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Auf der Suche nach den Gründen für die deutsche Exportstärke stieß der Unternehmensberater Hermann Simon 1990 auf eine damals noch überraschende Erklärung: Erfolgsgaranten seien weniger die Großkonzerne als vielmehr marktführende Mittelständler. Eine Definition dieser von ihm „Hidden Champions“ getauften Unternehmen lieferte Simon gleich mit. Demnach handelt es sich bei den „heimlichen Gewinnern“ oder „versteckten Weltmarktführern“ um Unternehmen, die ...

... in ihrem Marktsegment weltweit zu den Top 3 gehören oder in Europa den Spitzenplatz einnehmen,
... einen Jahresumsatz von weniger als (in heutiger Währung) 3 Milliarden Euro erwirtschaften,
... in der Regel inhabergeführt und der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind.

Als typisches Merkmal solcher Unternehmen gilt vor allem ihr Fokus auf enge Nischenmärkte, die für Großkonzerne wenig lukrativ erscheinen. Ihre marktbeherrschende Stellung sichern sie unter anderem durch vergleichsweise hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie eine entsprechende Zahl von Patenten ab. Sie verfügen über eine große Preissetzungsmacht verbunden mit hohen Margen und einer ausgeprägten Wertschöpfungstiefe, da ein Großteil der notwendigen Arbeitsschritte im Unternehmen selbst erfolgt. Dafür bieten sie eine hohe Flexibilität in Bezug auf die Ansprüche und Wünsche ihrer Kunden. Auffällig sind zudem die geringe Mitarbeiterfluktuation, vor allem innerhalb der Führungsetagen, sowie eine starke Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen.

Hidden Champions sind natürlich kein rein deutsches Phänomen, es gibt sie weltweit. Allerdings dürfte Deutschland mit seinem traditionell starken Mittelstand anteilig die meisten von ihnen beheimaten. Laut Zahlen von Hermann Simon und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim dürfte es heute deutlich mehr als 1.000 Hidden Champions in Deutschland geben, was einem globalen Anteil an dieser Unternehmensgruppe von knapp 50 Prozent entspräche. Fast ein Viertel der deutschen Hidden Champions ist dem Maschinenbau zuzuordnen. Weitere deutsche Weltmarktführer finden sich vor allem in den Bereichen Elektroindustrie, Metallerzeugnisse, Medizintechnik sowie Chemie. Rund 70 Prozent dieser Unternehmen haben weniger als 250 Beschäftigte.

Fakten zum deutschen Mittelstand

  • 99 % aller Betriebe in Deutschland sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – insgesamt 3,5 Millionen.
  • 54 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten in KMU.
  • 94 % der KMU sind Familienunternehmen.
  • 71 % aller Lehrlinge werden von KMU ausgebildet.
  • 60 % der Nettowertschöpfung entfallen auf KMU.

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Redaktionsschluss: 04. September 2023, 15 Uhr