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Stand Griechenland während der Schuldenkrise in den 2010er-Jahren noch mehrfach vor dem Bankrott, so zählt das Land heute zu den Wachstumsregionen Europas. Wirksame Reformen und politische Stabilität sorgten für ein erstaunliches wirtschaftliches Comeback – gestützt durch Finanzhilfen der Europartner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von insgesamt fast 289 Milliarden Euro. 

Vollständig erholt hat sich Griechenland von der Krise der Jahre 2010 bis 2016 allerdings noch nicht. Damals ging rund ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren. Mit 208 Milliarden Euro lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022 nach wie vor deutlich unter dem Niveau von 242 Milliarden Euro im Jahr 2008. Das geht auch an den Unternehmen und privaten Haushalten im Land nicht spurlos vorbei. Laut Schätzungen der griechischen Statistikbehörde ELSTAT erreichten die Reallöhne im Jahr 2022 gerade einmal 71 Prozent des Vorkrisenniveaus.

Intaktes makroökonomisches Umfeld

Die Wirtschaft Griechenlands ist – bedingt durch die große Beliebtheit des Landes bei Touristen aus aller Welt – zu einem wesentlichen Teil tourismus- und dienstleistungsorientiert. Weitere bedeutende Wirtschaftszweige sind der Anbau von Oliven, Wein, Obst und Gemüse sowie die Lebensmittelproduktion, der Textil- und der Chemiesektor. Nach dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1980 und zur Eurozone im Jahr 2000 verzeichnete die griechische Wirtschaft zunächst hohe Wachstumsraten. Allerdings lässt sich diese Expansion hauptsächlich auf den Zugang zu billigen Krediten und das Wachstum des öffentlichen Sektors zurückführen. Entsprechend erreichten das Haushaltsdefizit (–10 Prozent) und die Staatsverschuldung (109 Prozent des BIP) im Jahr 2008 kritische Niveaus, woraufhin im Rahmen eines Rettungsprogramms vom IWF und von der Europäischen Kommission harte Reformen durchgesetzt wurden – wie sich heute zeigt, mit einigem Erfolg.

Entwicklung der Staatsschuldungen ausgewählter Euro-Länder im Verhältnis zu ihrem BIP (in %)

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Blickt man beispielsweise auf den Arbeitsmarkt, verzeichnete Griechenland im November 2023 mit 9,4 Prozent nach Spanien (11,9 Prozent) zwar nach wie vor die zweithöchste Arbeitslosenquote in der Eurozone (6,4 Prozent). Allerdings entsprach dieser Wert dem niedrigsten Stand seit Juni 2009 und einer deutlichen Verbesserung im Vergleich zum Vorjahresniveau. Die Inflationsrate wiederum lag zum Jahresende 2023 bei 3,5 Prozent und damit nur leicht über dem Durchschnittsniveau in der Eurozone (2,9 Prozent). Bis 2025 prognostiziert der IWF einen Rückgang der Inflationsrate auf 2 Prozent.

Arbeitslosenquote in Griechenland deutlich gesunken (in %)

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Politisch legt die Regierung des amtierenden konservativen Premierministers Kyriakos Mitsotakis ihren Fokus neben wirtschaftsstützenden Maßnahmen auch auf soziale Komponenten. Sie erhöhte in mehreren Schritten den staatlichen Monatsmindestlohn von 650 Euro auf 780 Euro und senkte die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer. Gleichzeitig sind im Hinblick auf die Entwicklung der griechischen Staatsschulden Erfolge zu verzeichnen. Auch dank der vorzeitigen Tilgung von Hilfskrediten konnte Griechenland seine Staatsschuldenquote von 206,3 Prozent des BIPs im Jahr 2020 auf 166,5 Prozent im zweiten Quartal 2023 senken. Das bedeutete in Sachen Staatsverschuldung zwar nach wie vor den unrühmlichen Spitzenplatz in der Europäischen Union (EU), doch der Trend zeigt im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten deutlich in eine positive Richtung. Zudem gelten die Schulden für Griechenland als tragfähig, da über 70 Prozent bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM und dem IWF liegen – die Hilfskredite haben eine niedrige Zinsrate und eine lange Laufzeit bis zum Jahr 2070.

Für das griechische BIP prognostiziert der IWF ein Wachstum von 2,0 Prozent im Jahr 2024 sowie 1,4 Prozent in den Jahren 2025 und 2026 – und damit höhere Wachstumsraten als für die Eurozone insgesamt. Im Jahr 2027 dürfte damit laut IWF-Prognose die Staatsverschuldungsquote unter die Marke von 150 Prozent sinken.

Griechenlands Wirtschaftswachstum im Vergleich

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Kapitalmarkt mit Potenzial

Die makroökonomischen Entwicklungen verfehlen auch am Kapitalmarkt nicht ihre positive Wirkung. War Griechenland während der Schuldenkrise 2010 noch in den „Ramsch“-Bereich heruntergestuft worden, verlieh die Ratingagentur Fitch dem Land Ende 2023 die Bonitätsstufe BBB– (Investment Grade). Grund dafür sei die Überzeugung, dass die Staatsverschuldung angesichts der soliden Haushaltspolitik weiter sinken dürfte, begründete Fitch die Hochstufung. Die Ratingagenturen S&P und Scope hatten ihre Bewertung bereits zuvor auf Investment Grade heraufgestuft.

