Photocreo Bednarek / Adobe Stock

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Er ist eine der großen Herausforderungen für die weitere Entwicklung der bedeutenden Volkswirtschaften: der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Allein in Deutschland bleiben nach Schätzungen der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) schon heute rund zwei Millionen Stellen unbesetzt. Bis 2035 könnte das Land laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) durch den demografischen Wandel sogar sieben Millionen Arbeitskräfte verlieren und damit ein Siebtel des gesamten Arbeitsmarkts.

Lösungsansätze für das Problem des Fachkräftemangels reichen von verstärkter Zuwanderung bis zur Erhöhung der Erwerbsquote, etwa durch bessere Kinderbetreuung oder eine Ausweitung der Lebensarbeitszeit – dürften aber allein keinen langfristigen Erfolg bringen. Schon heute trägt „Arbeit“ – neben „Kapitalstock“ (zum Beispiel Maschinen) und „technischem Fortschritt“ eine der drei möglichen Quellen für wirtschaftliches Wachstum – relativ betrachtet am wenigsten zum Wachstum in Deutschland bei. In anderen Industrieländern wie den USA oder Japan sieht es ähnlich aus. In einigen Jahren dürfte der Faktor Arbeit im Zuge der demografisch bedingten Überalterung sogar zum Belastungsfaktor werden. Das bedeutet: Um eine weitere Abschwächung des Wachstumspotenzials zu verhindern, muss Arbeit durch technischen Fortschritt und Kapital substituiert werden.

Arbeit als Wachstumsdämpfer

Bei den Bestrebungen, dem Arbeitskräftemangel über Produktivitätsgewinne entgegenzuwirken, spielt die Automatisierung von Arbeitsprozessen eine zentrale, aber auch umstrittene Rolle. Zwar wäre laut Studien etwa in den USA fast jeder zweite Job mit der entsprechenden Technologie „automatisierbar“. Doch die historisch bedingte Furcht vor einer von Computern und Robotern dominierten Welt, die zu Massenarbeitslosigkeit und Kontrollverlusten führt, hält sich hartnäckig und sorgt für eine gewisse Abwehrhaltung in vielen Gesellschaften. Hinzu kommen langwierige und kostenintensive Implementierungsprozesse etwa in Behörden und Unternehmen und zum Teil hohe Regulierungshürden, etwa im Bereich Datenschutz. Es ist daher wenig erstaunlich, dass die Automatisierungspotenziale in der Industrie bislang nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft und in den vergangenen Jahrzehnten stattdessen häufig Produktionsprozesse einfach in Niedriglohnländer ausgelagert wurden. Zwar sanken die Kosten von Industrierobotern in den vergangenen Jahrzehnten deutlich und die Zahl der weltweit in der Industrie eingesetzten Geräte stieg zwischen 2011 und 2021 von rund 1 Million auf 3,5 Millionen an. Aber selbst in so technikaffinen Ländern wie Südkorea liegt das Verhältnis von Industriearbeitern zu Industrierobotern nach wie vor bei 10 zu 1 – in den USA und Europa sogar noch um ein Vielfaches höher.

„Automatisierung als volkswirtschaftlicher Wachstumstreiber – interessante Perspektiven auch für Anleger“

Mit der rasanten Entwicklung innovativer Technologien vor allem im Bereich künstliche Intelligenz und den damit verbundenen neuen Anwendungsmöglichkeiten im Dienstleistungsbereich sowie flexibleren Einsatzmöglichkeiten von Geräten und Maschinen, dem Heranwachsen technikaffinerer Generationen und nicht zuletzt dem zunehmenden demografischen Handlungsdruck sowie der Rückbesinnung auf lokalere, weil im Zweifel stabilere Lieferketten verbindet sich weltweit nun die Hoffnung auf eine deutliche Beschleunigung der Automatisierungsprozesse. Das betrifft auf Nutzerseite das Verarbeitende Gewerbe ebenso wie den Dienstleistungssektor und damit auf Anbieterseite neben Unternehmen aus klassischen Automatisierungsbereichen wie Elektrotechnik oder Roboterbau auch zum Beispiel Softwareentwickler und -hersteller.

Mit Blick auf mögliche Einsatzbereiche wie autonome Mobilität, Pflege und Gesundheit oder Datenverarbeitung erscheint das Potenzial im Automatisierungssektor riesig. In den Jahren 2020 und 2021 entwickelte sich beispielsweise der Global Robotics and Automation Index bereits deutlich besser als der breite Weltaktienleitindex MSCI World. Erst mit dem Einsetzen der geldpolitischen Wende, die über steigende Finanzierungskosten vor allem Technologieunternehmen unter Druck setzte, und dem Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs gab er wieder überproportional nach. Grundsätzlich sollten Anleger bei einem Investment immer den zeitlichen Aspekt berücksichtigen: Automatisierungsprozesse sind oft langwierig und mit hohen Investitionen verbunden. Hinzu kommt, dass der Markt sich aktuell sehr dynamisch entwickelt: Wer in Zukunft die entscheidenden Player sein werden, lässt sich heute seriös kaum abschätzen. Entsprechend sollte das Investmentuniversum regional und sektoral breit aufgestellt und der Investmenthorizont langfristig ausgerichtet sein – Voraussetzungen, die sich beispielsweise mit einem entsprechenden Investmentfonds abdecken ließen. So könnten beispielsweise die Themen künstliche Intelligenz oder Smart Mobility zu interessanten, zukunftsweisenden Bausteinen im Portfolio werden.

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Redaktionsschluss: 31. März 2023, 15 Uhr