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Steht es Angestellten zu, dass sich der Arbeitgeber mit der Schlussformel unter dem Arbeitszeugnis für die geleistete Arbeit bedankt? Bis in solche Details mussten sich deutsche Gerichte schon mit Fragen rund um Arbeitszeugnisse beschäftigen – quer durch alle Instanzen. Da wundert es nicht, dass sich Ärzte und Ärztinnen als Arbeitgebende mit dem Verfassen von Arbeitszeugnissen oft schwer tun. Schließlich wollen sie keine Fehler machen, fair beurteilen und unnötige Auseinandersetzungen vermeiden.
Zu großer Respekt vor dieser Aufgabe ist allerdings unangebracht, wie der auf Heilberufe spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Uwe Schlegel betont. Er rät dazu, den einfachen Weg zu gehen. Dafür empfiehlt er folgende Schritte:

  • Lassen Sie die Emotionen aus dem Spiel und beurteilen Sie nüchtern und sachlich die Arbeitsleistung des Mitarbeitenden.
  • Nutzen Sie gegebenenfalls einen Online-Arbeitszeugnis-Konfigurator mit vorgegebenen Textbausteinen. Damit ist sichergestellt, dass Sie keine bedeutsamen Zeugnisinhalte vergessen.
  • Legen Sie das Arbeitszeugnis der oder dem scheidenden Mitarbeitenden vor und gehen Sie gegebenenfalls auf deren oder dessen Ergänzungs- oder Änderungswünsche ein.
  • Wünschen Sie Ihrer Mitarbeiterin oder Ihrem Mitarbeiter alles Gute.

Dieses Vorgehen verspricht den geringstmöglichen Aufwand und verursacht kaum Kosten. Nur: Wird damit nicht eine schöngefärbte Beurteilung für Mitarbeitende ausgestellt, die das nicht verdienen? Dazu sagt Schlegel: „Übertrieben gute Beurteilungen fallen auf. Arbeitgeber wissen, wie das zustande kommt, und setzen deshalb auf den persönlichen Eindruck. Die Beurteilung im Arbeitszeugnis wird überschätzt.“

Sachliche Herangehensweise ist entscheidend

Wichtigste Voraussetzung, damit ein Arbeitszeugnis nicht zu einer juristischen Auseinandersetzung führt, ist nach seinen Erfahrungen eine sachliche Herangehensweise. Situationen, in denen Sie sich als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber über die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter geärgert haben, dürfen beim Abfassen des Arbeitszeugnisses keine Rolle mehr spielen und gehören ausgeblendet.

Bei der von manchen als kniffelig empfundenen Frage, ob die erbrachte Leistung, in Schulnoten bewertet, als „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“ oder nur als „ausreichend“ beurteilt werden sollte, hilft folgende Einordnung: Für ein „ausreichend“ sind Arbeitgebende in der Nachweispflicht. Um das zu vermeiden, sollte stets mindestens ein „befriedigend“ erteilt werden. Wenn scheidende Mitarbeitende mit einer solchen Beurteilung nicht einverstanden sind, müssen diese eine bessere Leistung nachweisen.

Kein Feilschen um „gut“ oder „sehr gut“!

Bei verdienten Mitarbeitenden, deren Weggang in den Praxen bedauert werde, sollte nicht um ein „gut“ oder „sehr gut“ gefeilscht werden, so Schlegel. „Man sieht sich schließlich häufig zwei Mal im Leben. Mitarbeitende, die „sehr gut“ beurteilt werden, gehen mit einem positiven Gefühl und bisweilen kehren sie sogar zurück.“
Und auch bei der Dankesformel zum Schluss sollten Sie nicht mit Lob sparen, empfiehlt Schlegel, selbst wenn nach Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts kein rechtlicher Anspruch besteht. Einen Streit darüber vom Zaun zu brechen lohne jedenfalls nicht, ist der Rechtsanwalt sicher.

Kurz-Interview Dr. Uwe Schlegel

„Für ein Arbeitszeugnis brauchen Sie in der Regel keinen Juristen“

Herr Dr. Schlegel, an wen sollten sich Ärztinnen und Ärzte wenden, die Unterstützung beim Abfassen eines Arbeitszeugnisses wünschen?
Dr. Uwe Schlegel: „An niemanden. Das machen Sie am besten selbst, Für ein Arbeitszeugnis brauchen Sie in den allermeisten Fällen keinen Juristen.“

Und was könnte einer der wenigen Fälle sein, in denen doch ein Jurist nötig wäre?
Dr. Uwe Schlegel: Ein Jurist wird eventuell dann benötigt, wenn sich der ehemalige Mitarbeiter über einen Anwalt an den vormaligen Arbeitgeber wendet. Hier kann sich für den Praxisinhaber - gewissermaßen aus Gründen der "Waffengleichheit" - die Einschaltung eines Anwalts auf seiner Seite empfehlen. Das auch mit dem Ziel, den Streit zu deeskalieren.

Sie raten generell, auf die Wünsche der Mitarbeitenden beim Abfassen eines Arbeitszeugnisses einzugehen. Warum?
Dr. Uwe Schlegel: „Um das Risiko langwieriger und teurer Auseinandersetzungen zu vermeiden. So etwas kann den Praxisalltag massiv belasten. Wenn es zu Gerichtsverfahren kommt, kann das schlimmstenfalls Praxisausfallzeiten bedeuten – das ist eine Formulierung im Arbeitszeugnis nicht wert.“

Laufe ich als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber nicht Gefahr, zu gut zu beurteilen? Was passiert, wenn ich vom neuen Arbeitgeber darauf angesprochen werde?
Dr. Uwe Schlegel: „Solche Auskünfte sind aus Datenschutzgründen in aller Regel nicht erlaubt. Wenn Sie dennoch angefragt werden, sagen Sie: Dazu kann ich leider nichts sagen. Damit ist alles gesagt und Sie haben keinen Fehler gemacht.“

Gibt es denn eine Formulierung, die ich in manchen Fällen auf keinen Fall in einem Zeugnis verwenden sollte?
Dr. Uwe Schlegel: Wenn gesichert ist, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer etwas gestohlen hat, dürfen Sie auf keinen Fall ins Zeugnis schreiben, dass er oder sie ehrlich sei. Bewusste Irreführung könnte am Ende noch zu Ärger mit dem nächsten Arbeitgeber führen. Ähnlich wäre es, wenn Sie die Diskretion eines Angestellten hervorheben, der zuvor gesichert Patientendaten unbefugt weitergegeben hat.

Urteil: Persönlichkeitsrechte wiegen schwer

Arbeitgebende dürfen anderen Arbeitgebenden nur unter bestimmten Voraussetzungen Informationen über frühere Beschäftigte geben. Die Informationen müssen auf Leistung und Verhalten während der Arbeit im eigenen Betrieb beschränkt bleiben und es muss ein überwiegendes Interesse vorliegen, das den Persönlichkeitsrechten vorgeht. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.
Nicht erlaubt sei dagegen, wenn zum Beispiel der frühere beim neuen Arbeitgebenden unverlangt Informationen über Beschäftigte verbreitet, zum Beispiel, weil es im Nachgang zu einem Streit über Zeugnisformulierungen gekommen ist. Bei Anfragen über frühere Beschäftigte sind Arbeitgebende gehalten, eine Abwägung zu treffen und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu wahren.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az: 6 Sa 54/22

Redaktion:
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