Neues zum Honorar

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28.03.2022

TSVG-Fälle – viele Fachärztinnen und -ärzte verschenken Honorar

Offene Sprechstunde, neue Patientinnen und Patienten, schnelle Termine nach Vermittlung – die sogenannten TSVG-Fälle werden extrabudgetär vergütet. Viele Fachärztinnen und Fachärzte nutzen dieses Potenzial aber nicht voll aus, obwohl sie die passenden Patienten in der Praxis haben.

Während der Pandemie ist die Budgetierung des ärztlichen Honorars kaum spürbar gewesen: Gesunkene Fallzahlen bei voller Auszahlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) haben in den vergangenen zwei Jahren zu deutlich höheren Fallwerten und auch zu höheren Restpunktwerten bei Überschreitung der Regelleistungsvolumina geführt.
Nach dem Auslaufen der epidemischen Notlage im vergangenen November dürfte sich das Honorargeschehen im laufenden Jahr wieder normalisieren. Damit wird eine Neuerung aus dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wieder interessant, die es besonders grundversorgenden Fachärztinnen und Fachärzten – zum Beispiel in der Gynäkologie, der Neurologie, der Urologie, der Ophthalmologie oder der Orthopädie – ermöglicht, einen ansehnlichen Teil des Honorars extrabudgetär ausgezahlt zu bekommen.

Acht Quartale nicht in der Praxis – das ist die Grenze

Es geht um die sogenannten TSVG-Fälle: Dazu gehören Neupatientinnen und -patienten – auch solche, die seit mehr als acht Quartalen nicht in der Praxis waren –, Patientinnen und Patienten, die ohne Termin in die Praxis kommen und direkt behandelt werden, aber auch sogenannte Vermittlungsfälle, die über die Terminservicestelle oder die Vermittlung einer Hausarztpraxis schnell einen Termin bekommen.
Politisches Ziel des TSVG war es, bei erhöhter Dringlichkeit sicherzustellen, dass ein Termin in der Fachpraxis schnell zustande kommt. Im Gegenzug werden diese Fälle dann extrabudgetär vergütet.
Dass dieser Mechanismus wirkt, zeigen die Honorarberichte für das Jahr 2020, die eine starke Steigerung der Vergütung außerhalb der MGV dokumentieren. Dabei spielt natürlich auch die Behandlung von Patienten mit COVID-19(-Verdacht) eine Rolle, die ebenfalls extrabudgetär vergütet wird.

Obergrenze liegt bei 17,5 Prozent

Zahlen aus der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und Erfahrungsberichte von Praxisberatern deuten allerdings an, dass viele Fachärztinnen und Fachärzte die Möglichkeiten, die sich aus der Behandlung der entsprechenden Patientinnen und Patienten ergeben, bei Weitem nicht ausschöpfen.
Denn bis zu einer Obergrenze von 17,5 Prozent der Behandlungsfälle können Ärztinnen und Ärzte über die offene Sprechstunde abrechnen – also wenn eine Patientin oder ein Patient ohne Termin in die Praxis kommt. Danach haben Fachärztinnen und Fachärzte im Fachgruppenschnitt lediglich zwischen 2,5 und 5,6 Prozent ihrer Fälle so gekennzeichnet, dass die Patienten in offener Sprechstunde behandelt wurden.
Allein über die offene Sprechstunde, zusammen mit den Neupatientinnen und -patienten, die in den betroffenen Fachgebieten in der Regel 30 bis 40 Prozent der Behandelten ausmachen, könnten Facharztpraxen über 50 Prozent ihrer Honorare extrabudgetär stellen. Allerdings werden die Fälle bisher noch bereinigt, damit es in den Facharztpraxen nicht per saldo zu einer Doppelvergütung der TSVG-Fälle kommt.

Patienten ohne Termin – Kontaktart „4“

Um die extrabudgetäre Vergütung geltend zu machen, ist unter Kontaktart in der Praxis-Software die korrekte Kennzeichnung zu setzen – und genau daran fehlt es in vielen Fällen, sagen Praxisberaterinnen und -berater. In vielen Praxen werde schlicht nicht daran gedacht, die richtige Kennzeichnung zu setzen.
Dabei ist diese Markierung der Patientinnen und Patienten, die ohne Termin direkt behandelt werden, in der Praxis-IT denkbar einfach per Mausklick möglich: mit der Kontaktart „4“ für „offene Sprechstunde“.

Diese simple Kennzeichnung könnte am Abend über die Tagesliste jeweils nochmals für jede Patientin und jeden Patient kontrolliert werden. Das lohnt sich im Zweifel: Denn es kann durchaus um mittlere vierstellige Eurobeträge im Quartal gehen. Das gilt jedenfalls für Praxen, die offene Sprechstunden abrechnen dürfen und die Leistungen über Budget erbringen und deren Honorar deshalb gekürzt wird. Betroffen sind also die meisten grundversorgenden Fachärztinnen und Fachärzte.


28.03.2022

Corona führt zu Honorareinbrüchen in der Zahnmedizin

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat Ende 2021 Zahlen zur Honorarentwicklung bei den Zahnärztinnen und Zahnärzten im ersten Corona-Jahr vorgelegt. Insbesondere im zweiten Quartal kam es demnach zu deutlichen Einbrüchen, die auch nicht im Jahresverlauf komplett ausgeglichen werden konnten.

