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Tägliche Kapitalmarkteinschätzungen von Dr. Ulrich Stephan,
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden.
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27. Oktober 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

USA und China nähern sich an, Unternehmen im Euroraum blicken optimistischer in die Zukunft, und Osteuropa-Aktien sind historisch nicht zu teuer.

USA–China: kurz vor Einigung? 

Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump steht kurz vor einer Einigung mit China zur Abwendung eines neuen 100 Prozent-Zolls auf chinesische Waren. Finanzminister Scott Bessent erklärte nach zweitägigen Verhandlungen mit Pekings Chefunterhändler, beide Seiten hätten ein Rahmenabkommen vorbereitet, das noch in dieser Woche zu einem Treffen Trumps mit Präsident Xi Jinping führen könne. Ziel sei es, die angedrohten Strafzölle auszusetzen, falls China seine geplanten Exportbeschränkungen für Seltene Erden zurückstelle. Diese Materialien sind für Elektronik- und Rüstungstechnologien essenziell, weshalb Washington Chinas quasi-monopolistische Kontrolle als strategisches Risiko betrachtet. Bessent betonte, der Zoll-Druck habe entscheidende Verhandlungsspielräume eröffnet. Trump, derzeit auf Asienreise, plane ein persönliches Treffen mit Xi in Südkorea sowie im kommenden Jahr in Peking. Zentrale Themen blieben neben Handelsfragen der Kampf gegen Fentanyl-Schmuggel und verstärkte Agrarimporte aus den USA. Beide Regierungen signalisierten vorsichtigen Optimismus über mögliche Fortschritte.

US-Kurswechsel gegen Russland – Ölpreis legt zu

Die Ölpreise stiegen gestern stark an, nachdem die US-Regierung Sanktionen gegen russische Ölproduzenten verhängt hatte, die täglich über fünf Millionen Barrel fördern – bei einer weltweiten Produktion von täglich rund 110 Millionen Barrel. Die härtere Haltung der Trump-Regierung gegenüber Russland markiert einen Kurswechsel und erhöht das Risiko weiterer Sanktionen, falls es im Konflikt mit der Ukraine keine Einigung gibt. Bereits die Biden-Regierung hatte ähnliche Sanktionen verhängt, die jedoch kaum Auswirkungen auf russische Exporte zeigten. Entscheidend dürfte sein, ob die neuen Maßnahmen Käufer russischen Öls – insbesondere Indien und China – tatsächlich abschrecken können. Langfristig dürfte allerdings ein Überangebot die Preise weiter belasten. Seit Jahresbeginn sind die Ölpreise um mehr als elf Prozent gefallen, vor allem wegen Sorgen über steigende Fördermengen der OPEC+. Laut dem jüngsten Monatsbericht der Internationalen Energieagentur wird 2026 ein weltweites Überangebot von täglich knapp vier Millionen Barrel erwartet – das größte in der Geschichte des Ölmarkts. Verbraucher und Unternehmen sollten keine steigende Belastung bei Energie- und Transportkosten spüren: Langfristig dürften die Ölpreise nicht zu Inflationsdruck führen.

Eurozone: Einkaufsmanager positiv gestimmt

Die Unternehmensstimmung im Euroraum hat sich im Oktober gemessen an den Einkaufsmanagerindizes unerwartet weiter aufgehellt. Der Gesamtindex stieg entgegen dem Marktkonsens einer Stagnation um einen Punkt auf 52,2 Punkte, den höchsten Wert seit Mai 2024, und signalisiert damit ein leichtes wirtschaftliches Wachstum. Der Indikator für die Industrie stieg genau auf die 50-Punkte-Marke, ab der Wachstum erwartet wird, während der Indikator des Dienstleistungssektors kräftiger zulegte. In Deutschland verbesserte sich der Index auf das stärkste Niveau seit Mai 2023, was vor allem dem Anstieg im Servicesektor von 51,5 auf 54,5 Punkte zu verdanken ist. Das Plus bei den Auftragseingängen war sogar das höchste seit April 2022. Erst zum zweiten Mal seit über dreieinhalb Jahren zogen diese sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch im Servicesektor an, wobei der Zuwachs in der Industrie nur minimal ausfiel. Die Auftragsbestände stiegen erstmals seit Juli 2022, nachdem sie zuvor 38 Monate lang ununterbrochen gesunken waren – der Anstieg beruht jedoch einzig und allein auf der kräftigen Zunahme bei den Serviceanbietern. Damit bleibt insgesamt die Stimmung im Servicesektor wesentlich besser als in der Industrie, bei der zielgerichtete Impulse aus dem „Sondervermögen“ dringend nötig erscheinen. Sofern diese erfolgen, dürften davon in erster Linie viele binnenmarktorientierte MDAX-Unternehmen profitieren.

