Knackpunkte im Kreditvertrag

Finanzierungshöhe, Kosten und Covenants: Bei aktuellen Kreditverhandlungen gibt es wieder viel Diskussionsbedarf. Wie viel Kontrolle durch Kreditgeber ist berechtigt, wie viel unternehmerische Freiheit für Unternehmen sinnvoll?

Noch vor gar nicht langer Zeit waren die Unterschriften unter die Kreditverträge schnell gesetzt – viel zu verhandeln gab es zumeist nicht. Mit den unsicheren Zeiten sind die Gespräche deutlich intensiver geworden. Am Ende wird aber trotzdem fast immer zur Zufriedenheit aller unterschrieben.Noch vor gar nicht langer Zeit waren die Unterschriften unter die Kreditverträge schnell gesetzt – viel zu verhandeln gab es zumeist nicht. Mit den unsicheren Zeiten sind die Gespräche deutlich intensiver geworden. Am Ende wird aber trotzdem fast immer zur Zufriedenheit aller unterschrieben.

Noch vor gar nicht langer Zeit waren die Unterschriften unter die Kreditverträge schnell gesetzt – viel zu verhandeln gab es zumeist nicht. Mit den unsicheren Zeiten sind die Gespräche deutlich intensiver geworden. Am Ende wird aber trotzdem fast immer zur Zufriedenheit aller unterschrieben. Foto: adobe stock

Es ist kaum zwei Jahre her, da diskutierte der Markt noch, ob Financial Covenants in Kreditverträgen überhaupt noch zeitgemäß seien. Eine Pandemie und eine Energiekrise später ist die Situation eine gänzlich andere: Die Inflation in Deutschland liegt bei rund 10 Prozent, der Leitzins der EZB wurde auf 2 Prozent angehoben und die deutsche Volkswirtschaft schlittert auf eine Rezession zu.

Kurz: Es herrscht große Unsicherheit am Markt. „Jeder würde gerne wissen, ob die vorgelegten Planungen auch eingehalten werden können“, sagt Björn Hofmann von der Finanzierungsberatung Herter & Co. Die Folge: „Das Thema Finanzierungssicherheit hat an Gewicht gewonnen“, berichtet Steffen Rapp, der das deutsche Geschäft mit strukturierten Finanzierungen der Deutschen Bank leitet.

Finanzierung ist kein No Brainer mehr

Trotz der gestiegenen Unsicherheit geben Banken Rapp zufolge aber nicht zwingend weniger Kredit. Insbesondere bei größeren Unternehmen sei der Bankenmarkt aktuell sogar stark gefordert, weil der Kapitalmarkt im aktuellen Marktumfeld nicht sonderlich aufnahmefähig sei. Der Banker räumt aber ein, dass die Kapazitäten der Banken begrenzt sind. Der Fokus liege darauf, die bestehenden Kunden durch die Krise zu begleiten und nur punktuell im Neugeschäft. „Wer erstmalig bei einem Finanzierungspartner anklopft, muss mehr Überzeugungsarbeit leisten als ein Kunde, der bereits über eine Kredithistorie und damit ein internes Rating bei der Bank verfügt“, sagt Finanzierungsberater Hofmann. Dies gelte auch für Kreditfonds. „Debt Funds sind kein natürliches Auffangbecken, um den sinkenden Risikoappetit der Banken auszugleichen“, sagt Hofmann.

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„Den Altvertrag zu nehmen und den Basket pauschal um 20 Prozent erhöhen – das wird vermutlich schwierig.“

Björn Hofmann, Herter

Die vielen Unsicherheiten setzen auch den Kreditfonds zu. Die Basiszinsen liegen nicht mehr bei null, hinzu kommen steigende Absicherungskosten, die einen Kredit verteuern. „Die Zinsbelastung ist bei gleichbleibender Marge gestiegen. Das bedeutet weniger Cashflow, was wiederum die Verschuldungskapazität eines Unternehmens senkt“, sagt Benjamin Schall von dem Debt Fund Apera Asset Management. Allein schon deshalb könne einem Unternehmen - ceteris paribus - weniger Kredit gegeben werden als früher.

