„Leichte Lösungen können zum Bumerang werden“

Hauke Burkhardt hilft Unternehmen beim Gang ins Ausland. Dabei stellt er fest: Oft entscheidet nur die richtige Organisation über den Erfolg

Interview: Stephan Schlote

„Leichte Lösungen können zum Bumerang werden“

Hauke Burkhardt leitet bei der Deutschen Bank den Bereich Global Cash Lending FOTO: JESSICA SCHÄFER

Die Internationalisierung hat die vielen deutschen Hidden Champions groß gemacht. Jetzt sieht es plötzlich so aus, als wäre dieser Erfolg gefährdet. Die Sorge um drohende Handelskriege, Strafzölle und Regulierungen ist in den Kundengesprächen mit Hauke Burkhardt ständiges Thema. Doch der Finanzierungsexperte bleibt gelassen.

Herr Burkhardt, haben wir die besten Zeiten der Globalisierung schon wieder hinter uns?
Das glaube ich nicht. Der deutsche Mittelstand wird sicher auch in Zukunft international erfolgreich sein. Aber wir sehen natürlich, dass die Zeiten insgesamt komplexer geworden sind. Lokale Regularien nehmen deutlich zu, die vormals EU-freundlichen USA werden zunehmend unberechenbarer, der russische Markt ist mit Sanktionen belegt. Die Volatilität wächst, sogar gegenüber vormals als stabil eingestuften Ländern. Und in Asien ändern die Regierungen ständig ihre Spielregeln für die Finanzmärkte.

Wie sollten Unternehmen mit dieser Situation umgehen?
Im Auslandsgeschäft haben wir es ja vor allem mit folgenden Risiken zu tun: Zinsänderungen, Währungsschwankungen, neue Finanzmarkt-Regularien, höhere Steuern, Liquiditätsengpässe der Auslandstochter und das Risiko, Ihr einmal investiertes Geld nicht wieder zurück in die Heimat zu bekommen. Wenn Unternehmer das alles richtig einschätzen, sind sie schon sehr weit. Nur sprechen wir hier von sehr volatilen Größen. In vielen Schwellenländern etwa kann die Währung mal eben so um zehn Prozent abwerten. Das heißt, es öffnen und schließen sich ständig die berühmten „windows of opportunity“. Damit sind wir schon mitten im Beratungsgespräch. Denn neue Risiken oder Chancen zu bewerten und in Lösungen umzusetzen, das ist ja unser tägliches Geschäft.

Besitzt ein international aufgestellter Mittelständler nicht genügend eigene Expertise, um mit derartigen Wechselfällen umgehen zu können?
Unsere Kunden verfügen typischerweise über ein sehr hohes landespezifisches Know-how. Dennoch verändern sich gerade in Asien regulatorische Änderungen häufig, und nicht immer ist die Auswirkung einer unternehmerischen Entscheidung auf die Finanzierung sofort deutlich. Wir verstehen uns als Partner unserer Kunden vor Ort und teilen gern unsere Erfahrung im Rahmen eines strategischen Finanzierungsdialogs.

Gerade bei der Internationalisierung ist oft unklar, wie viel finanzielle Autonomie die lokale Gesellschaft vor Ort bekommen soll. Gibt es da einen goldenen Weg?
Eher nicht. Jedes international aufgestellte Unternehmen steht in einem Spagat zwischen zentral und lokal. Wie weit man das dehnt, hängt sehr stark an der jeweiligen Unternehmenskultur. Französische Unternehmen werden eher zentral geführt, im deutschen Mittelstand führen einige sehr zentral, andere managen komplett dezentral. Ich persönlich halte lokale Expertise für unverzichtbar.

Lokale Finanzierung ist in mehr als 30 Ländern möglich

Länderrisiken im Überblick

Der Kreditversicherer Euler Hermes bewertet regelmäßig, wie hoch das Risiko der Nichtzahlung eines Unternehmens in einem bestimmten Land ist.

