Buffaloboy / Adobe Stock

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Der Straßenverkehr hatte zuletzt einen Anteil von rund 18 Prozent an den globalen Emissionen des klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids (CO2).1 Kein Wunder also, dass Regierungen weltweit auf ihrem Weg zur Klimaneutralität den Verkehrssektor mit einem Mix aus Regulierungen – Stichwort EU-Verbrenner-Aus – und Subventionen – Stichwort E-Auto-Kaufprämien – verstärkt in den Fokus nehmen.

Mit dem Voranschreiten der Elektrifizierung des Straßenverkehrs könnten die Karten in der globalen Automobilindustrie neu gemischt werden. Das Thema E-Mobilität hat zuletzt weltweit an Fahrt aufgenommen. In Europa lag der Anteil von batterieelektrisch angetriebenen Pkw und Plug-in-Hybriden an den Neuzulassungen 2022 bei rund 23 Prozent, in China, dem mit 23,5 Millionen verkauften Autos wichtigsten Automobilmarkt der Welt, bei 28 Prozent. Auch in den USA, in Sachen E-Mobilität bislang noch ein Nischenmarkt, zogen die E-Auto-Verkäufe zuletzt spürbar an: 2022 lag ihr Anteil bei 6,7 Prozent, gegenüber 2,6 Prozent im Jahr 2020.

Für die E-Auto-Hersteller sind steigende Verkaufszahlen wichtig, denn nur damit lassen sich Skaleneffekte in der Produktion erreichen, sprich: die Herstellungskosten pro Fahrzeug senken. Preisgünstige E-Autos für den Massenmarkt sind derzeit insgesamt noch eher die Ausnahme. Sowohl etablierte Automobilhersteller als auch führende reine E-Auto-Anbieter bedienen vor allem das Premiumsegment. Hersteller aus den Emerging Markets und insbesondere China könnten künftig diese Lücke in der Angebotspalette schließen. Chinesische Autos galten noch vor wenigen Jahren im Hinblick auf ihre Qualität und Verarbeitung als nicht konkurrenzfähig. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Auf dem heimischen Markt sind chinesische Hersteller bereits stark vertreten. Ihr Marktanteil bei neu zugelassenen Elektrofahrzeugen betrug dort zuletzt etwa 80 Prozent.

Auf den E-Auto-Märkten der Industrieländer spielen chinesische Hersteller bislang noch kaum eine Rolle. Auch das könnte sich jedoch ändern. Analysten halten dabei drei grundsätzliche Szenarien für denkbar. Im aus chinesischer Sicht besten Fall könnten chinesische Hersteller bis 2030 einen E-Auto-Weltmarktanteil von um die 50 Prozent (exklusive Heimatmarkt 40 Prozent) erreichen. Sollte sich die Politik insbesondere in den USA und Europa entscheiden, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China deutlich einzuschränken, dürfte der chinesische Weltmarktanteil bei E-Autos bis 2030 nur auf rund 25 Prozent steigen (exklusive Heimatmarkt 15 Prozent). Dabei erscheint ein kompletter Ausschluss preisgünstiger chinesischer E-Autos von westlichen Märkten eher unwahrscheinlich, denn er könnte die Dekarbonisierungsbestrebungen des Verkehrssektors ausbremsen. Sollte es auch deshalb zu einem Kompromiss in Form einer Reduktion der Abhängigkeiten im Außenhandel (Derisking) kommen, also nur einem Schutz besonders wichtiger Wirtschaftsbereiche, könnte der chinesische Weltmarktanteil 2030 bei circa 40 Prozent liegen (exklusive Heimatmarkt 30 Prozent). Dieses Szenario, das einer jährlichen Wachstumsrate von rund 38 Prozent entspricht, ist aus Sicht einiger Analysten am wahrscheinlichsten.

Insbesondere jene europäischen Automobilhersteller, die vorwiegend für den Massenmarkt produzieren, könnten den Druck der Konkurrenz aus China künftig zunehmend zu spüren bekommen. Attraktiv ist der europäische Automobilmarkt für China allemal: Zum einen ist er vergleichsweise groß. Zum anderen dürfte der politische Wille der EU zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors die Marktchancen für E-Autos in Europa in den kommenden Jahren sukzessive erhöhen. Darüber hinaus ist Europa offener für chinesische Exporte als andere Industrieländer. Aufgrund der insbesondere in Deutschland großen Handelsverflechtung mit dem Reich der Mitte könnten Einfuhrbeschränkungen für chinesische E-Autos vor dem Hintergrund möglicher chinesischer Vergeltungsmaßnahmen auch in Zukunft nur eingeschränkt umsetzbar sein. Einige chinesische Hersteller planen zudem den Bau von Fertigungsanlagen in Europa, um einen direkten Marktzugriff zu erhalten.

US-amerikanische und japanische Automobilhersteller scheinen zwar auf ihren Heimatmärkten besser geschützt als europäische. Auf den weltweiten Exportmärkten dürften jedoch auch sie künftig vermehrt Gegenwind durch die chinesische Konkurrenz zu spüren bekommen. Das könnte insbesondere die japanischen Hersteller mit ihrer vergleichsweise hohen Exportorientierung betreffen. Für die Zukunft gut gerüstet scheinen hingegen die Automobilproduzenten aus Südkorea. Sie setzten frühzeitig auf das Thema E-Mobilität und konnten sich dadurch einen gewissen technologischen Vorsprung erarbeiten.

Entsprechend risikobereite Anleger könnten den E-Auto-Sektor Chinas genauer in den Blick nehmen. Dabei gilt es jedoch geopolitische (Handels-)Risiken nicht aus dem Auge zu verlieren. Zudem könnte es im Zuge des anziehenden Wettbewerbs auch Verlierer unter den chinesischen Anbietern geben. Eine Möglichkeit, indirekt am chinesischen E-Mobilitäts-Boom zu partizipieren, könnte die Investition in E-Mobilitäts-Zulieferer außerhalb Chinas sein. Hier bleibt jedoch abzuwarten, ob und inwieweit es in China künftig politische Bestrebungen geben wird, diesen Teil der Wertschöpfungskette zu nationalisieren.

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Der Aktienmarkt für E-Mobilität ist insgesamt sehr heterogen und umfasst Unternehmen verschiedener Sektoren, etwa Hersteller von elektronischen Bauteilen und Halbleiterproduzenten. Während die Technologieunternehmen zuletzt mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) auf 12-Monats-Sicht zwischen 40 und 80 insgesamt eher hohe Bewertungen aufwiesen, scheinen Aktien einiger Hersteller von Teilen und Zubehör mit KGVs zwischen 3 und 10 zum Teil noch günstig. Vergleichsweise hohe Bewertungsabschläge bieten derzeit zum Beispiel entsprechende Unternehmen aus Deutschland und Japan.

1https://de.statista.com/statistik/daten/studie/317683/umfrage/verkehrsttraeger-anteil-co2-emissionen-fossile-brennstoffe (abgerufen am 27. Juli 2023 um 10:00 Uhr)

„Weltweiter Boom der E-Mobilität – wo sich Chancen für Anleger bieten könnten.“

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1https://de.statista.com/statistik/daten/studie/317683/umfrage/verkehrsttraeger-anteil-co2-emissionen-fossile-brennstoffe (abgerufen am 27. Juli 2023 um 10:00 Uhr)

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Redaktionsschluss: 31. Juli 2023, 15 Uhr