Der Stromspeicher-Boom

2024 wurden fast 600.000 neue stationäre Batteriespeicher in Deutschland installiert. Damit wuchs die Kapazität um 50 Prozent. Und das ist wohl erst der Anfang. Profitieren auch deutsche Unternehmen vom Wachstum?

Batteriespeicher sind eine immer günstigere Möglichkeit, die Schwankungen aus PV- oder Windkraft-Anlagen abzufedern. Foto: picture alliance / dpa

Eine solche Preisentwicklung ist selten geworden: In den vergangenen 15 Jahren ist der Preis für Batteriespeicher um bis zu 95 Prozent gefallen. Kostete eine Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität 2010 noch rund 6.000 Euro, waren es fünf Jahre später nur noch 1.900 Euro. Inzwischen sind 350 Euro je kWh keine Seltenheit. Ein Heimspeicher mit 10 kWh Kapazität kann bereits für 3.300 EUR erworben werden, aber auch etwa 1.000 Euro je kWh sind je nach Hersteller und Ausstattung gut möglich. Bei größeren Speichern ab 50 kWh Ladekapazität liegen die kWh-Preise noch deutlich niedriger. Der Grund für diese Entwicklung ist eine Aufwärtsspirale: Die steigende Nachfrage angesichts des Ausbaus von erneuerbaren Energien hat zum Aufbau großer Produktionskapazitäten in Asien mit entsprechenden Skaleneffekten geführt. Dadurch sinken die Preise, was wiederum die Nachfrage nach Batteriespeichern sowohl von Privathaushalten als auch von kommerziellen Nutzern stärkt. Allein 2024 wuchs die installierte Speicherleistung in Deutschland um 50 Prozent, zum Jahreswechsel 2024/25 waren mehr als 1,8 Millionen Speicher in Betrieb.

„Durch die gesunkenen Kosten rechnen sich Investitionen in Batteriespeicher auch ohne Subventionen. “

Eric Heymann von Deutsche Bank Research

Der Großteil der installierten Kapazität von 19 Gigawattstunden (GWh) entfällt auf Heimspeicher, doch die Speicherkapazität aus Großbatterien nimmt zu. Rund 100 neue Großspeicher gingen 2024 ans Netz, in diesem Jahr sind es schon über 70. Die Betreiber wollen von starken Preisschwankungen im Strommarkt profitieren: Gibt es wegen sehr hoher Erzeugung aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen einen niedrigen oder gar negativen Strompreis, speichern sie diesen Strom und verkaufen ihn später bei einem geringeren Angebot aus erneuerbaren Energien. Eric Heymann von Deutsche Bank Research betont: „Durch die gesunkenen Kosten rechnen sich Investitionen in Batteriespeicher auch ohne Subventionen.“

Noch können die Speicher allerdings erst den Tagesstrombedarf von gut 2 Millionen Privathaushalten decken. Doch allein für Großspeicher erwartet die Bundesnetzagentur einen Ausbau auf bis zu 187,5 GWh bis 2045 – das wären 85 mal so viel Kapazität wie Ende 2024. Deutschland ist bereits der größte Batteriespeichermarkt in Europa. Doch können auch deutsche Hersteller profitieren, oder beherrschen – wie bei der Photovoltaik – Chinesen den Markt?

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Die Zellproduktion, Kern jedes Batteriespeichers, liegt eindeutig in ostasiatischen Händen. Auf CATL (China) mit rund 34 Prozent Weltmarktanteil folgen mit LG, BYD, Panasonic, SK und Samsung vor allem südkoreanische, japanische und weitere chinesische Hersteller. Asiatische Anbieter stellen mehr als 80 Prozent der weltweiten Lithium-Ionen-Kapazitäten her. Eric Heymann: „Die dortigen Größenvorteile in der Produktion haben entscheidend zum Preisverfall beigetragen.“ Deutsche oder europäische Hersteller spielen in dem Segment keine signifikante Rolle. Zwar soll auch in Europa eine Zellproduktion in sogenannten Gigafactories aufgebaut werden. Doch nicht überall läuft es so gut wie bei CATL in Thüringen, wo die Kapazitäten weiter ausgebaut werden sollen. Die noch insolvente Northvolt und die Entwicklung von Tesla in Grünheide zeigen, wie schwer sich nichtasiatische Hersteller teilweise in Europa tun. Auf absehbare Zeit werden Innovationen und das Gros der Batteriezellen nicht zuletzt dank des Zugangs zu Schlüsselrohstoffen und günstigen Energiepreisen in China aus Ostasien kommen.