Diskussion um Finanzierungskosten

Neben den Basiszinssätzen und den Absicherungskosten ziehen aber auch die Kreditmargen wieder an. „Unsere Risikokosten nehmen massiv zu“, sagt Strukturierungsbanker Steffen Rapp. Um mögliche Verluste im Kreditportfolio tragen zu können, sei eine gewisse Risiko-Marge einfach nötig. Über adäquate Risiko-Margen lässt sich laut Finanzierungsberater Hofmann mit Banken diskutieren. Die gestiegenen Basiszinsen leiten die Banken, die sich selbst zu großen Teilen am Interbankenmarkt refinanzieren, hingegen einfach durch.

Anders verhält es sich bei den Debt Funds, die sich selbst nicht an den liquiden Märkten refinanzieren und die gestiegenen Basiszinsen Hofmann zufolge folglich nicht zwingend an den Kreditnehmer weiterreichen müssten. Debt-Fund-Manager Benjamin Schall sieht das ein bisschen anders: „Wir müssen unseren Investoren zwar eine Gesamtrendite liefern, aber wir stehen immer im Wettbewerb mit anderen Anlageklassen und können die Entwicklungen an den liquiden Märkten deshalb nicht ignorieren.“ Kreditnehmer müssen sich also auf steigende Finanzierungskosten einstellen – egal ob bei Banken oder Kreditfonds.

Banken pochen auf Financial Covenants

Auch beim Kleingedruckten wird in den Kreditverträgen wieder genauer hingesehen. Während Banken und Debt Funds bei zunehmender Planungsunsicherheit grundsätzlich gern mehr Kontrollrechte (Covenants) im Kredit verankert hätten, wünschen sich Kreditnehmer das genaue Gegenteil: Sie möchten in schwer planbaren Zeiten gern so viel unternehmerischen Handlungsfreiraum wie möglich. Ein Spannungsfeld, das es zu lösen gilt.

Covenants sind für Kreditgeber aus zwei Gründen sehr wichtig. Sie dienen zum einen als Frühwarnindikator und sichern dem Kreditgeber Einflussnahme, sollten die Covenants gerissen werden. Denn ein Verstoß gegen die Kreditauflagen bedeutet für den Kreditgeber in der Regel das Recht, den Kredit zu kündigen. Dieses Kündigungsrisiko gefällt dem Unternehmen natürlich nicht. Steffen Rapp wirbt dennoch um Verständnis für diese Regelung, speziell beim Konsortialkredit: Dort gebe eine Bank ihr Einzelkündigungsrecht ab und binde sich an einen Mehrheitsbeschluss. „Das ist ein unglaublich starkes Signal an den Kunden. Es bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass wir das Recht auf ein gewisses Korrektiv haben müssen.“ Rapp betont außerdem, dass Banken in der Praxis von diesem Kündigungsrecht nur in Ausnahmefällen Gebrauch machen würden.

„Sanktionen sind für uns ein elementares Thema, weil wir global tätig sind und vom Regulator diesbezüglich streng überwacht werden.“

Steffen Rapp, Deutsche Bank

Finanzierungsberater Hofmann hält dagegen: „Wenn alles immer so partnerschaftlich ablaufen würde, bräuchten wir überhaupt keinen Vertrag.“ Unternehmen sollten bei jeder Klausel hinterfragen, wie hoch das daraus entstehende Kündigungsrisiko sei.