Zahnmedizinerinnen und -mediziner in Deutschland haben im Jahr 2020 mit deutlichen Einbußen zu kämpfen gehabt – ohne dass sie wie die Vertragsärztinnen und -ärzte von einem echten Schutzschirm profitieren konnten.
Nach Informationen der KZBV sind vor allem im ersten Lockdown, also im zweiten Quartal 2020, Fallzahlrückgänge um 15 bis 30 Prozent aufgetreten. Ausnahme: In der Kieferorthopädie gab es lediglich einen Rückgang um 3,5 Prozent.

Rückgang auch im Gesamtjahr 2020

In den größeren Bereichen wie Kieferchirurgie und Zahnersatz sei letztlich in keinem Quartal das Vorjahresniveau erreicht worden, heißt es im KZBV-Jahrbuch 2021. Im Jahresvergleich gebe es insgesamt rückläufige Fallzahlen zwischen −1 und −9 Prozent.
Diese Rückgänge haben sich laut KZBV auch in den GKV-Ausgaben für die Zahnmedizin niedergeschlagen, allerdings in abgemilderter Form: Aufgrund der Punktwertanpassungen im Jahr 2020 lagen demnach die über die KZVen in allen Leistungsbereichen abgerechneten Beträge um 1,5 Prozent unter dem Niveau von 2019.
So hätten sich die abgerechneten Beträge für allgemeine, konservierende und chirurgische Behandlung (Kieferchirurgie inklusive Implantologie) je Mitglied um 1,2 Prozent verringert.
Für Parodontalbehandlungen seien je Mitglied 4,1 Prozent weniger abgerechnet worden, die Zahl der Abrechnungsfälle in diesem Bereich sei je Mitglied um 7,7 Prozent gesunken. Auch die Inanspruchnahme individualprophylaktischer Leistungen bei Kindern und Jugendlichen ist 2020 gesunken, von 66,3 Prozent 2019 auf 63,7 Prozent im Jahr 2020.

Starker Rückgang beim Zahnersatz

Bei Zahnersatz waren die Einbrüche besonders stark, mit einem Minus um 7,3 Prozent der Ausgaben je Mitglied.
Der Bereich Kieferorthopädie ist gegen den Trend gewachsen: Hier stiegen die Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied um 2,4 Prozent, obwohl auch die Anzahl der kieferorthopädischen Fälle um 1,8 Prozent leicht zurückgegangen sei, so der KZBV-Bericht. Die KZBV rechnet damit, dass sich die Zahlen unter dem Strich trotz der Pandemie im vergangenen Jahr wieder stabilisiert haben. KZV-übergreifende Zahlen zum Gesamtjahr 2021 liegen jedoch noch nicht vor.


28.03.2022

Kodierhilfen – Vorsicht, Dauerdiagnosen!

Ärztinnen und Ärzte, deren IT-Systeme bereits die neuen Kodierhilfen umsetzen, sollten in der KV-Abrechnung des ersten Quartals ein Auge auf die Dauerdiagnosen haben.

In manchen Praxisverwaltungssystemen werden offenbar ältere Dauerdiagnosen, zum Beispiel essenzielle Hypertonie (I10.–), in der Abrechnung, die an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) geht, nicht berücksichtigt. Das heißt, die KV bekommt diese alten Diagnosen der Patientinnen und Patienten gar nicht mitgeliefert.
Wenn der Arzt oder die Ärztin nun aber Medikamente gegen den Hypertonus verordnet hat, fehlt die zugehörige Diagnose – zumindest sehen Prüfer der Krankenkasse sie nicht in den Abrechnungsunterlagen. Die Folge, so befürchten Ärztinnen und Ärzte, die den Fehler entdeckt haben, könnten Arzneiregresse sein, weil scheinbar nicht indizierte Arzneimittel verordnet worden sind.
Sie empfehlen ihren Kolleginnen und Kollegen, vor dem Versand der Abrechnungsunterlagen noch einmal genau nachzuschauen, ob alle behandlungsrelevanten Dauerdiagnosen mitübertragen werden.

Übergangsfrist bis Ende Juni

Hintergrund sind die ursprünglich zum 1. Januar 2022 umzusetzenden Kodierhilfen, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) entwickelt worden und von den Software-Herstellern umzusetzen sind.
Aufgrund der vielfältigen Entwicklungsanforderungen, unter anderem im Zusammenhang mit der Telematikinfrastruktur, hat die KBV Ende vergangenen Jahres eine Übergangsfrist bis zum Ende des zweiten Quartals beschlossen.
Software-Häuser, die die Entwicklung bereits geschafft haben und zertifiziert sind, haben die Kodierhilfen allerdings bereits überwiegend an ihre Anwender übermittelt. Ende Februar waren gut 60 von insgesamt rund 150 Praxisprogrammen zertifiziert.
Die KBV hat bereits signalisiert, sich die Anwendungen im Einzelnen noch einmal anschauen zu wollen. In der Abrechnung zum ersten Quartal kann aber ein Blick auf die Dauerdiagnosen in der Abrechnungsdatei auf keinen Fall schaden.

Redaktion:
Springer Medizin, Postfach 2131, 63243 Neu-Isenburg, Hauke Gerlof (V. i. S. d. P.)