Anleihen – 10.05.2023

Renten: vorsichtige Anleger

Die wichtigsten Fakten:  

  • Die Renditen von Staatsanleihen aus den USA und Europa könnten sich ihrem zyklischen Höhepunkt nähern.
  • Anleger preisen aktuell nur noch geringe Leitzinserhöhungen der Notenbanken in den USA und Europa ein.
  • Vorrangige Bankanleihen sind in risikoaversen Zeiten bei Investoren besonders gefragt.
Renten: im Spannungsfeld von Inflation und Geldpolitik

Quelle: Philip / Adobe Stock

Die Renditen für Staatsanleihen aus den USA, Deutschland und Großbritannien scheinen sich im laufenden Zyklus langsam ihrem Höhepunkt zu nähern. Im Mai beschloss die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) auf Basis ihres datenbezogenen Ansatzes eine weitere Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf die Spanne von 5,0 Prozent bis 5,25 Prozent. Der bislang eingepreiste US-Zinsgipfel ist damit erreicht. Im 2. Halbjahr erwarten die Märkte bereits potenzielle Leitzinssenkungen von zwischen 50 und 75 Basispunkten. Die Deutsche Bank bleibt diesbezüglich aber skeptisch und sieht im Gesamtjahr 2023 keinen Spielraum für Zinssenkungen.

Im Zusammenhang mit den Liquiditätsproblemen am US-Bankenmarkt, die im März dazu geführt hatten, dass die Anleger in den „Risk-off-Modus“ wechselten, schnellte die Nachfrage nach US-Staatsanleihen in die Höhe. Die Flucht in den „sicheren Hafen“ drückte die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen innerhalb weniger Wochen um mehr als 70 Basispunkte bis auf rund 3,3 Prozent.

Inzwischen hat sich die Lage an den Finanzmärkten entspannt, Investoren sind wieder aus der Deckung gekommen. Treasuries mit 10 Jahren Laufzeit rentierten zuletzt zeitweise über 3,5 Prozent – und die Renditen könnten nach Prognosen der Deutschen Bank in sechs Monaten mit 3,65 Prozent noch etwas höher liegen. Ein weiterer Anstieg wäre nur wahrscheinlich, wenn die Fed ihre Leitzinsen stärker erhöht als aktuell am Markt eingepreist.

Renten ausgewählter 10-jähriger Staatsanleihen

Quelle: Bloomberg Finance L.P.; Stand: 30.04.2023 – Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Niedrigere Renditen

Auch in der Eurozone haben die Turbulenzen im Bankensektor zu einem Rückgang der Staatsanleiherenditen geführt. Mit Blick auf die bestehenden Unsicherheiten im Markt könnte die Vorsicht der Anleger zunächst andauern. Die laufende Verzinsung 10-jähriger Bundesanleihen sank von 2,75 Prozent Anfang März über 1,92 Prozent zur Monatsmitte auf 2,40 Prozent Mitte April. Auf Sicht von sechs Monaten könnte sie wieder etwas höher bei 2,70 Prozent notieren, falls die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Zinserhöhungszyklus robust fortführt.

Die Währungshüter aus der Eurozone haben die Leitzinswende später als ihre US-Kollegen vollzogen – und dürften mit entsprechender zeitlicher Verzögerung den Zinsgipfel erreichen. Der Höhepunkt des laufenden Zyklus wird derzeit von den Marktteilnehmern bei einem Einlagensatz von 3,75 Prozent (aktuell: 3 Prozent) eingepreist; eine erste Senkung ist vor 2024 kaum zu erwarten.

Gefragte Anleihen

Die Kurse von bonitätsstarken Euro-Unternehmensanleihen (Investment Grade, IG) gaben 2022 um knapp 14 Prozent nach (Bloomberg Euro Corporate Bond Index). Grund waren die stark steigenden Kapitalmarktzinsen. Während der jüngsten Finanzmarktturbulenzen zeigten sich diese Anleihen hingegen bemerkenswert resistent. Seit Anfang März legte der Index um 2,2 Prozent zu – obwohl Bankanleihen etwa ein Drittel des Index ausmachen.


„Nach Bankenturbulenzen: Was Unternehmensanleihen guter Bonität für Anleger jetzt interessant machen könnte.“


Etwa 90 Prozent dieser Bankanleihen entfallen allerdings auf Senior Bonds: Diese vorrangigen Anleihen bieten den Anlegern höhere Sicherheit und sind daher in risikoaversen Zeiten besonders gefragt. Die deutlich gestiegenen Kapitalmarktzinsen stellen zwar eine höhere Kostenbelastung für die Unternehmen dar, die sich über Neuemissionen am Anleihemarkt refinanzieren. Die Auswirkungen auf das Anlagesegment der Euro-IG-Anleihen dürften aber zumindest bis Ende 2024 überschaubar sein. Der Anteil der bis dahin fälligen Papiere liegt bei nicht einmal 10 Prozent. Mit einer Rendite von über 4 Prozent könnten Euro-IG-Unternehmensanleihen auch künftig interessant bleiben.

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Redaktionsschluss: 04.05.2023, 18 Uhr