Anleihen – 14.02.23

Renten: Licht am Ende des Tunnels

Die wichtigsten Fakten:

  • Die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen auf Eurobasis sind wieder deutlich gesunken.
  • Der Bilanzabbau der Europäischen Zentralbank sollte für EUR-Unternehmenspapiere verkraftbar sein.
  • Die laufende Verzinsung von Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern ist vergleichsweise hoch.
Renten: im Spannungsfeld von Inflation und Geldpolitik

Quelle: Philip / Adobe Stock

Das war ein turbulentes Jahr: Europäische Unternehmensanleihen mit guter und sehr guter Bonität (Investment Grade, IG) sind 2022 mit einem Gesamtminus von 14 Prozent aus dem Markt gegangen. Es war der größte Jahresverlust seit der Einführung des Euro. Im Oktober waren die Risikoaufschläge bis in die Nähe ihres COVID-Hochs gestiegen. Sie lagen seit dem Jahr 2000 nur in 10 Prozent der Fälle noch höher als dieser Wert. Die Investoren hatten für die Eurozone offenbar eine Rezession eingepreist – die inzwischen milder oder gar nicht mehr erwartet wird. Dementsprechend haben sich die Risikoaufschläge wieder erholt und sind um rund 70 auf zuletzt unter 170 Basispunkte gefallen.

Geringes Angebot

Unterstützt wurde diese Entwicklung von rückläufigen Inflationszahlen, die zu geringeren Marktschwankungen beigetragen haben. Die Anleger hoffen, dass inzwischen die finalen Leitzinssätze der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im laufenden Erhöhungszyklus eingepreist sind. Gleichzeitig haben sich die Sorgen der Investoren vor einer raschen geldpolitischen Straffung der EZB-Geldpolitik bisher nicht bewahrheitet. Im Februar bestätigte die EZB, die Reinvestitionen im Rahmen ihres Programms zum Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen (APP) zu reduzieren. Voraussichtlich muss der Markt in diesem Jahr ein zusätzliches Unternehmensanleihevolumen von 16-17 Milliarden Euro aufnehmen. Dies scheint realistisch – zumal das Emissionsvolumen 2023 niedrig ausfallen dürfte und einige Analysten sogar von einem negativen Nettoangebot ausgehen.

Internationale Leitzinsen

Quelle: Deutsche Bank AG, Refinitiv Datastream. Stand: 03.02.2023. Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Nach Einschätzung der Deutschen Bank sind die Risiken für in Euro denominierte IG-Unternehmenspapiere weitgehend eingedämmt. Unter der Bedingung, dass sich die Konjunktur tatsächlich besser entwickelt, sprechen die derzeitigen Renditeniveaus für steigende Kapitalzuflüsse in den EUR-IG-Markt. Tatsächlich waren dort die Risikoaufschläge in den vergangenen zwei Dekaden nur in 20 Prozent der Fälle höher. Anleger müssen kurzfristig aber weiterhin mit Volatilitätsschüben rechnen.

Sinkende Spreads

Inzwischen haben sich die Perspektiven für Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern spürbar verbessert. Ein wichtiger Grund ist auch hier die Wiedereröffnung der Wirtschaft in China. Allein die Risikoaufschläge chinesischer Anleihen zu US-Staatsanleihen sind gegenüber ihrem Höchststand im Oktober 2022 um mehr als 330 Basispunkte gefallen. Der Gesamtindex verzeichnete eine Verengung des Spreads gegenüber Staatsanleihen um rund 140 Basispunkte. Diese Entwicklung wird durch rückläufige Inflationszahlen gestützt. Die Anleger haben begonnen, ein geringeres Tempo der Fed-Zinserhöhungen einzupreisen und sind mehrheitlich davon überzeugt, dass der US-Leitzinszyklus bei 5 Prozent seinen Höchststand erreicht.

„Anleihen im Fokus: interessante Ertragsmöglichkeiten bei europäischen Unternehmens- sowie Schwellenländerpapieren.“

Zu einer Verbesserung der Risikostimmung hat zuletzt auch der Rückgang des MOVE-Index geführt, der die Zinsschwankungen misst. Außerdem dürfte aufgrund der anhaltenden makroökonomischen Unsicherheit und der nach wie vor hohen Zinsen das Neuemissionsvolumen von USD-Schwellenländeranleihen auch 2023 unter dem Durchschnitt der Jahre 2017-2021 bleiben. Obwohl sich die Aufschläge bereits erheblich eingeengt haben und damit die Chance auf weitere Kursgewinne sinkt, bleiben in US-Dollar denominierte Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern interessant. Sie bieten auch aufgrund des Risikoprofils eine höhere laufende Verzinsung als USD-IG- und EUR-IG-Papiere.

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Redaktionsschluss: 09.02.2023, 18 Uhr