Aktien – 30.10.20

Markt-Update: schwankungsintensives Schlussquartal 2020

Quelle: Alex Kraus / Bloomberg / Getty Images

Die wichtigsten Fakten:

  • Die zweite Corona-Welle drückt auf die Aktienmärkte
  • US-Wahl und Brexit sorgen für zusätzliche Verunsicherung
  • Fundamentale Aussichten für Aktien bleiben positiv

Mit Beginn der kälteren Jahreszeit steigt die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen rund um den Globus deutlich an – auch in Deutschland erschweren die höheren Fallzahlen eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung. An den Kapitalmärkten droht der Herbst, wieder stürmischer zu werden. Trotz des Versuchs der Politik, einen flächendeckenden Lockdown zu vermeiden, werden gezielte Maßnahmen zur Eindämmung des Virus die Mobilität der Menschen einschränken. Stand heute kann niemand mit Sicherheit sagen, inwieweit sich die Lage in den Wintermonaten weiter zuspitzen wird. Immer näher rücken in diesen Tagen zudem der noch immer nicht gelöste Brexit sowie die US-Präsidentschaftswahl, die die Marktteilnehmer vor weitere Fragen stellen: Ist nun die Zeit gekommen, Risiken abzubauen? Oder sollten Investoren weiterhin auf Aktien setzen, um eine möglicherweise doch anhaltende Kurserholung nicht zu verpassen?

Aus Sicht der Deutschen Bank führt langfristig kaum ein Weg an Aktien vorbei. Anleger sollten sich daher nicht von kurzfristigen Turbulenzen lenken lassen und temporäre Dämpfer am Aktienmarkt vielmehr auch als mögliche Einstiegsgelegenheit sehen. Mittel- bis langfristig sieht die Deutsche Bank für die Aktienmärkte Potenzial – weitgehend unabhängig vom Wahlausgang in den USA oder vom konkreten Ende der Corona-Pandemie. Doch was erwartet die Marktteilnehmer in den kommenden Wochen und wie sind unsere kurzfristigen Prognosen?

„Markt-Update: Corona, US-Wahl, Brexit – was Anleger jetzt wissen sollten.“

USA: Wahlen und Konjunkturpaket

Das bestimmende politische Thema im November ist die Präsidentschaftswahl in den USA, bei der der republikanische Amtsinhaber Donald Trump gegen seinen demokratischen Konkurrenten Joe Biden antritt. Aktuell zeichnet sich ein leichter Vorsprung Bidens in den Umfragen ab. Wird es Trump gelingen, das Momentum noch zu seinen Gunsten zu drehen? Anleger fürchten derzeit am meisten zunehmende Unsicherheiten und potenzielle Unruhen in den Vereinigten Staaten nach dem Wahltag am 3. November. Erst am 19. Dezember wählen die Wahlmänner den neuen Präsidenten, spätestens dann dürfte die Unsicherheit nachlassen – sofern alles nach Plan verläuft. Mittlerweile könnten sich die Marktteilnehmer mit einem klaren Wahlsieg Joe Bidens am ehesten anfreunden. Gemeinsam mit einem demokratisch geführten Repräsentantenhaus und Senat wäre damit wohl die größte „Klarheit“ verbunden und die Chancen für einen zeitnahen und vor allem umfangreichen Konjunkturstimulus gegeben. Zur Marktberuhigung beitragen dürfte auch, dass Steuererhöhungen dann nicht vor Ende 2021 wahrscheinlich sind, sowie die Aussicht auf eine verlässlichere Außenpolitik Bidens im Vergleich zu Trumps Administration. Risiken drohen hingegen im Falle einer für Trump knapp verlorenen Wahl, sollte er seine Drohungen wahr werden lassen und das Ergebnis anzweifeln: Anhaltende Unklarheiten über die Regierungsbildung sowie dadurch aufgeschobene Entscheidungen dürften die Kapitalmärkte belasten und für deutliche Schwankungen sorgen. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines „Divided Government“ (republikanisch dominierter Senat bei Sieg Joe Bidens beziehungsweise demokratisch dominierter Senat bei Sieg Donald Trumps), was der Durchsetzungskraft der Regierung schaden könnte. Wie auch immer die Wahl ausgeht: Sowohl unter einer demokratischen als auch einer republikanischen Regierung ist ein signifikantes Fiskalpaket wahrscheinlich, was die Märkte begrüßen dürften.

Europa: Brexit und Wiederaufbaufonds

In Europa gibt es ebenfalls noch einige Hürden zu meistern. Das Fiskalpaket aus Wiederaufbaufonds und mittelfristiger Finanzplanung ist noch immer nicht vom EU-Parlament genehmigt. Da alle Seiten ein Interesse an der Auszahlung der Gelder haben, erscheint eine Einigung noch in diesem Jahr aber möglich. In Sachen Brexit dauern die Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU an. Auch hier ist bis Jahresende mit einer Entscheidung zu rechnen. Damit dürfte in Europa die politische Unsicherheit in den kommenden Wochen und Monaten nachlassen.

Corona-Pandemie: Lockdown und Impfstoff

Nach dem ersten Corona-Schock im Frühjahr 2020 haben sich die Kapitalmärkte über den Sommer hinweg erholt – viele Aktienmärkte haben zeitweise sogar ihre Stände vom Jahresanfang übertroffen. Im Angesicht steigender Infektionszahlen, vor allem in Europa in den vergangenen Wochen, ist die Verunsicherung der Marktteilnehmer nun aber wieder zurückgekehrt. Zunehmende Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen könnten in den kommenden Monaten wieder stärker auf den wirtschaftlichen Aktivitäten lasten. Zwar gibt es zahlreiche ermutigende Nachrichten rund um einen potenziellen Impfstoff. Allerdings dürfte auch dieser nicht zum sofortigen Ende der Pandemie führen. Durch medizinische Fortschritte könnten jedoch die aktuell an den Aktienmärkten eingepreisten Unsicherheiten zurückgehen und neues Kurspotenzial eröffnen – wie viele andere Institute auch hält beispielsweise das Paul-Ehrlich-Institut die Zulassung eines Impfstoffs bis zum Jahresende 2020 beziehungsweise Anfang kommenden Jahres für sehr wahrscheinlich.

Alles in allem rechnet die Deutsche Bank mit einem volatilen Schlussquartal 2020. Da im Rentenbereich in den kommenden Jahren allerdings kaum Renditechancen bestehen dürften, sollten langfristig orientierte Aktieninvestoren die phasenweise erhöhte Schwankungsintensität an den Aktienmärkten in Kauf nehmen. Bei entsprechender Risikobereitschaft könnten sie Kursrücksetzer sogar als Einstiegsgelegenheiten nutzen – zumal die Unternehmensgewinnerwartungen bereits wieder deutlich ansteigen. Ein Trend, der anhalten könnte: Nach dem Einbruch der wirtschaftlichen Aktivitäten im zweiten Quartal 2020 ist für 2021 mit einer Fortsetzung der zuletzt bereits eingesetzten konjunkturellen Erholung zu rechnen. Der Internationale Währungsfonds beispielsweise prognostiziert für das kommende Jahr ein Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts von 5,2 Prozent. Hinzu kommt, dass die Geldpolitik weltweit noch lange Zeit expansiv bleiben und die Aktienkurse stützen dürfte.

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Redaktionsschluss: 29.10.2020