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Nachhaltigkeit ganz praktisch: Unternehmen arbeiten sehr unterschiedlich an der Umsetzung von Umweltschutz. Drei Beispiele zeigen, welche Ratio, welcher Aufwand und welche Finanzierung dahinterstehen.

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Elektromobilität steht sinnbildlich für Nachhaltigkeit. Doch Unternehmen finden ganz unterschiedliche geschäftliche Ansätze, um die Umwelt zu schützen. Bild: adobe stock

Liwood: Nachhaltig bauen

Nachhaltigkeit ist bei dem bayerischen Holzmodulbauspezialisten Liwood Teil der Unternehmens-DNA. Das liegt nicht nur an der Verwendung des nachwachsenden Baustoffs Holz, sondern auch an der Spezialisierung unter anderem auf Aufstockungen. Damit hilft Liwood, Baubestand nachzuverdichten, statt durch Neubauten Fläche zu versiegeln. Außerdem setzt das Unternehmen nahe der Baustelle seine „Feldfabrik“ ein, eine temporäre Fertigungshalle. Liwood-Gründer und Vorstand Christian Czerny ist stolz darauf, mit diesem Konzept Transportwege und damit CO2-Emissionen einzusparen. Weil Czerny außerdem auf Verbundstoffe verzichtet, ist das spätere Recycling deutlich effizienter als beispielsweise bei Beton, der zerkleinert und entsorgt werden muss. Gipsbauplatten werden verschraubt statt geklebt, und wo geklebt werden muss, geschieht das ohne Formaldehyd. Die Hölzer selbst werden nicht chemisch behandelt, sondern lediglich thermisch getrocknet. Für Czerny liegen die Vorteile „seines“ Baustoffs auf der Hand: „Der Energieaufwand für die Zementherstellung ist enorm, Beton bekommen Sie nicht ordentlich getrennt, und Ziegelsteine haben eine ähnlich schlechte CO2-Bilanz wie Beton – 1,5 Tonnen CO2-Emission pro Tonne. Eine Tonne Holz hingegen speichert sogar 1,5 Tonnen Kohlenstoff. Mit einer Tonne Beton können Sie 2 Quadratmeter Konstruktionsfläche herstellen, mit einer Tonne Holz hingegen 17 Quadratmeter.“

Czerny will auch im Kleinen zur Nachhaltigkeit beitragen: „Wir haben auf Bahnfahrten umgestellt, statt Einweg gibt es bei uns Porzellantassen und eigenes Geschirr, wenn Mitarbeiter Essen und Getränke zum Mitnehmen bestellt haben.“ Ob Kunden die Nachhaltigkeitsargumente überzeugen oder eher die Vorteile des flexiblen, schnellen Aufstockens, weiß Czerny letztlich nicht. Erst 2 Prozent beträgt der Holzbauanteil beim Bau, abgesehen von Einfamilienhäusern, wo der Anteil bei immer noch kleinen 17 Prozent liegt. Doch inzwischen wächst Liwood stark, in den kommenden vier Jahren ist eine Verdreifachung des Umsatzes von derzeit 50 Millionen Euro geplant. Das Wachstum finanziert Czerny „klassisch“, mit Bankdarlehen und Betriebsmittellinie.

Feldfabrik

In der Feldfabrik produziert Liwood vor Ort: So sind die Holzmodule schnell beim Kunden. Das spart auch Transportaufwand. Foto: picture alliance/dpa

Faller Packaging: Innenleben aus Karton

Die auf Pharmaverpackungen spezialisierte Faller Packaging setzt voll auf nachwachsende Rohstoffe: Alle ihre Produkte sind aus Papier und Karton. Für die Sekundärverpackung von Arzneimitteln ist dieses Verpackungsmaterial lang akzeptierter Standard. Doch die Waldkircher möchten auch das „Innenleben“ mancher Pharmaverpackung, das heute noch oft aus Kunststoff besteht, durch Karton ersetzen. „Uns ist klar, dass wir die Blister nicht kompensieren können, aber Halterungen, Fächer und Ähnliches können wir schon seit den Neunzigern adäquat ersetzen“, berichtet Geschäftsführer Michael Faller. „Wir erleben, dass in den vergangenen Jahren das Interesse an Karton statt Plastik zunimmt.“ Weil sich Faller schon früh auf die kundenindividuelle Entwicklung und Umsetzung solcher Sonderkonstruktionen spezialisiert hat, waren keine neuen Investitionen oder größeren Umstellungen im Unternehmen notwendig.

