So gewinnen und binden Steuerkanzleien gutes Personal

Fachkräftemangel ist auch in der Steuerberaterbranche ein ernstes Thema. Jetzt gehen die ersten geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Gleichzeitig kommen nicht mehr genug Fachkräfte nach. Viele offene Stellen können deshalb trotz bester Karriereaussichten nicht mehr besetzt werden. Allein im Jahr 2021 ging die Zahl der Auszubildenden in den Steuerfachberufen im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 % zurück. Das liegt zum Teil an den hohen Anforderungen: Nur 60 % der angehenden Steuerfachkräfte bestehen die Abschlussprüfung. Ein weiterer Grund für die angespannte Jobsituation ist, dass sich immer mehr Abiturientinnen und Abiturienten für ein Studium entscheiden anstatt für eine Ausbildung. 

Die WNP Steuerberatungsgesellschaft Dresden hat die Herausforderungen erkannt. Die 1990 gegründete Kanzlei ist mit über 40 Mitarbeitenden eine der größten partnergeführten Kanzleien in Sachsen. Infodienst sprach mit Partner Robert Thaller. Er kam 1993 zu WNP und zeichnet unter anderem verantwortlich für die Personalführung. Uta Weller ist Bilanzbuchhalterin und seit dem Jahr 2015 bei WNP. Der Steuerfachangestellte Robert Günzel wechselte 2021 zu WNP. 

Steuerberater und Partner Robert Thaller (rechts) mit Bilanzbuchhalterin Uta Weller und Steuerfachangestelltem Robert Günzel

Steuerberater und Partner Robert Thaller (rechts) mit Bilanzbuchhalterin Uta Weller und Steuerfachangestelltem Robert Günzel

Gesund wachsen: Qualität geht vor 

Die Steuerberatung WNP hat Erfahrung mit Wachstum. „Wir sind immer gewachsen“, sagt Robert Thaller. Als er 1993 bei WNP einstieg, zählte die Kanzlei acht Mitarbeitende. Heute sind es vierzig. Thaller führt das stetige Wachstum in den vergangenen 30 Jahren auf den anhaltend sehr guten Ruf der Kanzlei zurück. Die Qualität der fachlichen Arbeit, des Personals, der Strukturen, der Mandantenbetreuung, der Personalarbeit – das sei die Basis des Erfolgs, so Thaller. Allerdings zähle für WNP eine hohe Qualität mehr als Wachstum. Zweiteres komme fast zwangsläufig, wenn sich Ersteres herumspreche. Und dann gehe es nicht darum, kompromisslos zu wachsen, sondern eher darum, den hohen Standard zu wahren. Das bedeute unter anderem, mit Augenmaß das Personal zu erweitern, um die weiterhin zunehmenden Mandantenanfragen in gleichbleibender Qualität bearbeiten zu können. Eine gute und durchdachte Personalführung sei dafür entscheidend.

Qualität kanzleispezifisch sichern

Welche Voraussetzungen aber bringen Steuerberaterinnen und Steuerberater nach ihrer Ausbildung mit, um Mitarbeitende zu gewinnen und mit guter Personalführung langfristig an die Kanzlei zu binden? „Keine!“, gibt Robert Thaller offen zu. Denn im Studium und in der Vorbereitung zum Berufsexamen lerne man vieles über Steuern, aber nichts zum Thema Führung. Coachings zur Ausbildung in diesem Bereich seien deshalb wichtig. „Für mich war es sehr lehrreich, zu erfahren, wie man gemeinsam mit dem ganzen Team die Kanzlei voranbringen kann“, so Thaller.So entstand unter anderem aus dem Kreis der Mitarbeitenden der sogenannte Ausbildungszirkel. Dieser ist seit Jahren ein zentrales Instrument der Personalführung bei WNP. Sein Prinzip lässt sich so zusammenfassen: Ausbildende durchlaufen das von WNP eigens entwickelte interne Qualifizierungsprogramm. Erfahrene Mitarbeitende kümmern sich als Patinnen und Paten jeweils um eine oder einen Azubi und treffen sich regelmäßig, um die Erfolge und Entwicklungsbedarfe ihrer Schützlinge untereinander zu besprechen und weitere Schritte miteinander zu diskutieren. Das Ziel ist die bestmögliche Wissensvermittlung, um die Auszubildenden später möglichst qualifiziert übernehmen zu können. Seit 2022 ist der Ausbildungszirkel auch zuständig dafür, neue Mitarbeitende möglichst reibungslos in das Unternehmen einzugliedern. „Im Zirkel arbeiten ausschließlich die Mitarbeitenden, die neben ihrer Fachaufgabe auch einen Teil ihrer Arbeitszeit einsetzen können“, erklärt Uta Weller, Leiterin des Ausbildungszirkels. 

