligen Bereich. 

Trotz der Ausweitung wird der DAX jedoch im internationalen Vergleich weiterhin zu den eher kleineren Indizes gehören. Die Marktkapitalisierung des britischen FTSE 100 etwa ist mit aktuell rund 2,6 Billionen Euro weiterhin deutlich größer. Auch seinen ausgeprägt zyklischen Charakter wird der DAX nach der Reform beibehalten – eine Analyse der 15 aussichtsreichsten Aufstiegskandidaten aus dem MDAX ergibt, dass die Gewichtung der zyklischen Sektoren Industrie, Grundstoffe und zyklischer Konsum sogar steigen dürfte. Gleichzeitig dürfte die Bedeutung von Finanz- und IT-Werten abnehmen. 

Kritik an „Unwucht“ und Profitabilitätskriterium

Analysten merken an, dass der DAX durch das weiterhin bestehende Übergewicht des Verarbeitenden Gewerbes auch künftig nicht repräsentativ für die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes sein wird. Industrieunternehmen machten zuletzt etwa 58 Prozent der DAX-Marktkapitalisierung aus, obwohl das Verarbeitende Gewerbe nur für 21 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland steht. Dienstleistungsunternehmen stehen hingegen für weniger als 39 Prozent der DAX-Marktkapitalisierung; ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung liegt aber bei fast 70 Prozent. An dieser „Unwucht“ dürfte sich auch nach der DAX-Erweiterung nichts ändern. Zudem erschwere das neue Kriterium zur Profitabilität die Aufnahme von Start-ups in den Index, also junger aufstrebender Unternehmen, etwa aus dem Technologiesektor, die zunächst häufig keine schwarzen Zahlen schreiben.

Investmentgründe für deutsche Aktien weiter intakt

Die aktuellen Gründe für ein Investment in den deutschen Aktienmarkt im Rahmen eines breit gestreuten Wertpapierdepots dürften sich für entsprechend risikobereite Anleger mit der Reform des Leitindex kaum verändern: Durch ihre oftmals zyklische Ausrichtung und weil sie zudem einen deutlichen Anteil ihrer Gewinne in ausländischen Märkten erwirtschaften, könnten deutsche Unternehmen von der bereits begonnenen konjunkturellen Erholung in vielen Ländern weltweit profitieren. Dabei gilt es jedoch, die Risiken durch eine Ausbreitung der neuen, hoch ansteckenden Delta-Variante des Coronavirus und möglicherweise wieder ansteigende Infektionszahlen genau im Blick zu behalten.

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Redaktionsschluss: 07.07.2021, 14:00 Uhr