Mehr als nur Batteriezellen

Doch die Speicher benötigen mehr als nur Zellen, sie müssen in Systeme integriert und per Software gesteuert werden. Hier haben sich verschiedene deutsche Unternehmen spezialisiert wie sonnen, Varta und Solarwatt. Sie konkurrieren allerdings auch hier mit bekannten Namen wie Tesla, BYD und Huawei. Im Heimspeichersegment liegen nach sonnen und BYD mit je rund 20 Prozent Marktanteil SENEC und E3/DC aus Deutschland vorne.

Deutsche Hersteller positionieren sich als Qualitätsanbieter, auf die Kunden nach negativen Berichten über unsichere Batteriespeicher vertrauen könnten. Allerdings hat das Qualitätsversprechen, da die Zellen in Ostasien hergestellt und qualitätsgeprüft werden, seine Grenzen. Doch deutsche Hersteller bieten auch innovative Steuerungskonzepte und die Integration in Smart-Home-Systeme an, mit denen Geräte wie Wärmepumpen und Wallboxen direkt angesteuert werden können. Einige Anbieter versuchen, sich mit nachhaltiger Produktion und dem Einsatz recycelbarer Materialien abzusetzen. Wichtigster Unterschied zur ausländischen Konkurrenz ist aber wohl der umfassende technische Support in Deutschland, den günstigere asiatische Anbieter selten leisten können.

Auch das Angebot von virtuellen Stromgemeinschaften wie die sonnenCommunityx oder SENEC.Cloud spricht für manchen deutschen Hersteller. Bei SENEC beispielsweise erhalten die Kunden eine Gutschrift für überschüssige Energie, die von ihrer Haus-Photovoltaikanlage produziert, aber nicht verbraucht und auch nicht gespeichert werden konnte, weil der Speicher voll war. Diese Gutschrift können sie in sonnenärmeren Zeiten einlösen.

Stromspeicher für Unternehmen

Auch im produzierenden Gewerbe halten stationäre Batteriespeicher Einzug. Die Unternehmen können damit teure Lastspitzen kappen und Schwankungen im Strompreis nutzen. Erste Praxiserfahrungen zeigen, dass sich die Speicher-Investitionen bereits in vier bis acht Jahren amortisieren können – in Einzelfällen sogar deutlich schneller.

Lastspitzen deckeln: Insbesondere bei sogenannten RLM-Kunden (registrierende Lastmessung) wird nicht nur der Energieverbrauch in Kilowattstunde (kWh), sondern auch die höchste abgerufene Leistung in Kilowatt (kW) in einem Abrechnungszeitraum abgerechnet. Das bedeutet, dass schon eine einzige kurze Lastspitze im Messzeitraum erhebliche Zusatzkosten bedeutet, wenn sie über dem Normalniveau liegt. Dabei sind die Stromverbrauchskosten selbst noch nicht enthalten. Diese Leistungspreise können zwischen 30 und 70 Prozent der Stromrechnung bei Großverbrauchern ausmachen.

Der Lastspitze wirkt „Peak Shaving“ entgegen: Dabei entlädt sich der Batteriespeicher automatisch, sobald der Stromverbrauch einen definierten Schwellenwert überschreitet. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Zusatzleistung aus dem Netz kommen muss; die Maximalleistung aus dem Netz wird gedeckelt. In Zeiten geringerer Last kann dann die Batterie wieder geladen werden. Netzbetreiber honorieren gleichmäßige Lastprofile von Betrieben mit niedrigeren Netzentgelten.

