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Gute Nachrichten von den Immobilienmärkten sind in letzter Zeit dünn gesät. Doch nun gibt es wieder erste positive Signale – jedenfalls aus Investorensicht: Der Abwärtstrend am deutschen Wohnimmobilienmarkt scheint an Tempo zu verlieren, eine Bodenbildung bei den Preisen könnte in Sicht kommen. Laut dem Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken sanken die Preise für selbst genutzten Wohnraum im zweiten Quartal 2023 deutschlandweit nur noch um durchschnittlich 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal; im ersten Quartal hatte das Minus noch bei 2,4 Prozent gelegen. Die Neuvertragsmieten legten hingegen weiter zu, um 1,7 Prozent im ersten und 0,9 Prozent im zweiten Quartal. Die Bestandsmieten verzeichneten im Juli sogar ein Plus von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Maßgeblich für die Entwicklung der Kauf- und Mietpreise dürfte auch weiterhin die strukturelle Angebotsknappheit sein. Laut dem ifo-Institut könnten im laufenden Jahr bundesweit nur 275.000 Wohnungen fertiggestellt werden, nach 295.300 im vergangenen Jahr. Auch in den Folgejahren dürfte der Wohnungsbau nicht die von der Bundesregierung angestrebten 400.000 Fertigstellungen pro Jahr erreichen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge ist die Zahl der Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 27,2 Prozent auf nur noch 135.000 Wohnungen gesunken.

Vor allem bei der Entwicklung der Kaufpreise gilt es allerdings zwischen Bestands- und Neubauten zu differenzieren. Dem Europace Hauspreisindex zufolge lagen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen und Häuser aus dem Bestand im Juni 9 Prozent unter denen des Vorjahresmonats, während die Preise für Neubauten um 0,8 Prozent zulegten. Laut dem „Wohnatlas“ der Postbank mussten Immobilienkäufer zuletzt für eine 70 Quadratmeter große Neubauwohnung gegenüber einer Immobilie aus dem Bestand im mittleren Preissegment einen Aufschlag von durchschnittlich 115.278 Euro einkalkulieren. Der Preisabstand zwischen Bestands- und Neubauten vergrößerte sich in dem Maße, in dem Investoren begannen, mögliche Modernisierungskosten hinsichtlich der mit dem Energieverbrauch verbundenen CO2-Emissionen von Bestandsimmobilien einzukalkulieren. Der Preisabstand zwischen Häusern der Energieeffizienzklassen H (niedrigste) und A+ (höchste) betrug zuletzt rund 45 Prozent. Zum Anstieg der Neubaupreise dürften darüber hinaus die gestiegenen Finanzierungs- und Baukosten beigetragen haben.

Auch wenn derzeit vieles auf eine zunehmende Konsolidierung des deutschen Wohnimmobilienmarktes hinweist, dürfte dieser auf absehbare Zeit von geringeren Angebots- und Transaktionspreisen als zu Boomzeiten geprägt bleiben. Zudem sollten Faktoren wie Lage sowie Energieeffizienz bzw. Klimaschutz stärker in den Vordergrund rücken. Zum Beispiel scheinen die Kosten für energetische Modernisierungen bei Bestandsbauten teilweise bereits eingepreist zu sein.

Ein wichtiger Faktor für die Immobilienpreisentwicklung bleibt die Inflation, da sie die Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und somit auch die Finanzierungskonditionen maßgeblich beeinflusst. Eine aufgrund erwarteter rückläufiger Inflationsraten und eines damit verbundenen absehbaren Endes des Leitzinszyklus der EZB zu erwartende Stabilisierung der Finanzierungskosten dürfte sich positiv auf den Gesamtmarkt auswirken. Die Deutsche Bank erwartet jedoch mittelfristig Inflationsraten oberhalb der von der EZB angestrebten 2-Prozent-Marke, was die Haus- und Wohnungspreise mittel- bis langfristig entsprechend steigen lassen dürfte.

„Von den jüngsten Abschlägen profitieren: Was Aktien von Wohnungsbaukonzernen jetzt interessant machen könnte.“

Entsprechend risikobereite Anleger könnten vor diesem Hintergrund den Einstieg in Aktien von Wohnungskonzernen erwägen. Diese waren zwar zuletzt aufgrund steigender Finanzierungskosten sowie im Zuge des allgemeinen Immobilienpreisverfalls, der den Wert der von ihnen gehaltenen Immobilien minderte und so ihre Verschuldungsquoten nach oben trieb, unter Druck geraten. Die Aktien etlicher Konzerne handeln daher aktuell mit deutlichen Abschlägen auf ihren Buchwert, sollten aber von einer Preiserholung des Immobilienmarktes überproportional profitieren können – zumal die derzeit geringen Baufertigstellungszahlen die Nachfrage nach Wohnraum in den Ballungsräumen und damit die Mietrenditen weiter nach oben treiben dürften. In der Folge könnte sich die Verschuldungsquote der Unternehmen von durchschnittlich etwa 47 Prozent in Richtung 40 Prozent verringern. Vor einem Engagement in den Immobilienmarkt sollten mögliche Anlagerisiken aktuell jedoch besonders intensiv in den Blick genommen werden. Dazu zählen die wieder zunehmenden Unsicherheiten am chinesischen Immobilienmarkt, die sich negativ auf die Stimmung an den globalen Märkten und die Konjunkturentwicklung auswirken könnten. Hinzu kommen mögliche weitere Leitzinsanhebungen und ihre Auswirkungen auf die Finanzierungskosten sowie etwaige politische Entscheidungen in Bezug auf ein zu stark steigendes Mietniveau und den Klimaschutz bei Gebäuden sowie Unsicherheiten hinsichtlich der Grundsteuerreform.

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Redaktionsschluss: 04. September 2023, 15 Uhr