Doch trotz zunehmendem Interesse wächst das Segment zwar stetig, aber nur langsam. Das liegt vor allem daran, dass die Kunden aus der Pharmaindustrie ihre Abpackmaschinen anpassen müssten. Dafür müssen sie im besten Fall ihre Maschinen aufwendig neu einstellen, manchmal aber ganz neue Maschinen anschaffen. Da anders als beispielsweise im Lebensmittelbereich die Endkunden selten ihre verschreibungspflichtigen Medikamente selbst auswählen, ist der Verbraucherdruck im Pharmabereich nicht so stark. Darum wird oft gewartet, bis Ersatzinvestitionen anstehen, weiß Michael Faller. Um die Umstellung auf Karton zu erleichtern, arbeitet Faller eng mit dem Unternehmen Syntegon zusammen – das baut die Maschinen, die die Pharmahersteller für das Einführen des Arzneimittels in Verpackungen benötigen.

Faller braucht Geduld, bis auch im Innenleben öfter Karton verwendet wird. Michael Faller hat aber noch mehr vor – und weiß, dass er da ebenfalls viel Geduld brauchen wird: Gern würde er mehr ressourcenschonenden Recyclingkarton verwenden. Doch der verursacht mehr Staub. „Und Staub mag aus Hygienegründen kein Pharmazeut.“

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Außen wie innen möglichst viel Kartonanteil. Davon profitieren die Umwelt und Faller Packaging. Foto: Faller Packaging/Britt Schilling

iAccess: Gewerbeparks mit Solarstrom

Die deutsche Solarenergiebranche hat wechselhafte Zeiten hinter sich. Das Freiburger Unternehmen iAccess Energy entwickelt, konstruiert und finanziert Fotovoltaikkraftwerke, unter anderem in Europa, Ostasien und Australien. Nun sollen Industrieparks in Deutschland mit Solarstrom versorgt werden. Dabei geht es nicht darum, eigene Dachflächen der Kunden zu nutzen, sondern auf unerschlossenen und externen Grundstücken Anlagen selbst zu entwickeln. Der Vorteil, betont iAccess-Manager Daniel Ohletz, seien günstigere Energiekosten bei zugleich besserer Klimabilanz. iAccess bringt nicht nur Know-how und Finanzierung mit, sondern auch eine Batterie-Systemtechnologie, durch die sich die Batterien als zuverlässiger, langjähriger Energiespeicher nutzen lassen.

Ziel ist nicht, den Industriekunden komplett vom bestehenden Netz abzukoppeln, sondern 30 bis 40 Prozent des Stromverbrauchs zu substituieren. „Das verbessert auch die Versorgungssicherheit, weil Stromausfälle von bis zu drei Stunden oder Netzschwankungen kompensiert werden können“, erklärt Ohletz. Außerdem können Lastspitzen beim Kunden abgefedert werden. Fördergelder benötigt iAccess für die Umsetzung dieser Projekte nicht. „Solarenergie ist inzwischen so günstig in der Erzeugung vor Ort, dass wir mit anderen Stromquellen mithalten können.“ Bis Ende 2021 wollen die Freiburger an mindestens fünf Standorten Referenzen schaffen. „Wir machen hier jeweils nichts wirklich Neues – nur die Art und die Kombination hat es so noch nicht gegeben“, sagt Ohletz. Die Knackpunkte sind juristische Themen – und die Refinanzierung; mit einer entsprechenden Bankfinanzierung soll das neue Geschäftsmodell rasch skaliert und auf andere Märkte übertragen werden.

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Solarpaneele nicht nur auf dem freien Feld, sondern auch auf ungenutzten Grundstücken gleich am oder im Gewerbepark – das ist der Plan von iAccess. Foto: picture alliance/ZB/euroluftbild.de

04/2021
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.