Sarna Röser: Influencerin des Mittelstands?

Sie ist designierte Nachfolgerin im Familienunternehmen, Aufsichtsrätin, Lobbyistin – und wird auf ihrer Homepage als Visionärin beschrieben. Zeit, sich Sarna Röser, ihre Haltung und Werte, genauer anzusehen.

Sarna Röser ist designierte Nachfolgerin im Familienunternehmen, Aufsichtsrätin und Lobbyistin. Foto: Sarna Röser

Fragt man Wikipedia nach der Bedeutung von 24/7, erfährt man: „Die Abkürzung bezeichnet die ständige Bereitschaft beziehungsweise Verfügbarkeit.“ Das klingt effizient, geht es um den Dauerbetrieb von Maschinen. Für Menschen aber ist 24/7 Erreichbarkeit eher kein erstrebenswerter Zustand – meint man. Dann spricht man mit Sarna Röser. „Ich habe viele Funktionen, natürlich hat meine Woche sieben Tage. Ich bin 24/7 mit meinen Projekten, Engagements und Aufgaben eingebunden, mache das aber mit voller Überzeugung und Leidenschaft“, erklärt die Unternehmerin und ergänzt: „Es braucht dafür nur die Klarheit, was man für sich selbst will.“

Beschäftigen wir uns mit eben diesen Projekten, Engagements und Aufgaben. Sarna Röser beschreibt sich auf ihrer Website als „Unternehmerin, Aufsichtsrätin, Beirätin und Bestsellerautorin“. Röser sitzt unter anderem im Beirat der Deutschen Bank und im Aufsichtsrat von Fielmann. Sie ist zudem ehemalige Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbandes „Die Jungen Unternehmer“, stellvertretende Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung und Mitglied des Kuratoriums der Konrad Adenauer Stiftung sowie des Deutschen Startup Verbands.

Im Juli 2023 hat sie ihr erstes Buch veröffentlicht, mit dem sie den Rang des SPIEGEL-Bestsellers erreichte. Außerdem ist die 37-Jährige designierte Nachfolgerin des 1923 gegründeten Familienunternehmens Zementrohr- und Betonwerke Karl Röser & Sohn. Mit der Familienbeteiligungsgesellschaft investiert sie unter anderem auch als Business Angel in Start-ups. In dieser Rolle war sie als Gast-Jurorin in der TV-Show, „Die Höhle der Löwen“ zu sehen. Ihr jüngstes Projekt ist die Initiative „Unternehmer in Bewegung“, dazu später mehr.

Die Liste ist lang. Inwiefern kann eine einzelne Person all diesen Anforderungen gerecht werden? Röser attestiert sich selbst eine passende Grundkonstitution. „Ich bin sicherlich sehr robust“, erklärt sie. „Unternehmertum braucht Resilienz und Durchhaltevermögen.“ Diese Charakterzüge konnte die Unternehmerin laut eigener Aussage früh ausbilden. Sie habe eine gewisse Lebenseinstellung vorgelebt bekommen, vor allem von ihrer Großmutter und Mutter, die Röser beide als starke Frauen beschreibt. Sowohl im Privaten als auch im Unternehmen sei Mut zu Entscheidung und Risiko von Klein auf gelernt worden. „Ich habe Haltung entwickeln dürfen. Wir durften uns trauen, unbequem zu sein und mussten es nicht immer allen recht machen.“

„Unternehmertum braucht Resilienz und Durchhaltevermögen.“

Sarna Röser

Als designierte Nachfolgerin in der männerdominierten Branche Tiefbau schätzt Röser diese Erziehung als wichtiges Attribut. „Ich trete als junge Frau durchaus selbstbewusst auf, aber ohne arrogant zu sein“, erklärt sie. „Wer kompetent ist, schafft Klarheit ohne Härte.“ Inwieweit sie diesem Anspruch gerecht wird, kann sie künftig beweisen. Noch hat Röser das Familienunternehmen nicht übernommen, Vater Jürgen Röser ist weiterhin Geschäftsführer.

Was bewegt die 37-Jährige mit ihren Engagements und inwieweit hilft eine Prise Selbstvermarktung, um etwas voranzubringen?

Dazu ist erst einmal wichtig, zu verstehen, welche Ideen die 37-Jährige hat, welche Werte und Organisationen sie in ihrer Lobbyarbeit vertritt.