Länderrisiken im Überblick

QUELLE: EULER HERMES

"Cash-Pooling kann die Effizienz massiv erhöhen"

Zu viel Alleingang geht aber auch nicht, schließlich muss die lokale Finanzierung ins große Ganze des Unternehmens passen.
Auf alle Fälle. Jede internationale Finanzierungsentscheidung der Tochter ist untrennbar verbunden mit der globalen Wachstumsstrategie der Mutter. Themen der Finanzstruktur können deshalb nur zentral beantwortet werden. Oder wenn es um die Frage einer eigenkapital­gestützten Finanzierung der Auslandstochter geht, wollen Sie hier ja wissen, wann und wie Sie Ihr Geld auch wieder aus dem Land herausbekommen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Regularien ein Land setzt, je schwieriger es ist, das investierte Geld wieder herauszubekommen, desto eher müssen Sie lokal entscheiden und finanzieren. Hinzu kommen noch nationale Steuergesetze, schwankende Währungen und Zinsen. Das ist dann ein anspruchsvoller Themenmix.

Nicht ganz einfach, da den Überblick zu ­behalten. Als gutes Steuerungs­instrument hat sich ja ein zentrales Cash Pooling ­bewährt. Klappt das denn bei all diesen Hürden?
Cash Pooling macht absolut Sinn. Es erhöht massiv die Effizienz der zuvor auf viele Länder und Konten verstreuten Liquidität. Nur lassen sich eben nicht alle Gelder weltweit einmal täglich auf ein Konto ziehen. Das geht schon rein technisch nicht, weil Sie es mit verschiedenen Währungen und Zeitzonen zu tun haben. Was aber geht, ist ein regio­nales Pooling. Das heißt, Sie bündeln Ihre Liquidität in der jeweiligen Region. Wenn es jedoch nur um die Frage der Übersicht geht, sind die meisten Unternehmen mit einem global vernetzten Electronic Banking eigentlich schon gut versorgt.

Muss man sich so viele Gedanken machen? Ein finanziell starkes deutsches Familien­unternehmen kann doch der Auslandstochter jederzeit ein Intercompany-Darlehen gewähren, am besten noch in Euro. Die Mutter nutzt die günstige heimische Währungssicherung, und die Tochter profitiert von den Kreditkonditionen der Mutter.
Das klingt auf den ersten Blick verführerisch. Und kann Ihnen später furchtbar auf die Füße fallen, wenn Sie nicht alle Fallstricke berücksichtigen. Wir hatten so einen Fall mal in China: Die deutsche Muttergesellschaft wollte nach zwei Jahren die intern gewährte Finanzierung verlängern. Ging nur nicht, weil sich die Regeln geändert hatten. Das Unternehmen hatte die Grenze für Intercompany Loans ausgeschöpft, ohne das zu wissen. So kommen scheinbar leichte Lösungen plötzlich wie ein Bumerang zurück. Kurz: Man sollte prüfen, ob eine lokale Finanzierung über die eigene deutsche Hausbank am Ende nicht sinnvoller ist. Denn auch preislich muss das kein Nachteil sein.

China ist ohnehin einer der kompliziertesten Märkte für internationale Investoren, oder?
Leider ja. Im vergangenen Jahr hat die Regierung kurz­fristig die Heimholung investierter Gelder massiv erschwert. Um die eigene Währung zu stützen, sollte weniger Geld außer Landes fließen. Zudem gibt es dort ziemlich strenge Eigenkapitalvorschriften. Deshalb muss das Investment immer mit ausreichend Eigenmitteln hinterlegt werden. Unser Chinatipp: Schieben Sie nicht mehr Geld von außen rein als nötig. Sie bekommen es vielleicht nur mühevoll mit zusätzlichen Kosten zurück. Auch deshalb kann ein lokaler Kredit sinnvoller sein als ein Intercompany-Darlehen.

Kommt die Auslandstochter denn grund­sätzlich schwerer und teurer an Kredite als die Mutter mit ihrem guten Rating?
Nicht unbedingt. Die Auslandstochter kann etwa von den „Umbrella Facilities“ der Mutter profitieren. Das ist eine generelle Kreditlinie für das Auslandsengagement der Muttergesellschaft, die diese weltweit flexibel einsetzen kann. Und natürlich finanzieren wir in weltweit mehr als 30 Ländern jede Auslandstochter eines Kunden der ­Deutschen Bank auch direkt vor Ort. Das machen wir sogar mittelfristig über fünf Jahre. Eine solche Zusage ist nicht selbstverständlich im Markt. Wir aber geben sie.

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results. Das Unternehmer-Magazin der Deutschen Bank 3-2018