Restrukturierung finanzieren: Standard und Alternativen für Familienunternehmen

Familienunternehmen kämpfen seit Jahren mit Krise um Krise. Das führt immer öfter in die Restrukturierung. Diese muss finanziert werden. Wer unterstützt und welche Optionen es gibt.

Sale-and-Lease-Back kann eine Finanzierungsalternative sein: Alte Maschinen werden an eine Leasinggesellschaft verkauft, aber direkt zurückgeleast – und die neue Maschine über ein Finanzierungsleasing angeschafft. Der laufende Betrieb wird nicht unterbrochen und es braucht keine große Anfangsinvestition. Foto: Adobe Stock

Sale-and-Lease-Back kann eine Finanzierungsalternative sein: Alte Maschinen werden an eine Leasinggesellschaft verkauft, aber direkt zurückgeleast – und die neue Maschine über ein Finanzierungsleasing angeschafft. Der laufende Betrieb wird nicht unterbrochen und es braucht keine große Anfangsinvestition. Foto: Adobe Stock

Seit 2021 haben Insolvenzen in Deutschland stark zugenommen: von 13.993 auf 21.812 Fälle 2024. Das ergeben Zahlen von Destatis. Auch Restrukturierungen werden häufiger, Experten erwarten einen weiteren Anstieg der Fälle für dieses Jahr. Verantwortlich sind die Effekte der Krisen der letzten Jahre – wir sparen uns die Aufzählung hier – ebenso wie der grundlegende Transformationsdruck der Unternehmen aufgrund von Fachkräftemangel oder Digitalisierung. Dazu kommt das Ende der Nullzinsära, auf das Unternehmen nicht immer ausreichend vorbereitet waren: Zu viele haben Schulden aufgehäuft, deren Zinskosten sie nun nicht mehr erwirtschaften können.

Carsten Angerer, der bei der Deutschen Bank die Kundenseite der Sanierung in Deutschland leitet, spricht von einem Stapelkrisenumfeld, unter dem heute beinahe alle Firmen leiden. „Es ist bemerkenswert, dass wir inzwischen in allen Branchen und Größen Restrukturierungen sehen“, erklärt der Experte.

In diesem Umfeld die eigene Restrukturierung erfolgreich zu finanzieren, ist nicht einfach. Natürlich, das betont Angerer, sei man bereit, Kunden auch in schwierigen Situationen zu unterstützen. „Wir begleiten auch dann, wenn es holprig wird“, bekräftigt der Sanierungsfachmann.

Prozesse dauern länger

Fakt ist aber auch, dass die Prozesse deutlich länger dauern. Wo früher drei Jahre für eine Restrukturierung veranschlagt wurden, seien es jetzt eher fünf, berichtet Angerer. „Die Rahmenbedingungen ändern sich schneller und dynamisch im laufenden Prozess“, ergänzt Stefan Blumenstein, global bei der Deutschen Bank für die Sanierung verantwortlich. „Das heißt für uns, Pakete müssen wieder aufgeschnürt und bei den Gutachten muss nachgeschärft werden – dieser Mehraufwand kostet Zeit.“ Und Geld.

„Wir begleiten auch dann, wenn es holprig wird.“

Carsten Angerer, Deutsche Bank

... mich für den monatlichen Newsletter registrieren.

Spannende Informationen und relevante Themen aus der Wirtschaft und Finanzwelt in kompakter Form für Ihren unternehmerischen Alltag und für Ihre strategischen Entscheidungen.

Wir machen Wirtschaftsthemen zu einem Erlebnis.