Digitale Assets: vom Spekulationsobjekt zur Anlageklasse?

Steigende Staatsverschuldung, Unsicherheit an den Märkten und die Suche nach neuen „sicheren Häfen“: Immer mehr Anleger setzen auf digitale Assets wie Bitcoin, Ethereum und Stablecoins – doch wie sinnvoll ist das wirklich? In der aktuellen Folge von PERSPEKTIVEN To Go diskutiere ich mit Finanzjournalistin Jessica Schwarzer über die Rolle von Kryptowährungen im Depot und über die Unterschiede zu klassischen Anlageklassen wie Gold und Aktien. 

Osteuropa: Börsen im Aufwind  

Im laufenden Jahr sorgten die Aktienmärkte in Osteuropa für gute Nachrichten. Der polnische WIG-20-Index stieg in Euro um 43 Prozent, ungarische Aktien legten um 39 Prozent zu und der tschechische Markt sogar um 45 Prozent. Ein wesentlicher Treiber dieser positiven Entwicklung ist der Bankensektor, der in vielen regionalen Indizes hoch gewichtet ist und von gestiegenen Zinsmargen profitiert. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft in vielen Ländern Osteuropas eng mit der deutschen Wirtschaft verflochten ist und Unternehmen von den geplanten fiskalischen Impulsen profitieren könnten. Trotz der guten Performance bleiben die Bewertungen im Vergleich zur eigenen Historie moderat. Während der tschechische Markt auf Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses nahe dem Zehn-Jahres-Mittel notiert, werden polnische und ungarische Aktien mit einem Abschlag von neun beziehungsweise 22 Prozent bewertet. Vor dem Hintergrund der genannten Faktoren halte ich es für denkbar, dass der Höhenflug an den osteuropäischen Börsen weitergehen könnte. Allerdings bleiben Währungs- und politische Risiken hoch: Im nächsten Jahr steht unter anderem die Parlamentswahl in Ungarn an, die richtungsweisend für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes werden dürfte.

