Renten – 07.12.22

Renten: Von hohen Leitzinsen und robusten Unternehmen

Die wichtigsten Fakten:

  • Die US-Notenbank könnte ihren Leitzinskorridor länger als erwartet auf hohem Niveau belassen.
  • Bonitätsstarke und risikoreichere Unternehmensanleihen könnten interessante Perspektiven bieten.
  • Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen aus den Schwellenländern könnten sinken.

Quelle: Mark Wilson / Getty Images

Die Renditen von US-Staatsanleihen mit längerer Laufzeit werden aktuell stark von der Geldpolitik und den unsicheren Wachstumsaussichten für das kommende Jahr beeinflusst. Der US-Leitzinskorridor könnte auf 5,00-5,25 Prozent im 1. Quartal 2023 steigen und das Ende des laufenden Erhöhungszyklus markieren. Nach Einschätzung der Deutschen Bank dürfte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) anschließend aber die Zinsen über das Jahresende hinaus unverändert lassen. Die Renditen 10-jähriger US-Staatspapiere könnten Ende 2023 bei 4,2 Prozent und die der 2-Jährigen bei 4,1 Prozent liegen. Dabei beruht die Prognose auf der Erwartung einer wirtschaftlichen Erholung nach einer leichten Rezession im 1. Halbjahr 2023 in den USA. Die US-Inflation wird dabei voraussichtlich weiter deutlich über dem Fed-Ziel von 2 Prozent liegen. Dieses Szenario würde zu einem weiteren Anstieg der realen Rendite 10-jähriger US-Papiere auf 170 Basispunkte führen.

Robuste Unternehmen

Globale Unternehmensanleihen mit guter und sehr guter Bonität (Investment Grade, IG) können derzeit mit stabilen Fundamentaldaten und robusten Bewertungen aufwarten. In einem konjunkturell fragilen Umfeld müssen Anleger aber weiterhin auf stärkere Kursschwankungen gefasst sein. Dennoch spricht einiges dafür, dass sich die Risikoaufschläge für IG-Papiere aus dem US-Dollarraum bis Ende 2023 einengen werden. Gründe sind neben der fundamentalen Stärke der Unternehmen stabile Ratings und die globale Nachfrage nach Zinspapieren, die zu einer Erholung der Kreditwürdigkeit beitragen sollten. Auch bonitätsstarke europäische Unternehmensanleihen bleiben interessant. In den Risikoaufschlägen für EUR-IG-Anleihen ist nach Einschätzung der Deutschen Bank die erwartete Konjunkturabschwächung bereits weitgehend eingepreist.

Im Segment der risikoreicheren Hochzinsanleihen (High Yield, HY) stellen sich derzeit für die meisten Emittenten weltweit die Fundamentaldaten ebenfalls als günstig dar. In den kommenden 12 Monaten droht allerdings ein Anstieg der Ausfallraten, die sich aktuell auf einem ungewöhnlich niedrigen Niveau bewegen. Die Kreditqualität gilt aber gerade bei Schuldverschreibungen, die in US-Dollar denominiert sind, als vergleichsweise hoch. Dies könnte die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit neutralisieren. Langfristig möglicherweise interessant: europäische Hochzinsanleihen. Ihr Bewertungsniveau ist attraktiver geworden, Ratings und Fundamentaldaten entwickeln sich besser als erwartet.

Zinspapiere auf dem Weg zum Gleichgewicht

Quelle: Bloomberg Finance L.P., Refinitiv. Stand: 21.11.2022 – Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Bessere Perspektiven

Die Risikoaufschläge für Schwellenländeranleihen, die sogenannten Credit Spreads, dürften sich aus Sicht der Deutschen Bank in den nächsten 12 Monaten tendenziell einengen. Die Gründe: eine restriktive Geldpolitik der meisten Schwellenländer-Notenbanken sowie vergleichsweise starke Fundamentaldaten. In vielen Ländern liegen die Leitzinsen bereits in der Nähe ihres für den laufenden Zyklus erwarteten Höchststands oder haben diesen bereits erreicht. Jüngste Inflationsdaten aus Brasilien, Mexiko, Indien und Indonesien zeigen bereits eine Abschwächung des dortigen Preisdrucks. Weitere Schwellenländer dürften folgen, womit auch ein Ende tendenziell steigender Anleiherenditen wahrscheinlicher werden sollte.

Die Märkte preisen zunehmend Abwärtsrisiken ein, sodass sich für die Staatsanleihen der Schwellenländer ein interessantes Kurspotenzial ergeben könnte. Die schwächeren globalen Wachstumsaussichten dürften jedoch auch an den aufstrebenden Volkswirtschaften nicht spurlos vorübergehen. Dabei bleiben geopolitische Risiken der größte Unsicherheitsfaktor.

Aktuelle Marktkommentare erhalten Sie im täglichen Newsletter „PERSPEKTIVEN am Morgen“.

Redaktionsschluss: 02.12.2022, 18 Uhr