Strompreisarbitrage: Zusätzlich zum Peak Shaving können Kunden mit „Time-of-Use-Tarifen“ Preisschwankungen mithilfe von Batteriespeichern zur Arbitrage nutzen. So können die Speicher Strom an die Produktion abgeben, wenn der Netzpreis hoch ist. Bei geringerer Nachfrage wie beispielsweise im Winter nachts wird eingespeichert.

Ein Batteriespeicher könnte auch helfen, einen kostspieligen Netzausbau zu vermeiden. So können Unternehmen ihre Produktion hochfahren, ohne schnell an Anschlusskapazitätsgrenzen zu stoßen.

Wenige heimische Spezialisten für Großspeicher

Das Großspeicherangebot wird ebenfalls von Ostasiaten dominiert. Liegen Projektierung und Umsetzung der Großspeicher in Deutschland meist in heimischer Hand, geht bei der Hardware fast kein Weg an China vorbei. Selbst Tesla, mit seinen „Megapack“-Containern einer der größten Batteriespeicher-Systemlieferanten weltweit, setzt auf zugekaufte Zellen aus Ostasien.

Dennoch gibt es auch hier heimische Anbieter wie Fluence, ein Joint Venture von Siemens und der US-amerikanischen AES. Fluence zählt zum Kreis der Weltmarktführer für schlüsselfertige Großspeicher (auf Basis u.a. von CATL-Zellen). Tesvolt, ein mittelständischer Spezialist für industrielle und gewerbliche Batteriespeicher, gilt wiederum als europäischer Technologieführer in diesem Marktsegment. Einen Technologierückstand gibt es nicht, da die deutschen Speicherspezialisten auf asiatische Zellen zugreifen. Allerdings kommen die Innovationen in den Zellformaten aus Ostasien, den Deutschen bleibt meist nur die Innovation bei der Systemsteuerung sowie die Fokussierung auf Nischen und Spezialanwendungen.

Dabei wird die Wettbewerbssituation nicht einfacher. Bei dem sensiblen Thema Notfallschutz (Abschaltung, Brandschutz) sind alle seriösen Hersteller inzwischen auf einem vergleichbaren Niveau. Und selbst bei der Anpassung an lokale Anforderungen wie Netzanschlussrichtlinien und Sicherheitsnormen holen asiatische Anbieter auf.

Sinken die Preise für Batteriespeicher weiter?

Der wachsende Markt dürfte auch in den kommenden Jahren noch ausreichend Raum für deutsche wie internationale Anbieter lassen. Allerdings wird längst nicht jeder beantragte Großspeicher aufgrund begrenzter passender Flächen und lokaler Netzkapazität gebaut, und auch der Arbitragevorteil dürfte mit wachsender Speicherkapazität sinken. Zudem ist noch unklar, welche Rolle einmal die wachsende Anzahl von Elektroautos spielen wird, deren Batterien ebenfalls als Speicher dienen können (Stichwort: Vehicle to Grid); bislang ist diese Möglichkeit in Deutschland zwar bei immer mehr E-Autos technisch möglich, aber noch nicht erlaubt. Allerdings soll das bald ermöglicht werden, geht es nach dem Willen der Bundesnetzagentur.Mit dem weiteren Ausbau der schwankungsanfälligen erneuerbaren Energien wird der Stabilisierung des Stromnetzes eine wachsende Bedeutung zukommen. Eric Heymann von Deutsche Bank Research sieht dabei nicht nur für den Speicherbesitzer Vorteile: „Batteriespeicher – ob im heimischen Keller, im Elektroauto oder als Großspeicher – helfen, die Systemkosten der Energiewende zu reduzieren. Künftig wird der Stromverbraucher stärker zum eigenen Erzeuger, zum Prosumenten. Dadurch wird die Nachfrage flexibilisiert und es dürften Kosten beim Netzausbau und beim Aufbau von Reservekapazitäten eingespart werden.“ Der Boom der Batteriespeicher hat erst begonnen. Auf einen ähnlichen Preisverfall wie in der Vergangenheit sollte dabei allerdings nicht gesetzt werden; für die kommenden Jahre erwarten Experten kaum noch Raum für weitere deutliche Preissenkungen.

10/2025
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.

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