„Überdurchschnittliches Wachstum, interessante Kapitalmärkte – warum Griechenland jetzt einen Blick wert sein könnte.“

Infolge der Hochstufung wurden griechische Staatsanleihen jüngst wieder in diverse Anleiheindizes aufgenommen und damit auch für institutionelle Anleger interessanter. Athen ist dadurch in der Lage, sich einfacher und günstiger am Kapitalmarkt zu refinanzieren: Die Rendite 10-jähriger griechischer Staatsanleihen liegt derzeit mit rund 3,4 Prozent nur moderat höher als beispielsweise die von entsprechenden Bundesanleihen (2,2 Prozent). Zum Vergleich: Im März 2012 erreichte die Rendite 10-jähriger griechischer Staatsanleihen ihr historisches Rekordhoch von rund 42 Prozent. 

Entwicklung 10-jähriger Staatsanleihen ausgewählter Euro-Länder (Renditen in %)

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Ebenfalls positive Entwicklungen sind am griechischen Aktienmarkt zu beobachten. Allein im Jahr 2023 verzeichnete der griechische Leitindex ASE einen Wertzuwachs von mehr als 43 Prozent. Trotz dieses Kursanstiegs sind griechische Aktien nach herkömmlichen Bewertungsmaßstäben aber immer noch vergleichsweise günstig. Gemäß den Gewinnschätzungen für 2024 hat der Gesamtindex ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,1 und ein Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 1,1. Zusätzliche Kursimpulse dürften für dieses Jahr geplante Börsengänge sowie Privatisierungen, beispielsweise im Infrastrukturbereich, bringen. Auf Branchenebene könnten mittelfristig wie in der gesamten Eurozone vor allem Finanztitel interessant sein.

Entwicklung des griechischen Aktienmarkts (ASE), (Werte indexiert, 25.01.2019 = 100)

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Anleger, die auf griechische Aktien setzen wollen, sollten allerdings eine vergleichsweise hohe Risikobereitschaft mitbringen. Zwar werden die wichtigsten griechischen Aktien auch an globalen Börsen gehandelt. Die geringe Liquidität schränkt ihre Handelbarkeit allerdings ein – zudem weisen sie eine im internationalen Vergleich erhöhte Volatilität auf.

Eine Wachstumsgeschichte mit Zukunft

Insgesamt dürfte im Umfeld eines wachsenden Tourismus und einer robusten Entwicklung der Industrie ein anziehender privater Konsum die wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands weiter nach oben treiben. Zusätzlichen Schub sollten die Förderprogramme der EU verleihen: Allein für den Zeitraum von 2021 bis 2027 wird Griechenland von der europäischen Konjunktur- und Resilienzfazilität 31 Milliarden Euro an Unterstützungsmaßnahmen zugewiesen bekommen. Zusätzlich erhält das Land bis 2027 39 Milliarden Euro aus dem europäischen Strukturfonds. Nach einer längeren Periode wirtschaftlicher Schwierigkeiten scheint Griechenland also auf den Wachstumspfad zurückgekehrt zu sein – wenngleich die Herausforderungen nach wie vor groß sind und das Land weiterhin beweisen muss, dass es Finanzmittel der EU nachhaltig effektiv nutzen kann.

Historische Wertentwicklungen

Quelle: Bloomberg Finance LP. Stand: 25. Januar 2024

Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Glossar

  • Bunds ist die Bezeichnung für Bundesanleihen, also deutsche Staatsanleihen.
  • Ein harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) gibt die Entwicklung der Verbraucherpreise in den Ländern der Europäischen Union auf Grundlage eines standardisierten Verfahrens an.
  • Earnings per Share (EPS) (dt.: Gewinn je Aktie) ist eine wichtige Kennzahl für Aktienanleger. Sie wird berechnet aus dem Nettogewinn eines Unternehmens abzüglich der ausgezahlten Dividenden geteilt durch die Anzahl der ausstehenden Aktien des Unternehmens.
  •  EUR ist der Währungscode für den Euro, die Gemeinschaftswährung der Eurozonenländer.
  • Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Notenbank der Eurozone.
  • Der Euro Stoxx 50 ist ein Aktienindex, der die Wertentwicklung der Papiere von insgesamt 50 großen Unternehmen (Bluechips) aus der Eurozone abbildet. Enthalten sind unter anderem die nach Marktkapitalisierung wertvollsten Unternehmen eines jeden Supersektors.
  • Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll finanzielle Unterstützung für Eurozonenländer bereitstellen, die in finanzielle Schieflage geraten sind.
  • Die Eurozone umfasst die 20 Länder der Europäischen Union, in denen der Euro alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel ist.
  • Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der monetäre Wert aller innerhalb einer bestimmten Zeit fertiggestellten Waren und Dienstleistungen innerhalb der Grenzen eines Landes oder einer Region.
  • Der Internationale Währungsfonds (IWF) (engl.: International Monetary Fund [IMF]) besteht aus 189 Mitgliedsländern. Er wurde 1994 mit dem Ziel gegründet, die internationale Zusammenarbeit im Finanzbereich, die Währungsstabilität und die wirtschaftliche Entwicklung weltweit voranzutreiben bzw. zu verbessern.
  • IPO (Initial Public Offering) ist ein erstmaliges öffentliches Angebot von Wertpapieren eines Unternehmens in Form eines Börsengangs.
  • Ein Investment-Grade-Rating (IG) von einer Ratingagentur wie Standard & Poor's zeigt an, dass eine Anleihe ein relativ geringes Ausfallrisiko aufweist (etwa im Vergleich zu einer Hochzinsanleihe).

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Redaktionsschluss: 29. Januar 2024, 15 Uhr