
Von der Praxis zum eigenen OP-Zentrum: Mut, Planung und die passende Finanzierung
Als Arzt ein OP-Zentrum gründen? Das wäre Dr. Henning Frenzel und Dr. Ralf Katzbach vor zwei Jahren nicht im Traum eingefallen. Heute betreiben die HNO-Ärzte gemeinsam mit ihren zwei Partnern vom HNO Zentrum Lübeck ein eigenes Operationszentrum. Wie dieses Geschäftsmodell funktioniert und was es bei der Gründung und Finanzierung zu beachten gilt, erfahren Sie hier aus erster Hand.
Stellen Sie sich vor, Sie sind Ärztin oder Arzt in einer erfolgreichen Facharztpraxis. Die Praxis läuft gut, die Patientinnen und Patienten kommen, und Sie sind in Ihrer Region bekannt. Sie verlegen Ihre Praxis direkt neben ein Belegkrankenhaus und sorgen für eine optimale Anbindung an die Operationssäle. Ungefähr die Hälfte Ihres Umsatzes erwirtschaften Sie mit operativen Eingriffen. Doch dann schlägt das Schicksal zu: Das Krankenhaus schließt plötzlich. Ihre wichtigsten OPs können Sie auf einmal nicht mehr durchführen. Das ist ein Schock – und eine Herausforderung. So geschehen in Lübeck. Als das dortige Marien-Krankenhaus im Herbst 2023 schließen musste, stellte das nicht nur die Existenz des etablierten HNO Zentrums Lübeck infrage, sondern auch die medizinische Versorgung in der Region. Alle Versuche der Belegärzte, das Haus zu retten, scheiterten letztlich.
Ein OP-Zentrum gründen: die Entscheidung
„Wir haben bis zum letzten Tag für den Erhalt des Marien-Krankenhauses gekämpft und dort operiert. Als ich kurz nach der Schließung die beiden Operationssäle noch einmal betrat, hatte ich die Idee: Warum nutzen wir nicht den ehemaligen Kreißsaal im Marien-Krankenhaus und bauen ihn zu einem eigenen OP-Zentrum um?“, erinnert sich Dr. Ralf Katzbach. „Wir brauchten dringend eine Lösung. Zwar konnten wir vorübergehend in den Sana Kliniken Lübeck operieren, aber dort waren die Kapazitäten begrenzt.“ Dr. Ralf Katzbach und seine Gründungspartner Dr. Henning Frenzel, Dr. Susanne Klaiber und Dr. Christian Schäfer waren sich schnell einig. Sie wollten ihre eigene Einrichtung schaffen, um weiterhin Operationen durchführen zu können – unabhängig von Krankenhausentscheidungen. Das Projekt war so neu, dass es in Deutschland kaum vergleichbare Modelle gab. Es war echte Pionierarbeit und ein großer Schritt, der Mut, Planung und Schnelligkeit erforderte.
Der Weg zum eigenen OP-Zentrum – eine Geschichte voller Herausforderungen
„Es war ein gewaltiger Kraftakt, dieses Projekt in so kurzer Zeit umzusetzen“, so Dr. Henning Frenzel. Das Vorhaben stand unter enormem Zeitdruck: Gerade bei den kleineren und mittleren Eingriffen war durch die Schließung des Marien-Krankenhauses ein Engpass entstanden. Dies wirkte sich unter anderem auf die operative Versorgung von Kindern im HNO-Bereich aus. Die Wartelisten füllten sich nach und nach. Dank der unkomplizierten Zusammenarbeit mit dem Erzbistum Hamburg, dem Eigentümer des Marien-Krankenhauses, und der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein konnten die HNO-Ärzte umgehend mit dem Planungsprozess starten. „Unser Vorteil: Wir hatten bereits aus mehreren Praxisprojekten Gründungserfahrung und konnten auf ein erfahrenes Netzwerk zurückgreifen. Da gehört natürlich die Deutsche Bank dazu, aber auch Bauunternehmer, Architekten, Rechtsanwälte und Steuerberater, die wir aus unserer langjährigen Zusammenarbeit kannten und denen wir vertrauten. Diese Verbindungen ermöglichten es uns, schnell und effizient zu handeln, was in der kritischen Phase der Gründung entscheidend war“, berichtet Dr. Ralf Katzbach. „Um es kurzzufassen: Im Oktober 2023 haben wir ernsthaft über die Idee nachgedacht, im November entschieden, im Dezember war der Plan fertig, ab Januar wurde gebaut und im Juni 2024 das OP-Zentrum eröffnet, während wir in den Sana Kliniken weiter operierten.“
Das Fundament – ein solider Businessplan
Die finanziellen Aspekte eines OP-Zentrums sind kompliziert. Die vier Ärzte mussten sich intensiv mit den Kosten für medizinische Geräte, Personal und andere Betriebsmittel beschäftigen. In kurzer Zeit erstellten sie einen detaillierten Plan, der alle finanziellen und organisatorischen Punkte berücksichtigte. Dafür brauchten sie nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse. „Es ist wichtig, einen realistischen Businessplan zu erstellen. Das bedeutet, genau zu überlegen, wie rentabel das Zentrum sein kann, die möglichen Kosten zu berechnen und die Einnahmen realistisch einzuschätzen. Dr. Frenzel und sein Kollege Dr. Katzbach haben das mit sehr viel Sach- und Fachkenntnis gemacht. Das schafft Vertrauen bei der Bank“, erklärt die Senior-Expertin Gundula Groeger von db HealthCare. „Nur so konnte ich zusammen mit meinen Kollegen die dringend benötigte Finanzierungszusage für den Aufbau des OP-Zentrums schnell geben.“
