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Aktien – 21.07.2021
US-Großbanken gaben am 13. Juli den inoffiziellen Startschuss für die US-Berichtssaison für das zweite Quartal 2021 – mit Geschäftsergebnissen, die über den Erwartungen lagen. Der damit eingeläutete positive Trend bei den Gewinnen der US-Unternehmen könnte sich im Verlauf der Berichtssaison verstetigen: Die Analysten haben ihre Gewinnerwartungen für die Unternehmen im S&P 500 in den vergangenen drei Monaten insgesamt um 11 Prozent angehoben – so stark wie noch nie seit dem Beginn der Datenerfassung im Jahr 2000. Im Vergleich zum Vorjahresquartal erwarten sie nun auf aggregierter Ebene ein Gewinnwachstum von gut 60 Prozent.
Dabei dürften die meisten Sektoren ihre Ergebnisse gesteigert haben – am stärksten jedoch die Bereiche Industrie, Energie, zyklischer Konsum, Grundstoffe und Finanzen. Diese hatten besonders unter den coronabedingten Einschränkungen im ersten Quartal 2020 zu leiden und sollten entsprechend von den Lockerungen der Beschränkungen und der dadurch einsetzenden Konjunkturerholung besonders profitiert haben. Die Analystengemeinde erwartet für diese Sektoren gegenüber dem Vorjahresquartal mindestens eine Verdopplung der Gewinne. Am geringsten dürfte der Gewinnzuwachs bei von der Coronavirus-Pandemie weniger stark betroffenen Versorgern und Gebrauchsgüterproduzenten sowie im Gesundheitssektor ausfallen, dies allerdings auf Basis relativ hoher Vorjahreswerte.
Auf den ersten Blick mögen die Erwartungen der Analystengemeinde hoch erscheinen. Weitet man jedoch den Blick auf das Vorkrisenjahr 2019 aus, liegt der erwartete aggregierte Gewinnzuwachs nur bei 9 Prozent – im ersten Quartal 2021 hatten die Gewinne die des Vergleichsquartals 2019 noch um 25 Prozent übertroffen. Vor diesem Hintergrund halten die Analysten der Deutschen Bank die Konsensus-Schätzungen für eher zu niedrig: Die dynamisch anziehende Konsumnachfrage sollte es den Unternehmen ermöglicht haben, Preiserhöhungen bei ihren Kunden durchzusetzen und damit ihre Margen trotz eines zunehmenden Kostendrucks zu stützen oder sogar auszuweiten.
Seit den coronabedingten Kurseinbrüchen im März/April 2020 eilte der Leitindex S&P 500 von Rekord zu Rekord. Zuletzt haben Sorgen um die Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante des Coronavirus und schwächere Konjunkturdaten aus den USA und China die Anlegerlaune jedoch etwas gedämpft. Durch deutlich positive Geschäftszahlen könnte sich die Stimmung an den Kapitalmärkten wieder etwas aufhellen. In diesem Umfeld sollten vor allem Zykliker und Substanzwerte etwas an Boden gutmachen können.
Positive Gewinnüberraschungen sind jedoch kein Garant für steigende Kurse – im Jahr 2000 etwa gab der S&P 500 vier Quartale in Folge nach, obwohl die Gewinne der US-Unternehmen zehn Quartale hintereinander über den Erwartungen der Analysten gelegen hatten. Vielmehr dürfte es nun maßgeblich vom Geschäftsausblick der Unternehmen abhängen, ob sich die Rekordjagd an der Wall Street noch weiter fortsetzen kann. Denn auch wenn eine Retrospektive Anlegern wichtige Orientierungsdaten liefern kann, wird an den Kapitalmärkten bekanntlich die Zukunft gehandelt. Dabei könnte es jetzt unter anderem darauf ankommen, wie die Unternehmen angesichts steigender Kosten für Rohstoffe, Vorprodukte, Transport und Löhne in den kommenden Quartalen ihre Margen auch weiterhin behaupten können. Zudem könnten Impulse für Teile der Wirtschaft und die Aktienmärkte davon ausgehen, wie die Unternehmen ihr verfügbares Kapital investieren: Die Deutsche Bank erwartet, dass der größte Teil der Gewinne in Ausrüstungsinvestitionen fließen könnte, gefolgt von Unternehmenszukäufen sowie Aktienrückkäufen.
US-Aktien gehören auch weiterhin in ein breit aufgestelltes Portfolio. Dabei gilt es im Blick zu behalten, wie gut es den US-Behörden gelingt, die zuletzt etwas ins Stocken geratene Impfkampagne voranzutreiben, um die Ausbreitung des Coronavirus weiter einzudämmen. Wichtige Wachstumsimpulse dürften davon ausgehen, ob US-Präsident Joe Biden es schafft, seine Billionen US-Dollar schwere Infrastrukturreform im Kongress in geplantem Umfang durchzusetzen. Entsprechend risikobereite Anleger könnten vor allem jene Sektoren in den Blick nehmen, die von einer möglichen fortgesetzten Konjunkturerholung nach dem Abflauen der Coronavirus-Pandemie besonders profitieren dürften. Dazu sollte auch weiterhin insbesondere der zyklische Bereich gehören. Zur Portfolioabsicherung könnten sich zudem strukturierte Finanzprodukte (Zertifikate) anbieten.
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Redaktionsschluss: 20.07.2021, 15.00 Uhr