
Forderungsverkauf mit Ausfuhrdeckung: Sicherheit in fernen Märkten
Die deutsche Wirtschaft muss neue Wachstumsregionen erschließen. Doch entfernte Auslandsmärkte sind nicht ohne Risiko. Dabei gibt es längst Mittel und Wege, auch in Schwellenländern berechenbare Geschäfte zu machen. Der bayerische Brauanlagenhersteller BrauKon zeigt, wie es geht.

Machen auch in entfernten Auslandsmärkten erfolgreiche Geschäfte: BrauKon-Geschäftsführer Markus Lohner (links) und Christian Nuber. Foto: BrauKon GmbH
Bayerisches Bier genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Davon profitiert auch die BrauKon GmbH. Das Unternehmen aus Seeon im Chiemgau, das jüngst mit dem bayerischen Mittelstandspreis ausgezeichnet wurde, plant und baut individuelle Brauereianlagen. Darüber hinaus betreibt BrauKon eine eigene Brauerei, Camba Bavaria. „Damit bieten wir Kunden die Möglichkeit, unsere BrauKon-Systeme im laufenden Betrieb zu testen. Ein perfekter Match“, erklärt Christian Nuber, geschäftsführender Gesellschafter von BrauKon.
Nicht selten sind die bei Camba Bavaria gebrauten Biere der Türöffner zu neuen Aufträgen für BrauKon. So wie im Fall eines Softdrink-Herstellers aus Lateinamerika. „Der Kunde kam mit dem Wunsch auf uns zu, in Ecuador eine Brauereianlage zu errichten“, erinnert sich Nuber. Der Markt sollte mit einer eigenen Biermarke „vorbereitet werden“. Die wird bei Camba Bavaria in Seeon gebraut und nach Ecuador exportiert – 10 000 Hektoliter über einen Zeitraum von zwölf Monaten.
Ein neuer Markt, ein neuer Kunde, lange Zahlungsziele: „Für uns stellte sich die Frage, wie wir das Länder- und Kontrahentenrisiko managen“, sagt Nuber. Denn bis das in Seeon gebraute und abgefüllte Bier im Glas der lateinamerikanischen Kundschaft ist, vergehen zwei bis drei Monate.
„Für uns stellte sich die Frage, wie wir das Länder- und Kontrahentenrisiko managen.“
Christian Nuber, geschäftsführender Gesellschafter BrauKon GmbH
Für Camba Bavaria ging es vor allem darum, das Risiko aus dem Geschäft zu reduzieren, da sich Auftraggeber und Auftragnehmer nicht kennen. Möglich machte das ein Forderungsverkauf. Dafür wurde über die Deutsche Bank eine Quasi-Forfaitierung mit Euler-Hermes-Garantie und Deckung durch den Bund abgeschlossen. Dabei konnte ein Zahlungsziel von 180 Tagen refinanziert werden.
Neue Märkte erschließen, Absatzwege diversifizieren
Die Kombination aus Exportkreditgarantie und Forderungsverkauf ist eine Möglichkeit, das Risiko von Zahlungsausfällen im internationalen Geschäft zu minimieren und die oft langen Zahlungsfristen zu überbrücken. Ein Kreditinstitut, der sogenannte Forfaiteur, kauft dabei eine mit einer Ausfuhrdeckung eines Exportkreditversicherers besicherte Forderung aus einem bestehenden Lieferantenkredit an. Forfaitierung funktioniert ähnlich wie Factoring. Allerdings sind bei der Forfaitierung die Summen signifikant höher, die Laufzeiten deutlich länger – bis zu sieben Jahre sind möglich. Zudem ist eine Forfaitierung ein sogenannter Spezieskauf; es werden ausschließlich konkrete Forderungen gekauft.
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Auf diese Weise lassen sich Projekte auch in „schwierigen Märkten“ umsetzen. Das dürfte für die hiesige Wirtschaft wichtiger werden. Denn Deutschland kann sich wegen der aggressiven Zollpolitik der US-Regierung und zunehmend protektionistischen Tendenzen der Machthaber in Peking nicht länger auf die bisherigen Exportstützen USA und China verlassen. Für Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) ist die Sache daher klar: Die Wirtschaft muss den Blick weiten und neue Wachstumsregionen erschließen. „Wir müssen es schaffen, neue Märkte zu erschließen und unsere Absatzwege weiter zu diversifizieren. Sonst werden wir im globalen Wettbewerb weiter an Boden verlieren“, sagt Jandura.
„Wir müssen es schaffen, neue Märkte zu erschließen und unsere Absatzwege weiter zu diversifizieren.“
Dirk Jandura, Präsident Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen
Doch gerade im Mittelstand werden entfernte Auslandsmärkte mitunter gar nicht bedient. Die Argumente: zu exotisch, zu riskant, zu kompliziert. Enorme Export- und Ertragschancen werden so verschenkt, zumal die Kunden fern der Heimat bereit sind, für deutsche Qualität meist mehr als für nationale Produkte zu zahlen. Dabei zeigt das Beispiel der Chiemgauer Brauer: Es gibt längst Mittel und Wege, auch in Schwellenländern berechenbare Geschäfte zu machen – mit entsprechenden Finanzinstrumenten und einer Bank, die sich auf dem internationalen Parkett entsprechend gut auskennt.
