Anleihen – 13.03.23

Renten: eine Frage des Timings

Die wichtigsten Fakten:

  • Geringere Risikoaufschläge und hohe Renditen könnten aktuell den Einstieg in bonitätsstarke US-Unternehmensanleihen interessant machen.
  • Notenbanker der Europäischen Zentralbank haben zuletzt durch ihre Kommentare die Anleiherenditen in der Eurozone nach oben getrieben.
Renten: im Spannungsfeld von Inflation und Geldpolitik

Quelle: Philip / Adobe Stock

Die Risikoaufschläge für bonitätsstarke US-Unternehmensanleihen (Investment Grade, IG) sind in den vergangenen drei Monaten spürbar gesunken. Nach der Weltfinanzkrise von 2007/2008 erreichten die Spreads bis heute nur an etwa 30 Prozent der Handelstage ein vergleichbares oder ein niedrigeres Niveau. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war eine veränderte Markteinschätzung, die zu einer geringeren Zinsvolatilität beigetragen hat. Angesichts einer weiterhin hohen Inflation und eines robusten Arbeitsmarktes in den USA sind dort aber mehr Zinsschritte der Notenbank Federal Reserve (Fed) absehbar als lange Zeit vom Markt erwartet. Der nimmt inzwischen starke Konjunkturdaten wieder zum Anlass, einen restriktiveren Fed-Kurs einzupreisen.

Inflation ausgewählter Regionen und Deutsche Bank Prognose

Quelle: Bloomberg Finance L.P., Deutsche Bank, DWS, Stand: März 2023. Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Sinkende Risiken

Tatsächlich dämpfen die jüngsten Wirtschaftsdaten die Sorgen vor einer harten Rezession in den USA. Die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft und das Ausbleiben einer Energiekrise in Europa haben zudem die Aussicht für das globale Wachstum verbessert. In einem Umfeld sinkender Extremrisiken haben die rückläufigen Risikoaufschläge also einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund. Nach Einschätzung der Deutschen Bank könnte das aktuelle Renditeniveau der US-Unternehmensanleihen von rund 5,1 Prozent ein guter Einstiegszeitpunkt sein. Seit der Weltfinanzkrise rentierten die Papiere nur an 4 Prozent der Handelstage höher.

„US-Unternehmensanleihen: jetzt möglicher Einstiegszeitpunkt“

Die Nachfrage dürfte auch durch Lebensversicherer gestützt werden. Die Unternehmen haben 2022 den Absatz von Rentenpolicen auf über 111 Milliarden US-Dollar hochgeschraubt – ein Plus von 38 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2002. Den Großteil des Beitragsvolumens investieren die Versicherer in festverzinsliche Wertpapiere. Auch Pensionsfonds dürften die aktuellen Renditen für eine höhere Deckungsquote garantierter Zusagen nutzen. Gleichzeitig könnten verstärkt europäische und japanische Anleger am US-Anleihemarkt investieren, weil sich die Absicherungskosten gegenüber dem US-Dollar günstig entwickeln.

Vielversprechend ist auch die Angebotsseite: Der Nachfrage nach US-Unternehmensanleihen steht aufgrund der gestiegenen Kreditkosten voraussichtlich nur ein begrenztes Angebot an Neuemissionen entgegen. Das und die unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft haben allerdings zu einer höheren Kapitaldisziplin bei den Unternehmen beigetragen. Entsprechend dürften sich die Verschuldungsquoten als stabil erweisen.

Allerdings sollten Anleger nicht aus dem Blick verlieren, dass der künftige Leitzins der Fed höher ausfallen dürfte als bislang vom Markt prognostiziert. Eine positive Konjunkturentwicklung spricht aber zunächst einmal für US-IG-Unternehmensanleihen.

Steigende Renditen

Unterdessen treiben in Europa auch die Kommentare von Ratsmitgliedern der Europäischen Zentralbank (EZB) die hiesigen Anleiherenditen. 10-jährige Bundesanleihen markierten im Februar einen neuen Mehr-Jahreshöchststand von 2,72 Prozent und rentierten zuletzt über 2,70 Prozent. Zur Einordnung: Anfang des Monats war die laufende Verzinsung bis auf rund 2,00 Prozent gesunken. Die Renditen 2-jähriger Restlaufzeiten sprangen mit 3,19 Prozent erstmals seit 2008 über die 3 Prozent-Marke. Bundesbankpräsident und EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel sagte, er könne nicht erkennen, „dass wir uns derzeit in einem restriktiven Bereich befinden“. Der Renditeanstieg von Euro-Anleihen dürfte daher noch nicht zu Ende sein.

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Redaktionsschluss: 10.03.2023, 18 Uhr