„Unser Teamgeist ist herausragend. Das ist einer der Gründe, warum ich hier arbeite“ 

Die Patinnen und Paten stellen nicht nur den fachlichen Wissenstransfer sicher, sondern vermitteln den Neulingen auch die Philosophie von WNP und dessen Qualitätsverständnis. Zudem achten sie darauf, dass die Auszubildenden nicht nur für Handreichungen eingesetzt werden, wie es so oft in Unternehmen geschieht. Sie sollen stattdessen ausreichend Zeit haben, die Arbeit der entscheidenden Fachbereiche zu erlernen. „Die Teamleiterinnen und -leiter der Fachbereiche und die Kanzleiführung vertrauen dabei ganz unserem Vorgehen und auch unseren Empfehlungen“, sagt Uta Weller. Wenn sich zum Beispiel neue Mitarbeitende nicht für WNP eigneten, obwohl dringend neue Fachkräfte gebraucht würden, entscheide sich der Ausbildungszirkel im Zweifel dafür, den Kanzleipartnerinnen und -partnern von einer Einstellung der- oder desjenigen abzuraten. Wer übernommen werde, könne dagegen mit der vollen Unterstützung des ganzen Teams rechnen. „Unser Teamgeist ist herausragend. Das ist einer der Gründe, warum ich hier arbeite“, so Weller.

Erfolgreich Fachkräfte gewinnen trotz angespanntem Arbeitsmarkt

„Es ist wirklich richtig schwer, neue Mitarbeitende im Markt zu finden“, sagt Uta Weller. Sie spricht aus Erfahrung. In den vergangenen Jahren haben sich erfahrene Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand verabschiedet. Geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger zu finden, ist aufgrund des angespannten Arbeitsmarkts nicht einfacher geworden. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber ist kontinuierlich zurückgegangen. Das ist auch für WNP eine Herausforderung, zumal in den kommenden Jahren ein Generationenwechsel ansteht. Ein Großteil des WNP-Teams ist seit Kanzleigründung im Jahr 1990 dabei und muss in den kommenden Jahren nach und nach ersetzt werden. 

„Wer jetzt erst anfängt, sich um neues Personal zu kümmern, ist zu spät dran“

Um auf dem Personalmarkt erfolgreich zu sein, sei eine langfristige Strategie und mehrjährige Erfahrung in diesem Markt die wichtigste Voraussetzung, ist Robert Thaller überzeugt. „Wer jetzt erst anfängt, sich um neues Personal zu kümmern, ist zu spät dran“, so Thaller. Es sei schon ein erster Erfolg, wenn Kanzleien geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für sich interessieren könnten und Bewerbungen regelmäßig einträfen. „Wir sind deshalb in den sozialen Medien sehr aktiv“, erzählt der erfahrene Steuerberater. „WNP nutzt die bekannten Plattformen, damit die Bewerberinnen und Bewerber sich auf unterschiedlichen Kanälen schnell ein Bild von der Kanzlei machen können. Und vor allem haben sie die Möglichkeit, uns dann einfach und bequem auf dem Weg zwischen ‚Wohnzimmer und Kühlschrank‘ ihre Bewerbung direkt über die Plattformen zu senden“, so Thaller. In der Folge sei es dann wichtig, zügig auf Anfragen zu reagieren. Komme es zu einem Einstellungsgespräch, habe die Kanzlei die Chance, ihr Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen zu präsentieren. Schließlich gehe es schon längst nicht mehr darum, die Kandidatinnen und Kandidaten einzuladen und dann nach eigenem Gusto auszuwählen. Die Überzeugung, den richtigen Schritt zu tun, müsse heute mehr denn je auf beiden Seiten vorhanden sein. „In dem Zusammenhang war es die beste Entscheidung von WNP, eine eigene Immobilie zu bauen. Damit konnten wir die Räumlichkeiten so gestalten, wie wir es uns alle vorstellten“, erklärt Robert Thaller. Die WNP-Residenz bietet großzügige Arbeitsplätze, beste Technik und Lounges im Innen- und Außenbereich für die kleinen sowie großen Pausen. Dazu kommen die besonderen Incentives, die die Kanzlei bietet, darunter ein eigener Fitnessbereich, Yogakurse, Physiotherapeuten für Massagen, aber auch Personal Trainer für den Sport. „Damit haben wir für unsere Kanzleigröße ein Alleinstellungsmerkmal im Markt“, sagt Robert Thaller nicht ohne Stolz. Fast schon selbstverständlich für ihn ist die wertvolle Zertifizierung „berufundfamilie“. WNP bietet damit im besonderen Maße familien- und lebensphasenbewusste Arbeitsbedingungen.