Und natürlich wird bei der Kreditvergabe im aktuellen Umfeld auch genauer hingesehen und selektiv finanziert. Entscheidende Fragen sind, in welcher Branche das Unternehmen tätig und wie hoch der Leverage ist, wie viel Eigenkapital zur Verfügung steht, wie stark das Management in den Bereichen Kommunikation und Reporting agiert und welche weiteren Sicherheiten bestehen. „Die Restrukturierung muss grundsätzlich erfolgversprechend und von einem soliden Sanierungsgutachten begleitet sein“, erläutert Angerer. „Außerdem erwarten wir Engagement und Transparenz der Gesellschafter – bevor wir über Fremdkapital sprechen, schauen wir auf die Eigenkapitalseite.“

Von dieser selektiven Kreditvergabe sind laut Markus Paffenholz, der bei Baker Tilly das Debt Advisory leitet, beinahe alle klassischen Finanzierungsinstrumente betroffen: Bankkredite, Schuldscheindarlehen, MidCap-Bonds. Auch Angerer macht noch einmal klar, dass selbst bei grundlegend ausgewogener Situation frisches Geld nur bei passender Absicherung und mit entsprechendem Rang fließt.

Banken haben strengere Vergabekriterien etabliert, sind aber weiterhin die wichtigsten Partner in der Sanierung, das unterstreichen die Experten. „Primär finanzieren Banken die Restrukturierung“, betont Angerer. Konsortialkredite mit mehreren Instituten und einem großen Haus in der Führungsrolle sind noch immer Standard.

„Primär finanzieren Banken die Restrukturierung.“

Carsten Angerer, Deutsche Bank

Unternehmen, die aufgrund der selektiveren Kreditvergabe der Banken nicht mehr allein mit deren Fremdkapital die Restrukturierung finanzieren können, sind allerdings auf Alternativen angewiesen. Bei der Deutschen Bank, das erklären die Sanierungsexperten, sei man offen für Partner, die dem Restrukturierungserfolg Priorität geben und nicht nur die eigene Renditeerwartung im Blick haben.

Ergänzungen zur Hausbankfinanzierung

Auf Krisensituationen spezialisierte Debt Fonds können eine Alternative sein. Laut Paffenholz von Baker Tilly stellen diese allerdings häufig ähnliche Anforderungen wie Banken. Außerdem erwarten die Fonds deutlich höhere Renditen, Zinssätze von 8 Prozent sind bereits für gut laufende Unternehmen die Regel, bei Restrukturierungen ist mit zweistelligen Zinssätzen zu rechnen. Dazu kommen strengere Covenants und eine größere Erwartungshaltung bezüglich Kontrolle und Mitspracherechten. Auch passt das Renditeziel mit klarer Laufzeit nicht immer zur langfristigen Ausrichtung von Familienunternehmen. Da Debt Funds keine revolvierenden Kreditlinien bereitstellen können, ist häufiger auch ein Zusammenspiel mit der Bank zu beobachten. In besonderen Situationen bleibt das Instrument der Landes-Bürgschaft eine weitere Möglichkeit.

Sinnvolle Alternativen sind asset-basierte Finanzierungsbausteine wie Leasing oder Factoring.

Grafik: Entwicklung der Factoring-Quote in Prozent (2015-2024)

Leasing & Factoring

Leasing:
Leasing ist als Beimischung interessant. Befindet sich beispielsweise ein mittelständischer Metallverarbeitungsbetrieb mit veraltetem Maschinenpark in der Restrukturierung, schränken die alten Geräte die Produktivität ein und verhindern vielleicht sogar neue Aufträge. Wenn dann die Kreditlinie bei der Hausbank bereits in der Sanierung gebunden und kein Eigenkapital mehr verfügbar ist, bietet sich beispielsweise eine Sale-and-Lease-Back-Lösung an. Alte Maschinen werden an eine Leasinggesellschaft verkauft, aber direkt zurückgeleast – und die neue Maschine über ein Finanzierungsleasing angeschafft. Der laufende Betrieb wird nicht unterbrochen und es braucht keine große Anfangsinvestition.

Factoring:
Factoring ist ebenfalls häufig ein sinnvoller Finanzierungsbaustein. Die Alternative wird zunehmend genutzt – lag die Factoring-Quote in Deutschland 2015 noch bei knapp sieben Prozent, sind es 2024 bereits mehr als neun Prozent. Innerhalb kurzer Zeit fließt dem Unternehmen durch den Forderungsverkauf Liquidität zu. Außerdem ist Factoring eben keine Kreditaufnahme, sondern der Verkauf offener Posten – damit optimiert es den Cashflow, indirekt die Eigenkapitalquote und damit auch die Kreditwürdigkeit.