Was diese Woche wichtig wird

Laufe der Woche, Berichtssaison

  • Europa | In dieser Woche legen 90 Unternehmen aus dem STOXX 600 ihre Gewinne vor, unter anderem Intesa Sanpaolo, Société Générale, Shell, Puma, TotalEnergies, Crédit Agricole, Volkswagen, Standard Chartered, Mercedes-Benz, Deutsche Bank, adidas, BASF, UBS, ASM International, Novartis, BNP Paribas, Deutsche Börse. 
  •  USA | Aus dem S&P 500 berichten 172 Unternehmen, darunter PayPal, Visa, Booking Holdings, Boeing, Kraft Heinz, Verizon Communications, Caterpillar, Alphabet, Meta, Microsoft, Starbucks, Chipotle Mexican Grill, Estée Lauder, Eli Lilly, Mastercard, S&P Global, Apple, Amazon, Linde, ExxonMobil.
  • Asien | Unter anderem berichten aus Japan Keyence, Panasonic, Tokyo Electron; aus Hongkong HSBC, Ping An Insurance, Bank of China Industrial & Commercial Bank, China Construction Bank, BYD, PetroChina; aus Indien Bharat Electronics, Maruti Suzuki India, Cipla, ITC, Coal India, Larsen & Toubro, Kotak Mahindra Bank; aus Südkorea Samsung Electronics, LG Chem, LG Electronics; aus Taiwan MediaTek.  
  • Mittwoch, USA | Zinsentscheid der Federal Reserve. Analysten erwarten übereinstimmend eine Fortführung des Zinssenkungszyklus mit einem Schritt um 0,25 Prozentpunkte. Ein solcher ist am Terminmarkt komplett eingepreist, auch bestärkt durch „taubenhafte“ Äußerungen der Fed-Mitglieder seit der Zinssenkung im vergangenen Monat angesichts des abkühlenden Arbeitsmarkts. Von besonderem Interesse dürften Hinweise über die weitere Zinspolitik beim letzten Treffen des Jahres der Fed Anfang Dezember sein, da es im vergangenen Monat lediglich eine knappe Mehrheit von einer Stimme für zwei weitere Zinssenkungsschritte in diesem Jahr gab. 
  • Donnerstag, Südkorea | Treffen zwischen Donald Trump und Xi Jinping. Am Rande des APEC-Wirtschaftsgipfels treffen sich die Präsidenten der beiden weltgrößten Volkswirtschaften erstmals seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit und des Zollstreits. Die Spannungen zwischen beiden Seiten hatten sich in den letzten drei Wochen aufgrund von Exportrestriktionen Chinas für Seltene Erden und einer Ankündigung von zusätzlich 100 Prozent Zöllen auf chinesische Waren ab dem 1. November durch US-Präsident Trump deutlich verschärft. Nach jüngsten deeskalierenden Aussagen durch Mitglieder der US-Regierung gehen die Finanzmärkte jedoch von einer Verhandlungslösung aus, die vielleicht schon am Donnerstag bekannt gegeben werden und die Märkte beflügeln könnte. Trump selbst sprach davon, dass „jeder sehr glücklich“ mit dem Ergebnis sein werde.
  • Donnerstag, Eurozone | Zinsentscheid der EZB. Die Analystengemeinschaft erwartet von den europäischen Währungshütern keine Zinsänderung. Die Inflation befand sich mit zuletzt 2,2 Prozent weiterhin nah am Zielwert von zwei Prozent und die Wirtschaft der Eurozone hat sich trotz der US-Zölle als resilient erwiesen. So bezeichnete EZB-Vizepräsident Guindos das Leitzinsniveau vergangenen Mittwoch als angemessen. Am Freitag werden zusätzlich noch die Inflationsdaten für den Oktober in der Eurozone erwartet. Analysten rechnen mehrheitlich mit einer Verlangsamung des jährlichen Preisanstiegs auf 2,1 Prozent. Die Kernrate der Inflation, die volatile Komponenten ausschließt, dürfte ebenfalls von 2,4 auf 2,3 Prozent in diesem Monat sinken. Insgesamt zeichnet sich somit wenig Handlungsbedarf für die EZB in nächster Zeit ab.

Zahl des Tages: 80

Warum starben die Riesenfaultiere Südamerikas vor rund 10.000 Jahren aus? Die Erderwärmung nach der letzten Kaltzeit dürfte eine Rolle gespielt haben, doch es gab wohl noch einen anderen Grund: Sie wurden aufgegessen. Ein Team um Luciano Prates von der Universidad Nacional de La Plata untersuchte Tierknochen aus Lagerstellen, die prähistorische menschliche Jäger im heutigen Argentinien, Chile und Uruguay angelegt hatten. In den meisten Lagern machte die ausgestorbene Megafauna über 80 Prozent der Knochenfunde aus. Das war eine Überraschung: Die frühen Südamerikaner erlegten nicht nur kleine Hirsche und Guanakos wie bislang angenommen. Sie machten auch gezielt Jagd auf die bis zu sechs Meter langen, schwerfälligen Faultiere – und trugen damit maßgeblich zu ihrem Verschwinden bei.  

Ich wünsche Ihnen einen agilen Tag.

Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan

Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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