Für Camba Bavaria geht die Lösung mit einer Reihe von Vorteilen einher: „Durch den Forderungsverkauf fließt sofort Liquidität auf das Konto des Exporteurs. Dadurch können Kreditlinien geschont werden, was sich positiv auf die Bonität auswirkt“, erklärt Maria Henritzi, Produktspezialistin für Handelsfinanzierungen bei der Deutschen Bank. Zudem wird die Bilanz entlastet, Zahlungsausfall- sowie Wechselkursrisiken entfallen, und Exporteure können sich ihres Selbstbehalts in der Hermesdeckung entledigen.
Dafür wird eine Prämie für den Versicherer und ein Diskont für die Bank fällig, der abhängig vom Zinsniveau der Forderungswährung, dem Zahlungsziel und der Kreditwürdigkeit des Schuldners ist. Der Diskont wird aber in der Regel als Bestandteil der Exportfinanzierung eingepreist und der Aufschlag durch den Käufer akzeptiert.
Allerdings ist die Forfaitierungsbereitschaft der Kreditinstitute – insbesondere bei kleineren Auftragswerten, sogenannten Small Tickets – im aktuellen regulatorischen und bankaufsichtsrechtlichen Umfeld tendenziell rückläufig. Das liegt vor allem an gestiegenen Prüf- und Nachweispflichten der Banken bei gleichzeitig höheren Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung. Beides sind Kostenfaktoren, die die Attraktivität der Forfaitierung aus Sicht der Bank zunehmend beinträchtigen.

Exportkreditgarantien wichtig für den Mittelstand
Wenn es nur darum geht, Risiken abzusichern, um am Ende nicht auf unbezahlten Rechnungen sitzen zu bleiben, reichen in aller Regel auch staatliche Hermesdeckungen aus. Diese Exportkreditgarantien schützen Exporteure vor wirtschaftlich oder politisch bedingten Forderungsausfällen in Ländern, in denen private Versicherer das Risiko nicht tragen können oder wollen.
„Das Deckungsangebot des Bundes erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette eines Exportgeschäfts – von der Fertigung über die Lieferung bis zur Bezahlung der letzten Rate“, sagt Linda-Marie vom Hove, Leiterin des Berliner Büros von Euler Hermes. Der Versicherer bearbeitet im Auftrag des Bundes das Geschäft mit Exportkreditgarantien, die vor allem für den exportorientierten Mittelstand eine wichtige Rolle spielen: Vier Fünftel der vom Bund unterstützten Exporteure, so vom Hove, sind Mittelständler.
„Das Deckungsangebot des Bundes erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette eines Exportgeschäfts – von der Fertigung über die Lieferung bis zur Bezahlung der letzten Rate.“
Linda-Marie vom Hove, Leiterin des Berliner Büros von Euler Hermes
Die Höhe der Exportkreditgarantien ist dabei nicht begrenzt – weder nach oben noch nach unten. „Wir schauen uns den Besteller an und legen ein Limit fest, bis zu zum der Deckungsnehmer Ausfuhren mit einer Bundesdeckung absichern kann. Geht etwas schief, springt der Bund ein und entschädigt den Deckungsnehmer in Höhe der abgesicherten Forderung abzüglich eines Selbstbehalts“, erklärt vom Hove das Procedere. Mit dem Bund im Rücken kann Euler Hermes bei Zahlungsausfällen bis zu 95 Prozent Ersatz leisten.
Dafür zahlt der Deckungsnehmer eine Prämie, die vor allem „von der OECD-Länderkategorie und von der Bonität des Bestellers abhängt“, weiß vom Hove und macht ein Beispiel auf: Demnach kostet die Absicherung einer Lieferung an einen indonesischen Kunden mit mittlerer Bonität im Volumen von einer Million Euro und einer Kreditlaufzeit von drei Jahren in Summe 20.970 Euro.
Deutsche Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte zu unterstützen, hat sich auch die amtierende Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Koalition ist vereinbart, den Garantierahmen für die Absicherung von Kreditvergaben erweitern zu wollen. Darüber hinaus soll eine gemeinsame Anlaufstelle der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit für die deutsche Wirtschaft etabliert werden.
Für Camba Bavaria war die Kombination aus Exportkreditgarantie und Forderungsverkauf Mittel der Wahl. „Ohne diese Lösung wäre das Projekt vermutlich nicht zustande gekommen“, ist sich Anna Lohner, Leiterin Verkauf bei Camba Bavaria, sicher. Auch der Auftraggeber ist zufrieden: Das Bier trifft den Geschmack der lateinamerikanischen Kundschaft. Die Verträge für den Kauf der BrauKon-Brauereianlage sind verhandelt, sodass bald auch in Ecuador mit bayerischer Hilfe außergewöhnliche Biere gebraut werden können.
10/2025
Chefredaktion: Bastian Frien und Boris Karkowski (verantwortlich im Sinne des Presserechts). Autor: Andreas Knoch. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers (Deutsche Bank AG) wieder.