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Tägliche Kapitalmarkteinschätzungen von Dr. Ulrich Stephan,
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25. November 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

die deutsche Defizitquote dürfte 2025 niedrig bleiben, Europas Politiker fordern mehr Einsatz für die Digitalisierung, und KI-Investoren sollten auf robuste Bilanzen achten.

Haushaltsdefizit: Rechnung mit Unbekannten 

Der jüngste Bericht des Bundesfinanzministeriums zur Entwicklung der Bundesfinanzen im Oktober enthält erstmals auch Informationen zur Inanspruchnahme der außerbudgetären Sondervermögen „Bundeswehr” und „Infrastruktur”. Demnach ist das Gesamtdefizit des Bundes von knapp 60 Milliarden Euro im September auf über 90 Milliarden Euro im Oktober gestiegen. Auf den ersten Blick könnte die Bundesregierung ihre ehrgeizigen Ausgaben- und Defizitziele damit tatsächlich eher erreichen als von vielen erwartet. Eine genauere Betrachtung ergibt jedoch ein ernüchterndes Bild. Der Anstieg des Oktober-Defizits des Kernhaushalts – also ohne Sondervermögen – ist dem saisonalen Trend folgend ausschließlich auf Mindereinnahmen von rund zwölf Milliarden Euro gegenüber dem Vormonat zurückzuführen. Diese sollten bis Ende des Jahres durch saisonbedingte Mehreinnahmen ausgeglichen werden. Unter dem Strich dürfte das Kernhaushaltsdefizit somit zum Jahresende weiterhin etwa zehn Milliarden Euro unter dem Ziel der Bundesregierung von rund 82 Milliarden Euro liegen. Die Inanspruchnahme des Sondervermögens „Bundeswehr“ fiel mit 1,5 Milliarden Euro im Oktober moderat aus und deutet auf eine Unterschreitung des angestrebten Budgets für 2025 um mehr als fünf Milliarden Euro hin.

Die Nettokreditaufnahme über den neuen Infrastrukturfonds bleibt aufgrund fehlender monatlicher Daten die größte Unbekannte. Bisher sind insgesamt Mittel von knapp 13 Milliarden Euro abgerufen worden. Zwar könnte die vollständige Inanspruchnahme des für 2025 veranschlagten Volumens von 37 Milliarden Euro das Defizit des Bundes gemäß Finanzstatistik bis zum Jahresende deutlich erhöhen. Da die Mittel jedoch vornehmlich zur Deckung laufender Defizite der Einzelressorts verwendet werden, dürfte die Defizitquote gemäß volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung für 2025 weiter deutlich unter der Drei-Prozent-Marke verharren. Die angestrebte Wende in der Finanzpolitik und die darauf ruhenden Hoffnungen einer konjunkturellen Belebung der deutschen Wirtschaft dürften sich demnach erst im kommenden Jahr vollziehen. Inwieweit der von mir erwartete kurzfristige Aufschwung jedoch auch mittelfristig trägt, wird vor allem von Umfang und Tempo der dringend erforderlichen strukturellen Reformen – beispielsweise des Arbeitsmarktes und des Rentensystems – sowie dem Grad der Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung und dem Abbau administrativer Restriktionen abhängen.

Digitalgipfel: Kann Europa mithalten? 

Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und weitere EU-Politiker haben sich zum Digitalgipfel getroffen und mehr Anstrengungen in der Digitalisierung gefordert. Künstliche Intelligenz (KI) kann Europas Produktivität steigern, doch der Effekt hängt von Reformen und flexibler Regulierung ab. Ohne Anpassungen beträgt der mittelfristige Zuwachs nur rund 1,1 Prozent in fünf Jahren, mit wachstumsorientierten Maßnahmen sind deutlich höhere Steigerungen möglich. KI wirkt besonders in wissensbasierten Berufen und bringt wohlhabenden Ländern größere Vorteile, da höhere Löhne Investitionen in Automatisierung attraktiver machen. Langfristig könnte KI neue Branchen schaffen und die Forschung beschleunigen, was nachhaltige Produktivitätsgewinne verspricht. 

Um das Potenzial auszuschöpfen, muss Europa den Binnenmarkt vertiefen, Finanzmärkte integrieren und Kapital für risikoreiche KI-Investitionen mobilisieren. Flexible Arbeitsmärkte und portable Sozialleistungen erleichtern den Übergang für Beschäftigte. Zudem sind bezahlbare, klimafreundliche Energie und eine dynamisch angepasste Regulierung entscheidend, um Innovation zu fördern und Risiken zu steuern. Europas Fähigkeit, schnell zu handeln, bestimmt, ob es mit den USA Schritt hält. Der Index STOXX 600 Technology ist im November um rund zehn Prozent zurückgegangen. Bei einer Bodenbildung könnten sich Chancen für risikobereite Anleger ergeben.

