Gold im Aufwind – aber wie lange?

Quelle: Roman Bodnarchuk / Adobe Stock

Rohstoffe, weitere Themen – 29.11.2021

Gold im Aufwind – aber wie lange?

Die wichtigsten Fakten:

  • Goldpreis zog zuletzt vergleichsweise stark an
  • Anleger auf Suche nach Inflationsschutz trieben Nachfrage
  • 2022 könnte Gegenwind für Gold bringen

Nachdem sich der Goldpreis seit dem Sommer tendenziell eher seitwärts bewegt hatte, kletterte er am 16. November erstmals seit Juni 2021 wieder über die Marke von 1.875 US-Dollar je Feinunze (31 Gramm). In Euro gerechnet erreichte der Preis des Edelmetalls sogar ein 15-Monats-Hoch. Trotz des kräftigen Aufstiegs erscheint eine länger andauernde Goldpreisrallye eher unwahrscheinlich, zumal das Edelmetall seit dessen Hoch wieder schwächelt und derweilen unter knapp 1.800 US-Dollar je Feinunze notiert.

Inflation trieb die Goldnachfrage

Treiber des jüngsten Preisanstiegs dürfte vor allem das erhöhte US-Inflationsniveau gewesen sein. Denn seit den Zeiten hoher Teuerungsraten in den 1970er- und 1980er-Jahren ist das Edelmetall in den Köpfen vieler Marktteilnehmer auch außerhalb der USA als Inflationsabsicherung fest verankert. Bereits vor Veröffentlichung der Daten zur US-Verbraucherpreisentwicklung am 10. November hatten sich spekulativ orientierte Großanleger an den Terminmärkten mit Kaufpositionen in Gold positioniert und den Preis nach oben getrieben. Nachdem die US-Inflationsrate für Oktober mit 6,2 Prozent dann sogar höher ausfiel als erwartet, setzte sich der Preisanstieg fort, da sinkende Realzinsen (Nominalzinsen abzüglich der Inflation) die Goldnachfrage weiter befeuerten.

Gold im Aufwind – aber wie lange?

Starker Dollar bereitet Schwierigkeit

Auf kurze Sicht könnte zwar eine weiter anziehende Nachfrage nach Gold als Inflationsabsicherung weitere Preisanstiege möglich machen. Zumal Gold im Vergleich zu den Realrenditen immer noch unterbewertet erscheint und der Preisentwicklung der meisten anderen Rohstoffe hinterherhinkt. Darüber hinaus befinden sich die Netto-Longpositionen für Gold an den US-Terminmärkten zwar aktuell auf hohem Niveau. Sie liegen aber noch deutlich unter den Niveaus von Anfang 2020 und Anfang 2021. Das bedeutet: Investoren bleibt noch Luft nach oben, um auf einen steigenden Goldpreis zu setzen. Auch die Goldbestände in börsengehandelten Fonds waren gegenüber ihrem Höchststand vom dritten Quartal 2020 zuletzt rückläufig.

Allerdings könnte eine möglicherweise kurzfristig anhaltende Stärke des US-Dollar-Kurses die weltweite Nachfrage nach Gold hemmen, da sich das in der US- Währung gehandelte Edelmetall dadurch für viele Investoren außerhalb der USA verteuert. Insbesondere gegenüber dem Euro geht die Deutsche Bank jedoch mit Blick auf ein erwartungsgemäß stärkeres BIP-Wachstum 2022 in der Eurozone von einem mittelfristig schwächeren US-Dollar aus.

Gegenwind könnte mittelfristig zunehmen

Im Verlauf des kommenden Jahres dürfte mit Gegenwind für das Edelmetall zu rechnen sein. Zwar hatte US-Notenbank-Chef Jerome Powell Ende September bei einer Anhörung im US-Kongress geäußert, dass Lieferkettenprobleme und Materialengpässe preistreibende Effekte seien, über die die Notenbank keine Kontrolle habe. Dennoch könnten anhaltend hohe Teuerungsraten bei den Marktteilnehmern die Erwartung nähren, dass die Fed die Leitzinsen schneller anhebt als gedacht. Durch ein allgemein steigendes Realzinsniveau würden Goldinvestments, die selbst keine Zinsen abwerfen, an Attraktivität verlieren ¬– ihre Opportunitätskosten würden steigen. Eine darauffolgende Verringerung der Goldallokationen könnte zu einem Rückgang der Goldpreise führen. Obwohl die Realzinsen aller Voraussicht nach in näherer Zukunft negativ bleiben werden, zeigt der Beginn des „Taperings“ noch mal, dass die Federal Reserve eine graduelle Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik anstrebt. Steigende Realzinsen und ein Verlust der Attraktivität von Gold für Investoren könnten die Folge sein.

„Kurzfristiger Glanz? Warum der Preisanstieg bei Gold nur von kurzer Dauer sein könnte."

Gold als Beimischung weiter interessant

Obwohl das Aufwärtspotenzial kurz- bis mittelfristig begrenzt scheint, erfüllt Gold nach wie vor eine wichtige Diversifikationsfunktion für Anleger, die verschiedene Anlageklassen im Gesamtportfoliokontext berücksichtigen. Als Stütze für den Goldpreis sieht die Deutsche Bank bestehende Risiken, die die Position von Gold als sicherer Hafen stärken könnten. Dazu gehören die weiteren Entwicklungen im Hinblick auf die Coronavirus-Pandemie und die globalen Lieferengpässe ebenso wie die andauernden Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China sowie die Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten im November 2022. Insofern dürfte das Edelmetall als Beimischung im Portfolio auch weiterhin seine Berechtigung haben.

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Redaktionsschluss: 26.11.2021, 15:00 Uhr