Rapp weist darauf hin, dass Banken selbst kein Interesse daran hätten, dass Covenants gerissen werden. Sie müssten damit rechnen, dass sich nicht jeder Kunde exakt nach Plan entwickelt. „Keine Bank will nach einem halben Jahr in die Restrukturierung, weil ein zu eng gesetzter Covenant gerissen wurde“, sagt Rapp. Die Banken seien durchaus flexibel und würden Kreditnehmern fallspezifisch ausreichend Abweichungsspielraum (Headroom) von den zu Grunde liegenden Planwerten gewähren, ehe ein Covenant-Bruch vorliegt.

Eng verbunden mit den Headrooms sind auch die Diskussionen um die sogenannten Baskets. Sie regeln im Kreditvertrag den unternehmerischen Freiheitsgrad des Kreditgebers. Oder anders formuliert: Was darf der Kreditnehmer unternehmen, ohne vorher seine Kreditgeber um Erlaubnis fragen zu müssen. Hierbei geht es beispielsweise um den Verkauf von Vermögensgegenständen, die Aufnahme von zusätzlichem Fremdkapital oder das Einziehen von Aval- und Factoring-Linien.

Noch vor zwei oder drei Jahren konnten sich Kreditnehmer aufgrund ihrer guten Verhandlungsposition durchaus pauschale Baskets sichern, einfach um im Fall der Fälle flexibel zu sein. Das geht Finanzierungsberater Hofmann zufolge heute nicht mehr: „Den Altvertrag zu nehmen und den Basket pauschal um 20 Prozent erhöhen – das wird vermutlich schwierig“, so Hofmann. Banken und Debt Funds gewähren weiterhin Baskets, doch sie müssen passgenau auf die Situation des jeweiligen Unternehmens passen.

Antikorruptions- und Sanktionsklauseln

Ein weiterer Streitpunkt sind die Antikorruptions- und Sanktionsklauseln. Ein Thema, das insbesondere von den Banken mit Nachdruck verfolgt wird. „Sanktionen sind für uns ein elementares Thema, weil wir global tätig sind und vom Regulator diesbezüglich streng überwacht werden“, erklärt Steffen Rapp. Finanzierungsberater und Anwälte zeigen grundsätzliches Verständnis für die Ängste der Banken, sofern diese im Rahmen bleiben.

„Wir müssen unseren Investoren zwar eine Gesamtrendite liefern, aber wir stehen immer im Wettbewerb mit anderen Anlageklassen und können die Entwicklungen an den liquiden Märkten deshalb nicht ignorieren.“

Benjamin Schall, Apera

Finanzierungsberater Hofmann hält Diskussionen über Sanktionsregeln innerhalb der EU für aussichtslos. „Die Sorge vor dem Regulator überwiegt alles, keine Bank wird ein regulatorisches Risiko eingehen.“ Kein Verständnis hat er aber für Sanktionsklauseln außerhalb der EU. „Nur weil einer der Kreditgeber sein Headoffice in einer anderen Jurisdiktion oder Angst vor dem US-Regulator hat, muss sich der Kreditnehmer diesem Risiko nicht unterwerfen.“

In jedem Fall sorgen die Sanktionsklauseln für noch mehr Komplexität im Konsortium. „Zu den sechs Firmenkundenbankern, sechs Kollegen aus der Marktfolge und den sechs Inhouse-Anwälten kommen dann auch noch sechs Compliance-Beauftragte“, versinnbildlicht Hofmann. Kreditnehmer müssen hier genau abwägen, ob sie diese Komplexität möchten. Kompromisse scheinen an dieser Stelle schwieriger zu werden, je internationaler das Konsortium wird. Hofmann fürchtet, dass Finanzierungspartner häufiger nicht zusammenkommen werden, sollten die politischen Spannungen international noch weiter zunehmen. „Der regulatorische Druck wird für die Finanzierer dann so groß, dass sie das Geschäft lieber sausen lassen“, vermutet Hofmann. Mehr als früher dürfte es darum künftig auf den Konsortialführer ankommen, die Interessen von Kunden und Banken so auszutarieren, dass ein Kredit zu Stande kommt.

04/2023
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Philipp Habdank. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.


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