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Nachdem sich der Euro/US-Dollar-Kurs in den ersten Monaten des Jahres 2023 in einer Spanne von 1,05 bis 1,11 bewegt hatte, gewann der Greenback ab Mitte Juli gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung deutlich an Wert. Ursächlich hierfür war vor allem die Geldpolitik der Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks. Deren Zinsentscheidungen sind eng verbunden mit der Inflation und ein maßgeblicher Faktor für die Renditeentwicklung bzw. -erwartungen der Marktteilnehmer in den jeweiligen Währungsräumen.

In den USA stieg die Gesamtinflation im August aufgrund steigender Energiepreise auf 3,7 Prozent; hier besteht die Gefahr, dass unter anderem anhaltend hohe Energiepreise die Teuerung weiter hoch halten. Die US-Konjunkturdaten konnten zuletzt positiv überraschen. Das Bruttoinlandsprodukt der USA wuchs im zweiten Quartal annualisiert um 2,1 Prozent. Diese Gemengelage führte dazu, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung der Fed für 2023 gestiegen ist und die Erwartung erster Zinssenkungen im Jahr 2024 nach hinten verschoben wurde. Annahmen, die sich nach der jüngsten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses im September zu bestätigen scheinen. Notenbankchef Jerome Powell betonte, dass künftige Zinsentscheidungen weiter datenabhängig getroffen würden und die Entscheidung, eine Zinspause einzulegen, nicht als Signal gewertet werden sollte, dass die Fed die Geldpolitik als angemessen restriktiv einschätzt. Aus Sicht der Deutschen Bank dürfte sich der geldpolitisch beziehungsweise zinsgetriebene Aufwärtstrend des Greenback jedoch seinem Ende zuneigen.

„Ende von Aufwärtstrend des US-Dollar? Was Anleger jetzt beachten sollten.“

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte die Leitzinsen im September abermals. Der Einlagensatz liegt nun bei 4 Prozent. Auch die Inflationsprognosen für dieses und das kommende Jahr wurden angehoben, auf 5,6 bzw. 3,2 Prozent. Die europäischen Währungshüter betonten dabei die Notwendigkeit höherer Leitzinsen für einen längeren Zeitraum zur Inflationsbekämpfung und zur Erreichung ihres mittelfristigen Inflationsziels von 2 Prozent.

Die Konjunkturentwicklung in der Eurozone und dort insbesondere in Ländern mit einer hohen Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe – wie etwa Deutschland – litt zuletzt unter hohen Energiekosten und der globalen Nachfrageschwäche nach entsprechenden Gütern. Frühindikatoren deuteten auf ein insgesamt stagnierendes oder sogar leicht rückläufiges Wachstum hin. Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone wuchs im zweiten Quartal nur um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Schrumpfender Renditeabstand in Sicht

Die Deutsche Bank rechnet damit, dass sich – insbesondere vor dem Hintergrund der jüngst gestiegenen Ölpreise, aber auch im Hinblick auf eine durch den starken Arbeitsmarkt möglicherweise drohende Lohn-Preis-Spirale – die hohe Inflation in der Eurozone zunächst hartnäckiger halten sollte als in den USA. Insofern dürften erste Zinssenkungen eher von der Fed als der EZB zu erwarten sein. Dadurch könnte der Renditeabstand zwischen den beiden Währungsräumen schrittweise schrumpfen: Aktuell rentieren 2-jährige US-Staatsanleihen mit 5,04 Prozent, ihre deutschen Pendants mit 3,20 Prozent.

Eine solche Entwicklung würde dem Euro zugutekommen bzw. den US-Dollar schwächen. Zudem könnte durch eine steigende Verzinsung in der Eurozone zumindest ein Teil der in der Phase negativer Einlagenverzinsungen der EZB zwischen Juni 2014 und Juni 2022 abgeflossenen Mittel in Höhe von rund 3 Billionen Euro nach Europa zurückfließen und die Euronachfrage zusätzlich erhöhen. Für den Euro könnte ebenfalls sprechen, dass die vergleichsweise schwachen Konjunkturerwartungen für die Eurozone sowie China als wichtiger EU-Handelspartner bereits in den Währungskursen eingepreist zu sein scheinen und die Gemeinschaftswährung von einer möglichen Erholung hier wie dort profitieren dürfte.

Die Deutsche Bank prognostiziert den Euro/US-Dollar-Kurs auf 12-Monats-Sicht bei 1,12, wobei zwischenzeitliche Währungsschwankungen nicht auszuschließen sind. Denn zum einen könnte der beginnende US-Präsidentschaftswahlkampf die Verschuldungsdebatte in den USA erneut anfachen und eine strengere Ausgabenpolitik oder Steuererhöhungen nach sich ziehen – was die Wertentwicklung des US-Dollar beeinflussen könnte. Zum anderen könnten dem Greenback in seiner Funktion als „sicherer Hafen“ kurzfristige Stresssituationen im Finanzsystem, etwa durch wachsende geopolitische Risiken, zugutekommen.

Anleger mit Interesse an US-Investments sollten entsprechende Engagements gegen Währungsschwankungen absichern bzw. im Umfeld eines wieder erstarkenden Euro auf einen geeigneteren Einstiegszeitpunkt warten. Interessanter könnten derzeit europäische Aktien sein, die aus Sicht der Deutschen Bank vergleichsweise günstig bewertet sind.

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Redaktionsschluss: 02. Oktober 2023, 15 Uhr