Wertschätzung als wichtigster Faktor

Der entscheidende Grund, dass die Kanzlei WNP für Mitarbeitende interessant sei und sie sich wohlfühlen, seien jedoch nicht in erster Linie die Annehmlichkeiten am Arbeitsplatz, ergänzt Robert Günzel. Seit November 2021 arbeitet Günzel bei WNP. Für ihn war bei seiner Entscheidung, zu dieser Kanzlei zu wechseln, vor allem ein anderer Faktor wichtig: „Hier gibt es eine hohe Wertschätzung für die Mitarbeitenden. Das wurde schon an den Fragen im Gespräch deutlich, die nicht nur aufs Fachliche zielten. Herr Thaller und Frau Weller haben mich auch nach meinen persönlichen Zielen und Vorstellungen gefragt. Und das in einem sehr angenehmen und entspannten Rahmen. Die einzelnen Incentives spielten keine herausragende Rolle. Ich mache kein Yoga. Aber das Komplettpaket und die grundsätzliche Tatsache, dass sich ein Arbeitgeber so für seine Mitarbeitenden engagiert und auf allen Ebenen für ein gutes Miteinander sorgen will, haben mich beeindruckt. Und beeindrucken mich noch heute. Die Wertschätzung der Kanzleileitung, der Steuerberaterinnen, Steuerberater und der Teammitglieder für mich und meine Arbeit ist mir wichtig. Deshalb bin ich auch heute noch davon überzeugt, dass meine Entscheidung, in diese Kanzlei zu wechseln, genau richtig für mich war.“

Mitarbeitende langfristig binden: Teamgeist statt Egotrip

Fachkräfte einzustellen, ist eine Sache. Eine andere Sache ist es, Toppersonal langfristig zu binden. Allein mit guten Gehältern bei den Angestellten punkten zu wollen, sei nicht zielführend, erklärt Robert Thaller. „In unserer Branche bewegen sich die Gehälter aufgrund gesetzlicher Vorgaben in einem gewissen Rahmen. Schon deshalb ist das Geld nicht der ausschlaggebende Faktor“, so Thaller. Aber auch ohne diese Vorgaben spiele das Gehalt erfahrungsgemäß nicht die größte Rolle. „Wir haben das eindrücklich erfahren, als unsere Mitarbeitenden selbst das Prämiensystem der Kanzlei entwickelten, ohne Kanzlei- und Teamleitung. Unsere Erkenntnis daraus: Menschen denken eben nicht nur in Zahlen. Auch nicht Menschen, die im Bereich der steuerberatenden Berufe tätig sind und täglich mit viel Zahlenmaterial zu tun haben“, so Thaller. Stattdessen sei vor allem die Wertschätzung der entscheidende Grund, warum WNP-Mitarbeitende immun gegen Abwerbungsversuche seien. 

„Menschen denken eben nicht nur in Zahlen.“

Uta Weller bestätigt diese Aussage, auch aus eigener Erfahrung: „Ich bin bereits seit 2015 bei der Kanzlei angestellt. Ich hatte bisher niemals den Wunsch, zu wechseln. Wenn man mich nach dem Grund dafür fragt, antworte ich: Ich bin angekommen. Es passt einfach. Da ist vor allem die persönliche Ebene. Wir haben viele Individuen mit ihren Stärken und Schwächen. Und wir lassen uns so sein, wie wir sind. In der Zusammenarbeit ist das für uns eine Bereicherung, weil wir sehr kollegial miteinander umgehen. Es geht immer darum, die jeweiligen Aufgaben zu lösen, und nicht darum, einander auszustechen oder zu überbieten. Wir helfen einander“, sagt Uta Weller. Teamgeist statt Egotrip – das sei der Grund, sich wohlzufühlen, sich auf die Kolleginnen und Kollegen zu freuen und jeden Tag gern wieder ins Büro zu fahren.

02/2023