18. September 2025
Liebe Leserinnen und Leser,
die US-Notenbank hat ihre Zinsentscheidung getroffen, ausländische Investoren sichern sich gegen US-Dollar-Risiken ab, und für die britische Konjunktur stehen die Zeichen auf Abkühlung.
US-Notenbank senkt Leitzins
Die US-Notenbank Fed hat wie erwartet die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Während der neue Fed-Governor Stephen Miran, Vorsitzender des Council of Economic Advisers im Weißen Haus, für eine Senkung um 0,5 Prozentpunkte stimmte, waren die bisherigen „Tauben“ Christopher Waller und Michelle Bowman auf Seiten der Fed-Mehrheit. Brisant ist die Entscheidung aufgrund des politischen Drucks, aber auch wegen der Fed-Prognosen, die angepasst wurden. Die Wachstumserwartungen wurden für 2025 und 2026 auf 1,6 und 1,8 Prozent nach oben korrigiert. Gleichzeitig sollte die Arbeitslosenquote in diesem Jahr mit 4,5 Prozent einen Höchststand erreichen, während die Inflation erst 2028 das Fed-Ziel von 2,0 Prozent erreichen wird. Eine robuste Wirtschaft trifft somit auf eine weiterhin hohe Inflation. Jedoch betonte Fed-Chair Jerome Powell in der Pressekonferenz, dass der Arbeitsmarkt von der geänderten Migrationspolitik beeinflusst sei und die Preissteigerungen aufgrund der Zölle einmalig sein sollten. Da die Zinsentscheidung erwartet worden war, war die Marktreaktion verhalten.
US-Dollar bleibt unter Druck
Mit 1,1874 US-Dollar je Euro wurde der Greenback zuletzt auf dem niedrigsten Niveau seit September 2021 gehandelt. Auch gegenüber vielen anderen Währungen wertete er auf Mehrjahres-Tiefstände ab. In erster Linie ist dies auf den Wiedereinstieg der US-Notenbank Fed in den Zinssenkungszyklus und die Erwartung weiterer Zinsschritte in den kommenden Monaten zurückzuführen. Infolgedessen rentierten zweijährige US-Staatsanleihen mit rund 3,50 Prozent zuletzt auf dem niedrigsten Tagesschlussniveau seit August 2022. Zudem legten zwar die Zuflüsse ausländischen Kapitals an die US-Börsen nach einer stärkeren Zurückhaltung im zweiten Quartal spürbar zu. Im Gegensatz zu den vergangenen zehn Jahren sichert sich die Mehrzahl der Investoren jedoch gegen eine potenzielle weitere Abwertung des US-Dollars ab. 80 Prozent aller ausländischen Zuflüsse an die US-Aktienbörsen werden momentan währungsgesichert, rund 50 Prozent der Zuflüsse in US-Anleihen. Viele Anleger wollen also an den US-Börsen investiert sein, aber kein US-Dollar-Risiko in ihren Portfolios haben. Dieser Trend dürfte noch eine Weile anhalten, der Druck auf den US-Dollar somit bestehen bleiben.
Polen: Banktitel belasten den WIG20
Nach seinem Allzeithoch am 8. August dieses Jahres büßte der polnische Leitindex WIG20 zwischenzeitlich rund acht Prozent ein. Verantwortlich hierfür waren vor allem polnische Banken, die gut ein Drittel der Marktkapitalisierung des Index ausmachen. Einerseits belasten Pläne der Regierung, zusätzliche Verteidigungsausgaben ab 2026 durch deutlich höhere Körperschaftsteuern für Banken mitzufinanzieren, die Anlegerstimmung. Andererseits sorgt ein Mitte Juni verhängtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs weiterhin für Unsicherheit. Demnach müssen polnische Gerichte klären, ob viele Kreditverträge polnischer Banken mit den europäischen Richtlinien für Verbraucherschutz übereinstimmen. Drohende Rückabwicklungen dürften die Banken zu höheren Rückstellungen veranlassen und ihr Gewinnwachstum im zweiten Halbjahr belasten. Einige dieser Risiken scheinen jedoch bereits eingepreist zu sein. Zudem sollte der robuste Konjunkturausblick neben den Banken auch anderen zyklischen Unternehmen aus Industrie und Fertigung in den kommenden Quartalen den Rücken stärken. Auch deshalb halte ich an meiner konstruktiven Einschätzung der im historischen Vergleich günstig bewerteten Warschauer Börse fest.
