Volkswirtschaft – 14.02.23

Volkswirtschaft: zwischen Hoffen und Bangen

Die wichtigsten Fakten:

  • Die Weltwirtschaft verkraftet den Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation womöglich besser als befürchtet.
  • Ein schwächerer privater Konsum könnte das US-Wachstum im weiteren Jahresverlauf dämpfen.
  • Die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft dürfte den inländischen Konsum befeuern.

Quelle: tawatchai1990 / Adobe Stock

Das sind keine guten Aussichten: Die Weltbank hat ihre Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft nahezu halbiert. Demnach wird das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 1,7 Prozent steigen. Für das drittschwächste Wachstum seit 1994 machen die Ökonomen die hohe Inflation, restriktivere Finanzierungsbedingungen und die Belastungen durch den Russland-Ukraine-Krieg verantwortlich. Die Auswirkungen der kräftigen Leitzinserhöhungen vieler Notenbanken auf das Wachstumstempo könnten zwar bereits ihren Höhepunkt erreicht haben. Ihre volle Wirkung auf die Wirtschaftsleistung entfaltet die restriktive Geldpolitik aber erst mit einer Verzögerung von 12-18 Monaten.

BIP-Wachstum in USA und der Eurozone

Quelle: Deutsche Bank AG, Refinitiv Datastream. Stand: 03.02.2023. Die bisherige Wertentwicklung lässt keine Rückschlüsse auf die künftige Wertentwicklung zu. Die Wertentwicklung bezieht sich auf einen Nominalwert, der auf Kursgewinnen/-verlusten beruht und die Inflation nicht berücksichtigt. Die Inflation wirkt sich negativ auf die Kaufkraft dieses nominalen Geldwerts aus. Je nach aktuellem Inflationsniveau kann dies zu einem realen Wertverlust führen, selbst wenn die nominale Wertentwicklung der Anlage positiv ist.

Positive Signale

Deutlich optimistischer ist der Internationale Währungsfonds (IWF). Die Weltwirtschaft werde die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die weiterhin hohe Inflation etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. Der IWF erwartet für 2023 ein globales Wachstum von 2,9 Prozent. In den USA haben sich denn auch die finanziellen Rahmenbedingungen wieder spürbar verbessert. Seit September 2022 ist der Bloomberg U.S. Financial Conditions Index, ein Indikator für die Verfügbarkeit und die Kosten von Krediten in der US-Wirtschaft, gestiegen. Der höchste Index-Stand seit 11 Monaten signalisiert Finanzierungsbedingungen, die die Konjunktur nicht mehr ausbremsen.

Außerdem zeigt sich der US-Arbeitsmarkt weiterhin äußerst stark. Im Januar wurden 517.000 neue Jobs geschaffen – 294.000 mehr als im Vormonat. Die Analystengemeinde hatte lediglich 188.000 neue Stellen prognostiziert. Die Arbeitslosenquote sank erneut auf ihren historisch niedrigsten Stand von 3,4 Prozent – erwartetet worden war ein Anstieg auf 3,6 Prozent. Auch die US-Verbraucherstimmung hat sich im Januar überraschend weiter verbessert. Die Universität Michigan meldet einen Indexanstieg von 59,7 auf 64,9 Punkte. Der höchste Stand seit 9 Monaten sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Konsumklima gedrückt bleibt. Das Barometer liegt deutlich unter den Höchstständen während der Coronavirus-Pandemie (88,3) und davor (101). Immerhin haben sich auch die realen Einkommen der US-Haushalte im November 2022 mit einem Zuwachs um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat das fünfte Mal in Folge erhöht.

„Rezession oder Erholung? Warum die konjunkturellen Aussichten sich bald wieder verbessern könnten.“

Für das 1. Quartal 2023 erwarten viele Marktakteure ein negatives Wachstum in den USA. Im Schlussquartal überraschte die Wirtschaft zwar mit einem aufs Jahr hochgerechneten BIP-Wachstum von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal – erwartet worden war ein Plus von 2,6 Prozent. In erster Linie dürften jedoch die hohen Zuwächse bei den Lagerbeständen diese Entwicklung begünstigt haben. Deren Abbau in den kommenden Monaten könnte die wirtschaftliche Entwicklung 2023 dämpfen.

Mehr Dynamik

Das Ende der Corona-Restriktionen in China dürfte der globalen Konjunktur in den kommenden Monaten Aufwind verleihen. Im Dezember 2022 lagen die makroökonomischen Daten oberhalb der Markterwartungen. Da die landesweiten Infektionen Ende Januar/Anfang Februar ihren Höhepunkt erreicht haben dürften, könnte die Erholung der chinesischen Wirtschaft weiter an Schwung gewinnen und sich im 2. Quartal deutlich beschleunigen. Wie die typischen Wiedereröffnungsmuster vermuten lassen, werden die chinesischen Konsumausgaben, die während der Lockdowns unverhältnismäßig stark gelitten haben, wahrscheinlich die Erholung anführen. Da der steigende Konsum vor allem auf Dienstleistungen ausgerichtet sein wird, dürfte der erwartete Wachstumsimpuls für den „Rest der Welt“ zunächst auf Tourismus begrenzt sein.

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Redaktionsschluss: 09.02.2023, 18 Uhr