22. August 2025
Liebe Leserinnen und Leser,
der Stimmungsindikator für die Industrie im Euroraum signalisiert erstmals seit drei Jahren Wachstum, die Fed zeigt sich uneins über eine Zinssenkung im September, und der KI-Boom treibt die Stromkosten in den USA nach oben.
Euroraum: Industrie überrascht mit Expansionssignal
Die Unternehmensstimmung im Euroraum hat sich im August trotz der erhöhten US-Importzölle unerwartet weiter aufgehellt und signalisiert geringfügiges Wachstum. Der von S&P Global ermittelte Einkaufsmanagerindex (PMI) stieg um 0,2 Punkte auf 51,1 Punkte – den höchsten Stand seit 15 Monaten.
Der Indikator für die Stimmung im Industriesektor stieg ebenfalls unerwartet auf 50,5 Punkte und liegt somit erstmals seit drei Jahren über der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Im Dienstleistungssektor trübte sich die Stimmung zwar leicht ein, auch hier deutet der Indikator aber immer noch auf ein Wachstum hin. Positiv ist zudem, dass sich sowohl im Industrie- als auch im Dienstleistungssektor die Unterkomponenten der Neuaufträge sowie der Beschäftigung verbesserten. In Deutschland verfehlte der PMI der Industrie trotz eines Anstiegs auf 49,9 Punkte die Wachstumszone geringfügig, der PMI der Dienstleistungen hielt sich hingegen über der 50-Punkte-Marke. Die PMI-Daten dürften denjenigen Mitgliedern des EZB-Rats, die der Ansicht sind, dass weitere Zinssenkungen momentan nicht nötig seien, weiteres Argumentationsmaterial liefern. Die Renditen der Staatsanleihen der Eurozone stiegen in einer unmittelbaren Reaktion deshalb moderat an, der Euro wertete leicht zum US-Dollar auf.
US-Wirtschaft im Aufwind – aber mit Preisdruck
Die vorläufigen August-Daten des US-Einkaufsmanagerindex signalisieren weiterhin wirtschaftliche Expansion. Der Gesamtindex stieg von 55,1 Punkten im Juli auf nun 55,4 und bleibt damit den 31. Monat in Folge im expansiven Bereich – zugleich der höchste Wert in diesem Jahr. Während der Dienstleistungssektor weiterhin solide im expansiven Bereich verweilt, erholte sich das Verarbeitende Gewerbe spürbar: Der Index kletterte von 49,8 Punkten auf 53,3 und erreichte damit den höchsten Stand seit Mai 2022. Unternehmen berichten von einer robusteren Nachfrage, stoßen jedoch zunehmend an Kapazitätsgrenzen – das lässt die Auftragsbestände anwachsen. Als Haupttreiber von Kostensteigerungen wurden Zölle genannt. Die Kosten wurden an Kunden weitergegeben, wodurch Preise für Waren und Dienstleistungen den höchsten Anstieg seit August 2022 verzeichneten. Zusammengenommen – mit solider Geschäftstätigkeit und anhaltender Personalnachfrage – sprechen die Ergebnisse nicht für umfangreiche Leitzinssenkungen.
Fed uneins über Zinssenkung
US-Währungshüter sorgen sich um Arbeitsmarkt und Inflation – das zeigen die Protokolle der Sitzung des geldpolitischen Rates der Fed (FOMC) im Juli 2025. Die Mehrheit der FOMC-Mitglieder hielt eine Senkung der Leitzinsen – die aktuell bei 4,25 bis 4,5 Prozent liegen – für verfrüht. Allerdings gab es Gegenstimmen der Gouverneure Christopher Waller und Michelle Bowman. Es war das erste Mal seit über 30 Jahren, dass mehrere Gouverneure gegen eine Zinsentscheidung stimmten. Die Diskussion fokussierte auf Risiken für die Preisstabilität und Vollbeschäftigung, wobei die Mehrheit die Inflationsrisiken als dominanter ansah. Besonders die Zölle wurden als Unsicherheitsfaktor für die Inflation hervorgehoben. Einige Mitglieder sahen jedoch wachsende Risiken für den Arbeitsmarkt, da Wirtschaftswachstum und Konsumausgaben nachließen. Nach der Sitzung veröffentlichte Daten bestätigten eine schwächere Beschäftigungslage. Vor dem Hintergrund politischen Drucks von US-Präsident Donald Trump und der bevorstehenden Rede von Fed-Chef Jerome Powell in Jackson Hole wird die künftige Zinspolitik mit Spannung erwartet. Der Markt erwartet mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent eine Zinssenkung im September. Die Renditen zweijähriger US-Staatanleihen sind schon mal auf 3,74 Prozent gesunken.
KI-Boom treibt Stromkosten in den USA
Künstliche Intelligenz boomt und daher sprießen in den USA Datenzentren aus dem Boden. 2023 konsumierten diese bereits mehr als vier Prozent des gesamten Stromverbrauchs der USA. Die US-Energiebehörde schätzt, dass es 2028 bereits bis zu zwölf Prozent sein könnten. Dies dürfte für die US-Haushalte und Unternehmen mit höheren Stromrechnungen einhergehen: Die Stromnetze befinden sich in schlechter Verfassung und müssen saniert und ausgebaut werden, um den zusätzlichen Strombedarf liefern zu können. Die entsprechenden Kosten geben die Versorger an alle Kunden weiter. Eine Studie aus dem Juni schätzt, dass bis 2030 allein aufgrund des zusätzlichen Strombedarfs von Datenzentren die durchschnittliche Stromrechnung in den USA um acht Prozent steigen könnte, in Bundesstaaten wie Virginia sogar um bis zu 25 Prozent. In einigen Staaten ist dies schon heute zu beobachten. In Ohio etwa sind die durchschnittlichen monatlichen Stromrechnungen laut des ansässigen Versorgers bereits um 15 US-Dollar gestiegen. Während die betroffenen Bürger ächzen, dürften Aktien von Unternehmen, die den Ausbau der Netze vornehmen, profitieren.
Märkte zwischen Friedensgesprächen und Zollpolitik
Die geopolitische Lage bleibt angespannt, die Märkte reagieren mit Vorsicht. In dieser Folge von PERSPEKTIVEN To Go analysieren Finanzjournalistin Jessica Schwarzer und ich, wie die jüngsten Entwicklungen rund um Zölle, Friedensverhandlungen und Konjunkturdaten die Erwartungen an den Märkten beeinflussen – und was das für Anleger bedeutet.
Zahl des Tages: 770
Sie sind fettig, knusprig, überall zu haben und sollen an diesem Sonntag ihren 172. Geburtstag feiern: Kartoffelchips. Am 24. August 1853, so heißt es, setzte ein gewisser George Crum aus Saratoga Springs dem Industriellen Cornelius Vanderbilt knusprig frittierte, hauchdünne Bratkartoffeln vor. Vanderbilt war begeistert und eine neue Beilage geboren. Das Ganze ist wohl eine Legende, aber was soll‘s: Kartoffelchips haben sich längst zu einem globalen Snack gemausert – für 2025 wird ein weltweiter Pro-Kopf-Verbrauch von 770 Gramm erwartet. Zum Erfolg dürfte eine Neuerung beigetragen haben, die ein irischer Produzent in den 1940er-Jahren austüftelte. Er verkaufte die Chips erstmals in verschiedenen Geschmacksrichtungen – das Salz gab es in einem versiegelten Päckchen dazu.
Probieren Sie heute mal etwas Neues.
Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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