„Neben der strategischen Liquiditätssicherung verbessert Factoring bestimmte Bilanzkennzahlen, das ist in der Sanierung sehr wertvoll“, erklärt Erkan Oerenbas, der bei der Deutsche Bank-Tochter PB Factoring die Sanierung & Kundenrevision verantwortet.

Weitere Alternativen sind öffentliche Fördermittel oder Mezzanine-Kapital.

Öffentliche Fördermittel & Mezzanine

Öffentliche Fördermittel:
Auch öffentliche Fördermittel können in der Restrukturierung zur Stabilisierung beitragen – als zinsgünstige Kredite, die über Bürgschaften abgesichert sind. Öffentliche Mittel sind in der Regel nachrangig, das verbessert das Rating der Banken und anderer vorrangiger Geldgeber.

Mezzanine:
Das gilt auch für Mezzanine-Kapital wie Nachrangdarlehen oder stille Beteiligungen. Diese Mischform aus Eigen- und Fremdkapital ist dann eine sinnvolle Ergänzung der Finanzierung, wenn die für Eigenkapital typische höhere Risikobereitschaft nötig ist, aber zeitgleich externe Investoren mit Mitspracherecht vermieden werden sollen.

In der Restrukturierung eine Finanzierung zu strukturieren ist nicht einfach – je früher der Unternehmer sich mit dem Thema auseinandersetzt, desto besser. „Wir erwarten frühzeitig einen offenen Dialog und Transparenz“, betont Carsten Angerer. Außerdem gilt: Jeder Prozess ist anders, jedes Unternehmen bringt individuelle Probleme und Chancen mit sich – eine Finanzierungslösung von der Stange kann es nicht geben. Banken spielen noch immer die Führungsrolle, haben ihre Vergaberichtlinien aber angepasst und sind deutlich selektiver. Umso wichtiger ist es, alternative Bausteine mitzudenken und sich für Lösungen wie Leasing, Factoring, öffentliche Mittel oder Mezzanine-Kapital zu öffnen.

07/2025
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Isabella-Alessa Bauer. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.

Das könnte Sie auch interessieren

Digitalisierung

Digitalisierung

Die Supermacht der Broligarchen

Einen großen Einfluss hatten US-Industrielle immer. Doch Techunternehmer wie Elon Musk können dank ihres Kapitals, ihrer politischen Gewalt und ihrer Technologien die globale Ökonomie nach ihren Vorstellungen formen. 

Einen großen Einfluss hatten US-Industrielle immer. Doch Techunternehmer wie Elon Musk können dank ihres Kapitals, ihrer politischen Gewalt und ihrer Technologien die globale Ökonomie nach ihren Vorstellungen formen. 

Finanzierung

Finanzierung

Gibt es die ideale Finanzierungsstruktur?

Unternehmen müssen in unvollkommenen Märkten Risiken austarieren. Die Frage nach der optimalen Kapitalstruktur entwickelt sich schnell zum Balanceakt zwischen drei Pfeilern: günstig, flexibel, sicher. Wie nähert man sich der idealen Finanzierung?

Unternehmen müssen in unvollkommenen Märkten Risiken austarieren. Die Frage nach der optimalen Kapitalstruktur entwickelt sich schnell zum Balanceakt zwischen drei Pfeilern: günstig, flexibel, sicher. Wie nähert man sich der idealen Finanzierung?

Geschäftsstrategie

Geschäftsstrategie

Sarna Röser: Influencerin des Mittelstands?

Sie ist designierte Nachfolgerin im Familienunternehmen, Aufsichtsrätin, Lobbyistin – und wird auf ihrer Homepage als Visionärin beschrieben. Zeit, sich Sarna Röser, ihre Haltung und Werte, genauer anzusehen.

Sie ist designierte Nachfolgerin im Familienunternehmen, Aufsichtsrätin, Lobbyistin – und wird auf ihrer Homepage als Visionärin beschrieben. Zeit, sich Sarna Röser, ihre Haltung und Werte, genauer anzusehen.