KI-Investitionen und Kreditwürdigkeit

Führende Technologieunternehmen investieren hunderte Milliarden US-Dollar in KI-Infrastruktur. Eine enorme Summe, die Fragen zur Kreditwürdigkeit aufwirft – insbesondere bei Unternehmen, die im großen Stil Anleihen begeben. Allerdings ist die Belastung ungleich verteilt: Bei Hyperscalern liegt das für 2026 erwartete Verhältnis von Investitionsausgaben zu operativem Cashflow zwischen 59 und 130 Prozent, was erhebliche Unterschiede in der finanziellen Flexibilität zeigt. Diese Divergenzen spiegeln sich auch in den Spreads der Credit-Default-Swaps (CDS) wider. Bei Unternehmen, deren Investitionspläne den zu erwartenden Cashflow übersteigen, sind die Risikoaufschläge zuletzt deutlich angestiegen. Dagegen haben sich die CDS-Spreads von finanziell besser aufgestellten Hyperscalern nur begrenzt ausgeweitet. Für Investoren gilt weiterhin: Unternehmen bevorzugen, die über robuste Bilanzen verfügen, um Abschwünge zu überstehen und langfristige Chancen zu nutzen. 

Schwellenländer im Aufwind: Südkorea und Taiwan führen Gewinnrally an

Die Berichtssaison für das dritte Quartal neigt sich in den Schwellenländern (EM) dem Ende zu. Bisher haben 85 Prozent der im MSCI Emerging Markets Index gelisteten Unternehmen ihre Bücher geöffnet, was rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung des Index entspricht. Ein Drittel von ihnen übertraf die Gewinnerwartungen, 28 Prozent enttäuschten. Im Durchschnitt steigerten die Unternehmen branchen- und regionsübergreifend ihre Gewinne um 13 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2024. Einmal mehr waren es die IT-Unternehmen Asiens, die mit einem Plus von 44 Prozent besonders überzeugten. Dies spiegelt sich auch im regionalen Vergleich wider, in dem Unternehmen Südkoreas mit 32 und Taiwans mit 28 Prozent weit vorn liegen. Aber auch Firmen aus Polen und Tschechien waren mit Zuwächsen von mehr als 20 Prozent erfolgreich. Demgegenüber gingen die Profite lateinamerikanischer Unternehmen um zwölf Prozent zurück. Für 2026 erwarten die Analysten für die im MSCI EM gelisteten Firmen eine Zunahme des Gewinnwachstums von 11,4 Prozent im Jahr 2025 auf 17,5 Prozent. Dabei stechen asiatische IT-Werte mit einem prognostizierten Plus von 33 Prozent heraus. Hier scheint mir aufgrund der vergleichsweise moderaten Bewertung die Börse in Seoul weiterhin besonders spannend.

2025: das Jahr der Dollar-Debatte

2025 stand ganz im Zeichen der Dollar-Debatte: Der US-Dollar verlor an Stärke, der Euro legte zu, und weltweit verschieben sich die Gewichte im Währungssystem. Was heißt das für die Märkte, für Unternehmen und für die Geldanlage? Die Aussichten für die Währungsmärkte analysieren Dr. Dirk Steffen, Leiter Kapitalmarktstrategie, und Finanzjournalistin Jessica Schwarzer in der aktuellen Folge von PERSPEKTIVEN To Go.

Zahl des Tages: 5.016

Schiffe stoßen weltweit jährlich rund eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid aus. Um bis etwa 2050 klimaneutral zu werden, wie von der Weltschifffahrts-Organisation IMO gefordert, muss sich die Branche etwas einfallen lassen – vielleicht nach Vorbild einer australischen Werft, die gerade das größte elektrisch betriebene Schiff der Welt fertigstellt. Hull 096 besitzt 5.016 Lithium-Ionen-Batterien bei einer Speicherkapazität von 40 Megawattstunden. Als Fährschiff soll es künftig zwischen Argentinien und Uruguay pendeln und bis zu 2.100 Passagiere über den Río de la Plata befördern. Die Liegezeit im Hafen dürfte sich dabei in Grenzen halten: In nur 40 Minuten ist Hull 096 vollständig aufgeladen. 

Tanken Sie heute Energie.

Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan

Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden

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