Petinovs / Adobe Stock

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Nachdem sich die Immobilienpreise in der Eurozone im ersten Halbjahr 2022 noch positiv entwickelt hatten, gerieten sie im zweiten Halbjahr zunehmend unter Druck. Der Grund dafür war eine aus Sicht von Immobilieninvestoren toxische Gemengelage aus infolge hoher Inflationsraten steigenden Leit- und Hypothekenzinsen sowie Anleiherenditen, einem allgemein eingetrübten Wachstumsausblick und – aufgrund eines zunehmenden Personal- und Materialmangels – stark gestiegenen Baukosten.

Nun sprechen verschiedene Faktoren dafür, dass der Abwärtstrend bei den Immobilienpreisen schon Mitte 2023 wieder ein Ende finden könnte. Dazu gehört, dass sich die europäische Wirtschaft besser entwickeln dürfte als noch vor einigen Monaten erwartet. Ohnehin ist die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union weiterhin niedrig. Das dürfte die Immobiliennachfrage stützen. Zudem gehen die Inflationserwartungen im weiteren Jahresverlauf von einer nachlassenden Teuerungsdynamik aus, was sich ebenfalls positiv auf die Nachfrageseite auswirken sollte. Zwar dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Jahresverlauf weiter anheben und das sollte auch die Finanzierungskosten weiter steigen lassen, dies scheint an den Märkten jedoch bereits weitgehend antizipiert – wobei Überraschungen natürlich niemals auszuschließen sind.

„Ende der Bewertungskorrektur? Was aktuell für eine Stabilisierung am europäischen Immobilienmarkt spricht.“

Anders als die Kaufpreise konnten die Marktmieten von Wohnimmobilien in der Eurozone auch im vergangenen Jahr mit geschätzten rund 7 Prozent weiter deutlich zulegen. Dazu trug vor allem die in vielen Ballungsräumen angesichts zu geringer Fertigstellungszahlen anhaltende Knappheit von Wohnraum bei. Gestiegen ist die Nachfrage nach Mietobjekten in einem ohnehin angespannten Markt auch deshalb, weil – zum Beispiel infolge gestiegener Finanzierungskosten – potenzielle Käufer vom Wohneigentumserwerb Abstand nahmen und Mieter blieben.

Wohnungsfertigstellungen unter Zielmarke

Darüber hinaus hat laut dem im Februar vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) veröffentlichten Frühjahrsgutachten des „Rats der Immobilienweisen“ allein auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt die kriegsbedingte Zuwanderung von geschätzt 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine zu einer erheblichen zusätzlichen Nachfrage von rund 200.000 Wohnungen geführt. Hingegen war der Neubau von Wohnungen in Deutschland schon 2021 mit 293.500 Fertigstellungen wieder unter die erst 2020 durchstoßene Schwelle von 300.000 Wohnungen gerutscht. In den kommenden Jahren sollten sowohl die Zuwanderung als auch strukturelle Entwicklungen die Mietnachfrage weiter stützen. Dabei könnte Wohnraum in Seniorenwohnanlagen sowie Studentenheimen besonders gefragt sein; zum einen aufgrund der demografischen Entwicklung, zum anderen, weil bezahlbarer Wohnraum auch in vielen Universitätsstädten knapp ist.

Im europäischen Gewerbeimmobiliensegment zeigt sich ein anhaltend starkes Mietwachstum bei Logistikimmobilien, insbesondere in Großbritannien. Ein Treiber des Subsektors ist neben dem Online-Handel, vor allem die Lagerflächennachfrage von Unternehmen, die aufgrund negativer Erfahrungen mit Lieferkettenstörungen ihre Lagerhaltung für wichtige Vorprodukte ausbauen möchten. Weiterhin eher durchwachsen scheinen hingegen die Aussichten für Einzelhandelsobjekte und Büroimmobilien. Beide Segmente dürften unter den nach wie vor eher zurückhaltenden Konjunkturaussichten sowie den Trends zum Online-Handel bzw. zum mobilen Arbeiten leiden. Eine Ausnahme stellen moderne ESG-konforme „Green Buildings“ in Toplagen dar, die als Büros schon heute gefragt sind.

Insgesamt erwartet die Deutsche Bank für den aggregierten europäischen Immobiliensektor auf Jahressicht einen Anstieg der Spitzenrenditen um nur 15 Basispunkte. In einigen Märkten scheinen die Renditen ihren Höhepunkt sogar schon erreicht zu haben. Die von Experten erwartete Preiskorrektur von 15 bis 20 Prozent könnte zum größten Teil bereits in den Immobilienbewertungen eingepreist sein. Insofern sollte das volle Ausmaß der Bewertungskorrektur bis Mitte 2023 erfolgt sein und der Markt – bei allmählich nachlassenden Inflationsraten – in der zweiten Jahreshälfte in eine Erholungsphase eintreten können. Die starken Preisrückgänge des Vorjahres sollten sich 2023 daher nicht fortsetzen beziehungsweise wiederholen, wenngleich für einige Subsektoren der Gegenwind noch etwas länger anhalten dürfte. Für entsprechend risikobereite Anleger könnte sich ein Einstieg, zum Beispiel über eine regional und sektoral breit diversifizierte Fondslösung mit einem aktiven Management, anbieten.

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Redaktionsschluss: 27. Februar 2023, 15 Uhr