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Immobilien – 21.03.22

Wohnimmobilien Deutschland: Investment mit Abstrichen?

Die wichtigsten Fakten:

  • Immobilienpreise in Deutschland ziehen weiterhin stark an
  • Druck auf Mietrenditen nimmt zu
  • Wohnimmobilien bleiben als Investment interessant

Europas Immobilienmärkte, darunter auch Deutschland, verzeichneten 2021 erneut Rekordinvestitionen. Und auch für 2022 erscheinen die Aussichten bislang positiv. Dabei dürfte, selbst unter Berücksichtigung der negativen Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs, eine erwartete Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung in Kombination mit robusten Arbeitsmärkten und dynamisch steigenden Löhnen die Immobiliennachfrage in Europa auf absehbare Zeit stützen. Die erzielbaren Realrenditen liegen weiterhin über ihren historischen Mittelwerten – trotz der im vergangenen Jahr über alle Immobiliensektoren hinweg im zweistelligen Prozentbereich gestiegenen Preise.

Mehr Fertigstellungen, aber Defizite bleiben

Im Bereich der deutschen Wohnimmobilien legten die Preise für neu gebaute Häuser nach Angaben der Transaktionsplattform Europace im Februar 2022 um mehr als 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, die für Bestandsimmobilien sogar um mehr als 16 Prozent.1 Die Ära der großen Preissteigerungen könnte sich allerdings in den nächsten Jahren langsam ihrem Ende zuneigen. Denn die Zahl der Wohnungsfertigstellungen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, 2021 lag sie voraussichtlich bei mehr als 300.000. Die Ampel-Koalition will in den kommenden Jahren laut Koalitionsvertrag jährlich sogar 400.000 neue Wohnungen bauen lassen.2 Sollte das Neubauangebot tatsächlich weiter zulegen, dürfte sich die Angebotsknappheit sukzessive entspannen.

Steigende Kosten könnten Wohnungsbau bremsen

Erheblicher Gegenwind für die geplante Ausweitung des Neubauangebots dürfte langfristig allerdings durch spürbar steigende Zinsen drohen. Sollte die Europäische Zentralbank (EZB), wie auf ihrer jüngsten Sitzung am 10. März angedeutet, trotz des Kriegs in Osteuropa an ihrem sukzessiven Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik festhalten, könnten die Kapitalmarktzinsen am langen Ende weiter anziehen – was in der Folge die Hypothekenzinsen steigen lassen und die Immobilienfinanzierungen verteuern würde.

Diese Entwicklung könnte durch neue regulatorische Vorgaben für Banken noch verstärkt werden: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat jüngst zur Vorbereitung auf das mögliche Platzen einer Immobilienblase die Einführung eines Kapitalpuffers beschlossen, der spezifisch Wohnimmobilienkredite absichern soll.

Als Baukostentreiber und damit möglicherweise zusätzliches Hemmnis für den Wohnungsneubau könnten sich in Zukunft auch verschärfte Klimaschutzauflagen erweisen. Nach Vorgaben der Bundesregierung müssen ab 2025 mindestens 65 Prozent des Energieverbrauchs einer neu installierten Heizungsanlage aus erneuerbaren Energien stammen. Darüber hinaus werden schon ab 2024 für alle Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen an Wohngebäuden strengere Energieeffizienzstandards gelten. Vermieter könnten zudem bereits ab Mitte 2022 dazu verpflichtet werden, einen Anteil an der CO2-Abgabe für Heizenergie zu übernehmen.

Steigende Kaufpreise drücken Mietrenditen

Insgesamt können die genannten Preisauftriebsfaktoren die (Miet)-Rendite einer Investition in Wohneigentum erheblich schmälern. Die Entwicklung der Mieteinnahmen konnte nach Angaben der Bundesbank bereits zuletzt nicht mit den steigenden Kaufpreisen mithalten. In den sieben größten deutschen Städten („Big Seven“) Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart lag die Brutto-Mietrendite 2021 bei unter 3 Prozent. Der Abwärtsdruck auf die Mietrenditen dürfte sich 2022 fortsetzen, da die Mieten in vielen Städten aufgrund der dort geltenden sogenannten Mietpreisbremse nur moderat steigen dürften. Die Brutto-Mietrendite setzt die Jahresmieteinnahmen in Relation zum Kaufpreis. Wo die Mietpreisbremse gilt, dürfen Vermieter, wenn sie eine Bestandsimmobilie erneut vermieten, nur eine Miete fordern, die maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Das gilt jedoch nicht für Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung neu vermietet werden.

Trotz Gegenwind: Warum deutsche Wohnimmobilien als Investment weiter interessant bleiben dürften.

Aussichten am Wohnimmobilienmarkt weiter positiv

Trotz möglicherweise zunehmenden Gegenwinds dürften deutsche Wohnimmobilien für Anleger weiterhin interessant bleiben. Denn der zu geringe Wohnungsneubau in den vergangenen Jahren hat zu einem Unterangebot geführt, das voraussichtlich nicht allzu schnell ausgeglichen werden dürfte. Nachdem der Zustrom von Migranten im Verlauf der Coronavirus-Pandemie stark zurückgegangen ist, könnte nun eine wachsende Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine die Nachfrage nach Wohnraum zumindest regional vorübergehend wieder ansteigen lassen.

Darüber hinaus dürften trotz der zum Teil bereits eingeleiteten geldpolitischen Straffung der EZB die Realzinsen in Deutschland aufgrund hoher Inflationsraten auf absehbare Zeit negativ und die Finanzierungskonditionen attraktiv bleiben. Stark steigende Material- und Baukosten und somit teurere Neubauten könnten wiederum die Nachfrage nach Bestandsimmobilien steigern und sich auch in diesem Bereich preistreibend auswirken. Das verspricht zumindest für die kommenden Jahre vergleichsweise interessante Immobilienrenditen, wenngleich die hohen Niveaus der Vorjahre nicht erreicht werden dürften.

Die Deutsche Bank geht mittelfristig von einer weiterhin positiven Entwicklung des deutschen Wohnimmobilienmarktes aus und erwartet zunächst keine diesbezügliche Trendwende. Grundsätzlich könnte sich dabei für entsprechend risikobereite Anleger ein regional breit gestreutes Immobilienportfolio empfehlen, zum Beispiel in Form eines offenen Immobilienfonds.

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Redaktionsschluss: 18.03.2022, 14:00 Uhr