Aktien – 12.04.23

Aktien: Entspannung – aber keine Entwarnung

Die wichtigsten Fakten:

  • Die Liquiditätsprobleme einiger Banken in den USA und Europa haben weltweit die Aktienmärkte belastet.
  • Die Berichtssaison in den USA konnte dem Gesamtmarkt keine positiven Impulse geben.
  • Europäische Banken befinden sich fundamental offenbar in einer robusten Verfassung.

Quelle: oben901 / Adobe Stock

Die größten Turbulenzen könnten vorerst überstanden sein, doch die Volatilität an den globalen Aktienmärkten dürfte auch in den kommenden Wochen erhöht bleiben. Bereits vor der Schieflage einiger US-Banken und den Liquiditätsproblemen eines Schweizer Geldinstituts, was im März für heftige Kursausschläge verantwortlich war, hatte die im vergangenen Oktober gestartete Erholungsrally eine Verschnaufpause eingelegt. Hintergrund war die überraschend hartnäckige Inflation in den USA und Europa. Sie veranlasste die Anleger, zusätzliche Leitzinserhöhungen einzupreisen. Inzwischen zeigt die Projektion der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zwar nur noch einen weiteren Zinsschritt in diesem Jahr und deutliche Senkungen für 2024. Allerdings könnten anziehende Finanzierungskonditionen für Haushalte und Unternehmen die US-Konjunktur bremsen und wie Leitzinserhöhungen wirken.

Günstig bewertet

Keine positiven Impulse für den Gesamtmarkt kamen von der US-Berichtssaison. Die Gewinne des marktbreiten Leitindex S&P 500 sind im Schlussquartal 2022 gegenüber dem Vorjahr um 3,2 Prozent gesunken – der erste Rückgang seit der COVID-Krise im 3. Quartal 2020. Die Deutsche Bank erwartet, dass die aggregierten Unternehmensgewinne auch in den nächsten Quartalen zurückgehen werden. Eine schwächere gesamtwirtschaftliche Nachfrage und anhaltend hohe Kosten dürften die Margen belasten.

Außerdem bieten sich Anlegern weniger risikoreiche Investmentalternativen. US-Geldmarktfonds erzielen mittlerweile fast 5 Prozent Rendite. Unter den 26 Branchen des S&P 500 findet sich lediglich eine Handvoll, die kurzfristig ein ähnlich hohes Renditepotenzial aus zu erwartenden Kursgewinnen und Dividenden birgt. Nur die Sektoren Energie, Medien und Unterhaltung und Telekommunikation können hier mit mindestens 5 Prozent aufwarten. Allerdings sind weder die erwartete Dividende noch die Rückkehr zu Bewertungsniveaus der Vergangenheit garantiert.

KGV - Bewegungen ausgewählter Regionen

Quelle: Bloomberg LP, Deutsche Bank. Stand: 31.03.2023 – Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Bei Aktienkursen von US-Banken könnte sich indes ein Boden abzeichnen, nachdem die Ereignisse um einige Regionalbanken den gesamten Sektor auf Talfahrt geschickt hatten. Der S&P 500 Banks-Index hat seit seinem Höchststand vom Januar 2022 über 40 Prozent eingebüßt. Das entspricht dem durchschnittlichen Kursverlust während der Rezessionen seit 1929 – ob sich die Bewertungen der US-Banken aber bereits in der Nähe ihrer Talsohle befinden, bleibt angesichts der rückläufigen Wachstumsdynamik in den USA vorerst ungewiss. Insbesondere die großen Kreditinstitute zeigen sich aber in robuster Verfassung.

„Insgesamt kaum positive Impulse für die Aktienmärkte – aber europäische Bankaktien mit interessanten Perspektiven“

Gute Voraussetzungen

Grundsätzlich solide aufgestellt sind offenbar auch die europäischen Banken, deren Aktien zuletzt ebenfalls unter Abgabedruck geraten waren. Die Liquiditätsausstattung fällt um durchschnittlich 30 Prozentpunkte höher aus als bei der US-Konkurrenz; die Kernkapitalquote liegt mit rund 14 Prozent etwas höher. Außerdem investieren die Institute im Durchschnitt lediglich 20 Prozent ihrer Kundeneinlagen in Anleihen, deren zinsbedingte Bewertungsverluste bereits zum Großteil verbucht sind. Die waren einer Regionalbank in den USA zum Verhängnis geworden – sie hielt 70 Prozent der Einlagen in festverzinslichen Papieren.

Fundamental sind europäische Banken in einer besseren Verfassung als in vorangegangenen Krisen. Risiken könnten sich jedoch beim Gewinnpotenzial ergeben, wenn höhere Einlagezinsen erforderlich würden, um einem möglichen Abzug von Kundengeldern entgegenzusteuern. Das Gleiche wäre der Fall, wenn die Europäische Zentralbank aus Sorge vor Finanzmarktturbulenzen beschließt, den Zinsanhebungszyklus deutlich früher zu beenden.

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Redaktionsschluss: 05.04.2023, 18 Uhr