Europas Anleihemärkte in Bewegung
Die europäischen Anleihemärkte zeigen sich schwankungsreich: Zinssenkungen, uneinheitliche Wirtschaftsdaten und fiskalische Risiken sorgen für Nervosität. Welche Folgen das für Investoren und Staaten hat und warum längerfristige Einschätzungen besonders herausfordernd sind, diskutieren Dr. Dirk Steffen, Leiter Kapitalmarktstrategie und Chefanlagestratege EMEA bei der Deutschen Bank, und Finanzjournalistin Jessica Schwarzer in der aktuellen Folge von PERSPEKTIVEN To Go.
Britische Wirtschaft „festgefahren“
Im Juli stagnierte die britische Wirtschaft gegenüber dem Vormonat. Während das Verarbeitende Gewerbe um 1,3 Prozent abnahm, legte der deutlich größere Dienstleistungssektor leicht um 0,1 Prozent zu. Im ersten Halbjahr 2025 wuchs die Wirtschaft robust – um 0,7 und 0,3 Prozent im ersten und zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal. Treiber waren unter anderem höhere Staatsausgaben sowie vorgezogene Exporte angesichts steigender US-Zölle. Die Abkühlung im Juli könnte den Beginn einer Phase verhaltenen Wachstums markieren: Anhaltend hoher Inflationsdruck und eine steigende Arbeitslosenquote belasten die Konjunktur. Für die zweite Jahreshälfte erwarten Ökonomen ein schwächeres Wachstum, da sich die Auswirkungen angehobener US-Zölle allmählich entfalten und der Arbeitsmarkt sich weiter abkühlt. Die britische Finanzministerin betonte zuletzt, die Wirtschaft sei nicht „kaputt“, fühle sich aber „festgefahren“ an. Vor diesem Hintergrund scheinen britische Dienstleistungsunternehmen mit hoher internationaler Ausrichtung derzeit ein attraktiveres Investment zu sein als binnenmarktorientierte Firmen.
Fondsmanager setzen auf Gesundheitsaktien
Aktien des europäischen Gesundheitssektors hinken dem Gesamtmarkt hinterher. Seit Jahresbeginn haben sie aufgrund von Zollunsicherheiten, Forderungen nach niedrigeren Preisen durch die US-Regierung und enttäuschenden Medikamentenstudien drei Prozent verloren, während der STOXX 600 zwölf Prozent zugelegt hat. Dies hat dazu geführt, dass die Bewertung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses des Gesundheitssektors deutlich auf 14,4 gesunken ist – nur an etwas über einem Prozent der Handelstage der vergangenen zehn Jahre lag die Bewertung niedriger. Anlageprofis finden daher zunehmend Gefallen am Sektor. Aus einer monatlichen Umfrage unter Managern europäischer Aktienfonds geht hervor, dass sie mittlerweile in ihren Portfolios Gesundheitsaktien übergewichten, nachdem diese im Juli noch mehrheitlich untergewichtet gewesen waren. Bei der Frage, welchem Sektor die Manager in den kommenden zwölf Monaten die höchste Renditechance beimessen, landete der Gesundheitssektor mit einem Fünftel der Stimmen auf dem ersten Platz. So weit würde ich zwar nicht gehen, jedoch sehe auch ich aufgrund der günstigen Bewertung derzeit eine gute Kaufgelegenheit.
Zahl des Tages: 246
Münzen können Geschichte schreiben und Geschichten erzählen. So auch die Goldmünze, die Archäologen jetzt bei einem Parkplatz in Jerusalem gefunden haben. Die Münze wird auf die Jahre 246 bis 241 vor Christus datiert und zeigt die ägyptische Königin Berenike II. Die hatte ein bewegtes Leben, ließ einen potenziellen Ehemann ermorden, wurde schon zu Lebzeiten als Göttin verehrt und ist sogar Namensgeberin eines Sternbilds. Ihre Goldmünze wurde nun erstmals außerhalb von Ägypten entdeckt. Das hat historische Bedeutung: Die Forscher sehen den Fund als Beleg dafür, dass die Stadt Jerusalem gut dreihundert Jahre nach ihrer Zerstörung durch Nebukadnezar begonnen hatte, neue Beziehungen zu den Großmächten ihrer Zeit zu knüpfen.
Pflegen Sie heute Ihre Kontakte.
Herzlichst

Ihr Ulrich Stephan
Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden
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