Wie passt beispielsweise die Arbeit für die konservative Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Engagement in einem Start-up-Verband zusammen? „In der Stiftung werden traditionelle Werte gelebt. Damit bin ich aufgewachsen und diese möchte ich bewahren“, erläutert Röser. „Start-up-Verbände wiederum stehen für Aufbruch, Dynamik, Innovation und Zukunft. Ich sehe mich in beiden Welten.“ Es gelte, Traditionen zu bewahren und zeitgleich neue Impulse zu setzen. Genau diese Kombination braucht es laut Röser auch, um deutsche Familienunternehmen erfolgreich an die nächste Generation zu übergeben und den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten.

Röser hat ihre Positionen als Bundesvorsitzende der „Jungen Unternehmer“ nach außen getragen. Jetzt will sie sich mit der Initiative „Unternehmer in Bewegung“ noch mehr Gehör verschaffen. Ein weiterer Lobbyverband? Röser sieht darin eine sinnige Bündelung der Stimmen von jungen und älteren Unternehmern – über Unternehmensgrößen, Branchen und vor allem Verbandsgrenzen hinweg. Eine Stimme, die eine gemeinsame Zukunftsvision für Deutschland vertritt.

Wie sieht diese Zukunftsvision aus? Zunächst einmal, das ist Röser wichtig, sieht sie die Politik keineswegs allein in der Bringschuld. „Familienunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Das bringt uns in die Verantwortung, aufrecht zu stehen, wenn andere einknicken. Wir dürfen nicht auf die Politik warten, sondern müssen selbst handeln“, erläutert sie. Ganz ohne die Politik geht es aber dann doch nicht: Der Mittelstand dürfe nicht müde werden, parallel an die Regierenden zu appellieren, damit diese Verbesserungen vorantreiben.

„Wir brauchen Aufbruch“, fordert Röser. „Ich erwarte, dass der Kanzler und die Regierung einen Weg aufzeigen, wo wir als Land hinwollen. Ohne Zukunftsvision sind wir orientierungslos, reaktiv und schwach.“ Die Unternehmerin fordert von der neuen Regierung eine Strategie, die Deutschland stärkt und zurück an die Weltspitze bringt. „Die Regierung muss aufhören, nur zu reden; stattdessen die Ärmel hochkrempeln und radikale Reformen anpacken.“ Das, davon ist Röser überzeugt, bringe Sicherheit zurück – diese sei dringend nötig: „Unsicherheit, wie wir sie heute haben, ist schädlich.“

„Wir brauchen Aufbruch. Ich erwarte, dass der Kanzler und die Regierung einen Weg aufzeigen, wo wir als Land hinwollen.“

Sarna Röser

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Nun kann eine Zukunftsvision die großen Bögen spannen – konkreter wird Röser auf Nachfrage: Sie fordert unter anderem Bürokratieabbau und unkomplizierte Unterstützung angesichts hoher Energiepreise und Fachkräftemangels. Das ist berechtigt. Und das Anliegen der „Unternehmer in Bewegung“, den Diskurs mit Erfolgsgeschichten positiv zu beeinflussen, ist es, das in der aktuellen Nachrichtenlandschaft als visionär gelten darf.

Inwieweit sich durch Impulse, Aktivitäten und Projekte Sarna Rösers etwas zum Positiven verändert für den deutschen Mittelstand, lässt sich nur schwer in Zahlen messen. Aber vielleicht ist es der falsche Ansatz, Rösers Mehrwert an konkreten Neuerungen festmachen zu wollen. Vielleicht hat diese Frau ein anderes Alleinstellungsmerkmal: Sie ist ihre eigene Marke – eine Visionärin als Influencerin des Mittelstandes, die dessen Forderungen immer wieder in der Öffentlichkeit platziert.

Und dazu bekommt sie viel Gelegenheit, ihre Reichweite ist groß, ihre Auftritte sind zahlreich. Nun mögen manche anbringen: Wird Röser nicht auch in Talkshows eingeladen, ihr zugehört, sie in Ämter berufen, weil sie als junge, hübsche Frau in diesem Bereich eine Seltenheit ist? Allein: Selbst, wenn dieses Argument manchmal neben Rösers Kompetenz bemüht wird – das ist nicht ihr Fehler. Die Message ist platziert. So geht Lobbyarbeit.

06/2025
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Isabella-Alessa Bauer. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.

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