Finanzierung – das Herzstück des Projekts
Die Finanzierung war eine der größten Herausforderungen für die Lübecker Ärzte beim Aufbau ihres OP-Zentrums. Sie konnten viele medizinische Geräte vom vorherigen Betreiber übernehmen, was die Kosten deutlich senkte. Zusätzlich mussten sie Umbauten vornehmen. Um die finanziellen Mittel in einem hohen sechsstelligen Bereich stemmen zu können, haben sich alle vier Partner persönlich mit einer Bürgschaft engagiert, weil sie an das Projekt glauben. „Zum Glück konnten wir auf die bereits vorhandene Infrastruktur im Marien-Krankenhaus zurückgreifen“, sagt Dr. Katzbach. „Wenn man ein OP-Zentrum ganz neu baut, muss man mit Kosten von anderthalb bis zwei Millionen Euro rechnen.“ Dr. Katzbach und seine Kollegen arbeiten seit über 15 Jahren eng mit der Deutschen Bank zusammen. In dieser Zeit hat die Bank die HNO-Ärzte bei verschiedenen Projekten unterstützt, zum Beispiel bei der Gründung ihrer Praxis, Investitionen in Medizintechnik und weitere Praxisfilialen. Für das neue OP-Zentrum konnte die Deutsche Bank die passende Finanzierung anbieten. „Am Ende ist für mich das Vertrauen zu meinem Bankberater das Wichtigste – das macht 90 % meiner Entscheidung aus“, betont Dr. Katzbach. Er arbeite hauptsächlich mit der Deutschen Bank, weil er mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden sei. Sein wichtiger Tipp für Ärzte, die ein OP-Zentrum gründen möchten, ist daher, sich frühzeitig um die Finanzierung zu kümmern und vertrauensvolle Partner zu finden.
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Neuland: OP-Zentrum – was Gründerinnen und Gründer wissen sollten
Tipps für Ärzte, die ein OP-Zentrum gründen wollen
- Rechtliche und steuerliche Planung: Lassen Sie sich von Experten beraten, um die richtige Gesellschaftsform zu wählen und steuerliche Möglichkeiten zu berücksichtigen.
- Businessplan erstellen: Seien Sie ehrlich zu sich selbst. Kalkulieren Sie realistisch, was möglich ist. Ein solider Plan ist die Grundlage für die Finanzierung.
- Partner sorgfältig auswählen: Ob Bank, Steuerberater, Anwälte oder medizinische Partner – ein starkes Team ist essenziell.
- Investitionen klug planen: Übernehmen Sie Geräte, wenn möglich, vom Vorbesitzer, um Kosten zu sparen. Investieren Sie nur, was wirklich notwendig ist.
- Flexibilität bewahren: Laufzeiten der Kredite sollten auf die geplante Nutzungsdauer abgestimmt sein, um Liquidität zu sichern.
- Politische und regionale Unterstützung nutzen: In manchen Fällen gibt es Förderungen oder Zuschüsse, die den Start erleichtern.
Fazit: ein erfolgreiches Modell für die Zukunft
Der Aufbau eines OP-Zentrums ist kein Spaziergang. Es braucht Mut, Überzeugung und den Glauben an das eigene Projekt. Seit einem Jahr nun ist das 400 m² große, moderne Operationszentrum mit zwei OP-Räumen und sechs Patientenbetten in Betrieb. Seitdem operieren hier 14 Operateurinnen und Operateure aus insgesamt sechs Praxen aus der Region in den Fachbereichen Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Allgemeinchirurgie, plastische Chirurgie und Gynäkologie. Dieses Partnernetzwerk soll sukzessive weiter ausgebaut werden. „Der Mix an Operationen muss stimmen, damit sich das OP-Zentrum trägt“, erklärt Katzbach. Ein engagiertes und sehr erfahrenes Team aus zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Teil aus dem ehemaligen Marien-Krankenhaus, aber auch aus anderen Kliniken stammen, stellen den Betrieb des OP-Zentrums sicher.
Dr. Katzbach, Dr. Frenzel und alle Beteiligten können auf eine erfolgreiche Gründung zurückblicken. Das OP-Zentrum hat sich als wirtschaftlich tragfähig erwiesen und bietet den Patienten eine hochwertige Versorgung. Angedacht ist es, den OP-Betrieb weiter auszubauen. Dazu soll zukünftig noch eine weitere Gesellschaft für den Betrieb einer Privatklinik gegründet werden. Die Erfahrungen der Lübecker HNO-Ärzte zeigen, dass die Gründung eines OP-Zentrums eine lohnende, aber auch herausfordernde Aufgabe ist. „Außerdem lässt sich mit einem OP-Zentrum der Wert einer Praxis steigern. Aus meiner Sicht ist der reine Kassensitz keine sichere Investition mehr in die Zukunft“, resümiert der Gründungsexperte.